Wattenscheid. Die Emschergenossenschaft schließt die letzten Lücken ihres Jahrhundertprojekts. Auch in Wattenscheid werden die Emscherzuflüsse renaturiert.

Von Uli Kolmann

Wattenscheid.Millionen verschwinden unter der Erde, damit an der Oberfläche alles wieder klar wird: Die Trennung von Abwasser und sauberem Quell- und Regenwasser in den zahlreichen Bächen Wattenscheids im Rahmen des Emscher-Umbaus steht kurz vor dem Finale. Sind sämtliche unterirdischen Schmutzwasserkanalstücke verbunden, schließt sich die Rückverwandlung in natürlich frei fließende Gewässer an, und die bisher noch charakteristischen Beton-Halbschalen gehören der Vergangenheit an.

In Bochum waren bis Anfang des Jahres bereits 17 von insgesamt 20 Kilometer an neuen Abwasserkanälen fertiggestellt. Dafür investiert wurden bis Anfang März 2021 in Bochum 182 Millionen Euro. Zehn Kilometer an Gewässern sind nach und nach schon renaturiert worden, darunter etwa der Hofsteder Bach, der Dorneburger Mühlenbach und der Ahbach. Bereits abwasserfrei ist auch der Marbach, hier folgt die Renaturierung noch. Arbeiten laufen aktuell am Hüller Bach, dem größten Zufluss der Emscher, am Wattenscheider Bach und am Grummer Bach. Alles wird bis Ende 2021 abwasserfrei sein.

Wattenscheider Abwasser mit Tempo unter der Erde

Der große Abwasserkanal Emscher (AKE) ist das zentrale Bauwerk des Emscher-Umbaus. Er ist die künftige abwassertechnische Hauptschlagader des Emscher-Systems. Sein "Herzstück", das Pumpwerk Oberhausen, befindet sich aktuell in den letzten Zügen der Fertigstellung. Für die Gesamtinbetriebnahme des AKE ist das Pumpwerk Oberhausen von essentieller Bedeutung.

Zur Erinnerung: Der Kanal, auch „Emscherschnellweg unter Tage“ genannt, liegt bereits auf der kompletten Länge von 51 Kilometern zwischen Dortmund und Dinslaken. Ein 35 Kilometer langes Teilstück bis Bottrop wurde bereits im September 2018 schrittweise an den Start gebracht, inkl. der beiden anderen großen Pumpwerke in Gelsenkirchen und in Bottrop.

40 Meter Höhenunterschied zu überwinden

Die restliche Strecke bis zur Kläranlage an der Emscher-Mündung in den Rhein kann erst in Betrieb gehen, wenn auch das Pumpwerk Oberhausen ans Netz geht, denn ohne diese Anlage würde das Abwasser die Mündung in Dinslaken niemals erreichen. „Deutschlands künftig größtes Schmutzwasserpumpwerk wird aus einer Tiefe von rund 40 Metern bis zu 16.500 Liter pro Sekunde heben“, beschreibt Dr. Emanuel Grün, Technik-Vorstand der Emschergenossenschaft.

Mitte 2021 soll das Pumpwerk Oberhausen in Betrieb genommen werden. Anschließend werden bis Ende 2021 die letzten Umschlüsse der seitlichen Einleitungen in die Emscher erfolgen. Zahlreiche Nebenläufe sind bereits an den AKE angeschlossen, unter anderem der Nettebach in Dortmund, der Hellbach in Recklinghausen und der Ostbach in Herne.

Über 3500 Liter allein im Bereich Hüller Bach

Das größte Nebenlaufgebiet, das Hüller Bach-System im Grenzgebiet von Wattenscheid, Herne und Gelsenkirchen, soll noch im Frühjahr 2021 an den AKE angebunden werden können. Dort kommen dann rund 3454 Liter pro Sekunde zusammen..

Spätestens am 31. Dezember 2021, verspricht die Emschergenossenschaft, soll kein Tropfen Abwasser mehr in den Emscher-Fluss eingeleitet werden.

Info

Köttelbecke durch den Bergbau

Insgesamt hat die Emschergenossenschaft in Bochum seit Beginn Jahrhundertwerks Emscher- Umbau 219 Millionen Euro in Kanäle, Pumpwerke und Gewässerumbau investiert. Eine Besonderheit von Bochum und Wattenscheid: Es fließt zwar kein Stück Emscher durch die Stadt, dennoch verlaufen hier sehr viele Emscher-Nebenläufe – und 1899 wurde hier die Emschergenossenschaft gegründet. Aus den Wattenscheider Stadtteilen fließt das Wasser Richtung Emscher, und nur aus Munscheid zur Ruhr. Der Wattenscheider Hellweg bildet die Wasserscheide.

Der Kohleabbau ließ es Ende des 19. Jahrhunderts nicht zu, unterirdischen Abwasserkanäle anzulegen, denn die Bergsenkungen hätten sie beschädigt. Das Schmutzwasser aus Haushalten und Industrie wurde also in die Emscher und ihre Nebenarme eingeleitet. Seit der Nordwanderung des Bergbaus Ende der 1980er-Jahre sind keine Bergsenkungen mehr zu befürchten, und es konnten auch unterirdische Abwasserkanäle gebaut werden.