Wattenscheid-Heide/Goldhamme. Jahrelang war er Dorfsheriff der Polizei in Wattenscheid, nun geht Reiner Stoepel in den Ruhestand. Der Kontakt zu den Bürgern sei sehr wichtig.

Reiner Stoepel bricht eine Lanze für seinen Sprengel. „Für mich war der Umgang mit den Menschen immer ziemlich entspannt. Und hinter den Häuserblöcken ist hier viel Grün, viel Abwechslung.“ Nun geht der Bezirksbeamte der Wattenscheider Polizei für Heide und Goldhamme auf „Abschiedstournee“, nimmt bis zum Stichtag am 1. April noch Überstunden und Urlaub ab, dann ist nach 13 Jahren im Bezirksdienst und 46 Jahren bei der Polizei der Ruhestand angesagt.

Abschied nach Jahrzehnten in Wattenscheid

Allerdings mit Bewegung. Für die sorgen vier Beine und zwei Räder, denn nach dem „klassischen“ Start in den Beruf bei der Einsatz-Hundertschaft und im Wach- und Wechseldienst war der Hauptkommissar auch stattliche 26 Jahre Hundeführer. „Man wird mich schon beschäftigen“, meint der 62-Jährige schmunzelnd, zwei bis drei Hunde von Verwandten und Freunden wollen immer betreut werden. „Da ist der Tag schnell ausgefüllt.“

Im Ruhestand Umsatteln aufs Fahrrad

Der Wattenscheider will Radfahrlehrer werden. Im Bezirksdienst ist er schon meistens mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, nun will Stoepel im zivilen Leben die Zertifizierung zum Radfahrlehrer angehen. „Halb ehrenamtlich, da gibt’s einen großen Bedarf“, ist er sicher, „und die Zusammenarbeit mit örtlichen Verbänden auf dem Sektor lässt sich bestimmt verstärken“. Kilometer genug hat er im Sattel erstrampelt, schließlich hat er die Umrundung von ganz Deutschland auf seiner Liste. Jetzt im Lockdown fehlt ihm ein wichtiges Element des Bezirksdienstes, der direkte Kontakt zu den Menschen in den dicht bebauten Quartieren ab der Wattenscheider Querstraße Richtung Osten.

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Kontakt zu den Bürgern wichtig

„Einfach mal quatschen im Vorbeischlendern“, das findet in der Kontaktsperre kaum statt. Von seinen zwei Schulen und sechs Kindergärten hat er sich auch nicht „im Betrieb“ verabschieden können. Die Betreuung der jüngsten Verkehrsteilnehmer und die Schulwegbegehungen haben ihm besonders am Herzen gelegen.

Polizei im Bezirksdienst unterwegs

Zum Polizei-Bezirksdienst zählen unter anderem die Opferbetreuung nach Einbrüchen, die waffenrechtliche Überprüfung für den „kleinen Waffenschein“, die Adressenermittlung, Bürgerbeschwerden über Falschparker oder Raser.Der Bereich der Wattenscheider Polizeiwache an der Friedrich-Ebert-Straße ist in acht Bezirke gegliedert: Günnigfeld/Südfeldmark, Leithe, Innenstadt, Heide/Goldhamme, Sevinghausen/Westenfeld, Eppendorf, Hordel/Hamme und Höntrop.

Vom Kindergarten an die Menschen begleitet

Dadurch hat er viele Menschen auch intensiv kennen gelernt, „manche ja schließlich schon im Kindergarten bis zum Ende der Grundschule bei der Verkehrserziehung, also schon mal zwei Generationen. Die schicken mir jetzt selbst die ersten Kinder“, plaudert er aus dem Nähkästchen. Stichworte von früher aus den Videofilmen für Kinder fallen ihm ein: „Siggi Sausewind, oder der kleine Ben am Bordstein, dem Stop-Stein“. „Das blieb bei den Kindern so feste hängen, bis die Eltern mich dann gefragt haben: Was haben Sie denen da beigebracht?“„Was hab ich Dir beigebracht?“ hat Reiner Stoepel auch schon mal Teenies ermahnt und vom Fahrrad geholt, wenn sie auf dem Gehweg oder gegen die Einbahn-Richtung geradelt sind. „Das war dann der Vorteil nach der langen Zeit, die ich die schon kannte.“

Kontaktbeamter für muslimische Bewohner

Die lange Zeit hat Stoepel, der als Kind noch auf der Halde an der Zeche Centrum gespielt hat, auch an den Veränderungen erfahren. Es sind längst nicht mehr überwiegend Bergleute und Stahlarbeiter, die die Quartiere bewohnen. „Die Menschen mit Migrationswurzeln und die Flüchtlinge haben eine sprachliche Vielfalt gebracht. An der Schule an der Maarbrücke hat Kinder aus 27 Nationen“, blickt er zurück. Der Bezirksbeamte war unter anderem auch Kontaktmann für Muslime und die Moscheen in Heide und Goldhamme.

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