Bochum-Wiemelhausen. Die Brutschutzzeit hat begonnen: Rotkehlchen, Blaumeisen und Co bauen in Bochum ihre Nester – bei Birgit Aden jedoch nicht in Baum oder Hecke.
Als sie an Gründonnerstag (1.) eine Nachricht von ihrem Nachbarn erhielt, in ihrem Briefkasten bewege sich ständig etwas, da hielt sie es erst für einen Aprilscherz. Doch dem war nicht so: In Birgit Adens Briefkasten in Wiemelhausen hatte ein kleines Rotkehlchen-Paar Einzug gehalten. „Eine Zeit lang konnte ich beobachten, wie es ständig Material für sein Nest geholt hat, nun tut sich seit ein paar Tagen nichts mehr“, sagt Aden. Vermutlich habe das Vögelchen nun begonnen zu brüten.
Zucht von Ziervögeln
Der Vogelliebhaber-Verein Bochum 1954 beschäftigt sich mit der Haltung und Zucht von Ziervögeln aller Art. Jährlich findet eine kleine Ausstellung statt.Außerhalb von Corona finden Versammlungen statt, aktuell ist der Verein über Facebook (Vogelfreunde Bochum) erreichbar.
Moos und Zweige schauen aus der Röhre, in der sonst die Zeitung steckt, auch das Rotkehlchen streckt ab und zu seinen Kopf heraus. Aden ist deshalb aktiv geworden: Hat sich online nicht nur jede Menge Wissen über Brutschutz angelesen, sondern auch ihren gesamten Eingang mit rotem Flatterband abgesperrt. „Es wäre doch zu schade, wenn ein Briefträger das Tier unabsichtlich stört“, sagt Aden. Ein Schild prangt deshalb gut lesbar auf Briefkasten und Haustür, doch bitte den Vogel nicht zu stören.
Brütet mehrere Wochen
„Für den Briefträger habe ich alternativ eine Plastikbox hingestellt und ich benutze einen anderen Eingang ins Haus“, sagt Aden, die im Frühjahr generell gerne Vögel beobachtet. „Es macht wirklich Spaß, das Rotkehlchen zu beobachten“, sagt sie. Als Zwischenmieter ist ihr der kleine Singvogel, der nur um die 20 Gramm schwer ist, deshalb vollkommen recht. „Wenn er fertig mit Brüten ist, und das kann insgesamt mehrere Wochen dauern, muss für die nächste Saison aber eine andere Lösung her“, sagt Aden.
Da kommt es gerade recht, dass die Klappe des Briefkastens ohnehin klemmt. „Wir werden einen neuen Briefkasten kaufen und einen Nistkasten gleich mit“, sagt Aden. Darüber würden sich sicherlich auch weitere Vögel in Bochum freuen.
„Aktuell fangen gerade die Ringeltauben an Nester zu bauen“, sagt Uwe Wächter vom Vogelliebhaber-Verein Bochum. Regelmäßig seien auch Bruten von Schwarzdrosseln sowie Kohl- und Blaumeisen zu beobachten.
Nest nicht umsetzen
„Zaunkönig und Rotkehlchen sind auch vor Ort, aber die Bruten bekommt man meist nicht so mit, weil sie oft sehr versteckt sind“, sagt Wächter. Das Nest in Adens Briefkasten – also wohl eher eine Seltenheit. Das von Aden angebrachte Schild hält Experte Wächter für sinnvoll. „Dann kann die Brut sicher abgeschlossen werden“, sagt er. Wenn man die Brut umsetze, wäre sie in der Regel verloren. „Für die Eltern wäre der neue Platz etwas Fremdes und sie würden ihn in der Regel nicht wieder annehmen“, erklärt er.
Er rät, den eigenen Garten gut zu beobachten, um eventuelle Nester zu entdecken. Gerade Hecken sind beliebte Brutstätten – aus diesem Grund ist von März bis September das Entfernen von Hecken und Fällen von Bäumen verboten. „Abstand von der Brut zu halten, versteht sich von selbst. Die Paare sind sehr scheu und verlassen bei vielen Störungen auch das Gelege und die Brut“, sagt Wächter. Etwas Gutes tun kann man den Tieren dennoch: „Wasser sollte man das ganze Jahr über zur Verfügung stellen, gerade in den Sommermonaten“, sagt Wächter.
Nahrung bereitstellen
Früher habe man nur im Winter gefüttert, weil die Vögel dann Schwierigkeiten haben, genügend Nahrung zu finden. „Mittlerweile kann man aber über das ganze Jahr leicht mitfüttern. Denn es gibt heute viel weniger Insekten und demnach auch weniger Nahrung für unsere einheimischen Vögel, da kann man ruhig etwas nachhelfen“, sagt er. Nisthilfen im Garten, die man an verschiedenen Stellen aufhängen kann, würden gerade von den Meisenarten gerne angenommen werden.
„Eine gründliche Reinigung im Frühjahr vor den Bruten sollte vorgenommen werden“, rät der Experte. Wenn die Brutzeit in Adens Briefkasten abgeschlossen ist, dann kann es über Amsel, Drossel, Fink und Star bald heißen: „Welch ein Singen, Musiziern, Pfeifen, Zwitschern, Tierelier’n! Frühling will nun einmaschier’n, kommt mit Sang und Schalle.“ Sie freut sich drauf.