Bochum-Wattenscheid. Klaus-Peter Hülder nimmt nach 51 Jahren Abschied von der Politik. „Wattenscheid hat nie sein Gesicht verloren“, sagt der UWG-Mitbegründer.
Eine Institution verlässt nach über einem halben Jahrhundert die politische Bühne. Klaus-Peter Hülder (78) wird am 27. Oktober letztmals an der Bezirksvertretung Wattenscheid teilnehmen. Von der Jungen Union, über die Gründung der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) Wattenscheid im Jahr 1969 bis zu folgenden Wahlerfolgen stellte Hülder zwei Dinge immer ins Zentrum: Politische Bildung im Sinne der Demokratie und bürgerliche Mitwirkung. Und er betont auch im Jahr 2020: „Wattenscheid hat zwar seine Eigenständigkeit verloren, nie aber sein Gesicht.“
Wattenscheid stets treu geblieben
Den Bart trägt er auch 51 Jahre später noch: „Als ich 1969 in die Politik eingetreten bin, war ich der einzige. Bart war damals nicht gerngesehen“, amüsiert sich Hülder. Nicht nur beim Thema „Gesichtsbehaarung“ hat sich der Ur-Wattenscheider nicht beirren lassen. Mit „kphü“, wie ihn Freunde und enge Weggefährten nennen, geht ein großes Stück Kommunalpolitik und Verlässlichkeit in den Ruhestand.
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Begonnen hat seine politische Karriere in der Junge Union, der Hülder auf einen Impuls eines Freundes beitrat. „Wir wollten uns als Bürger für die Stadt einbringen und Einfluss nehmen.“ Sechs Jahre war Hülder u.a. Vorsitzender der Jungen Union, bis es zum Neubeginn kam: „Die damaligen Verhältnisse in Wattenscheid kann man sich heute nicht mehr vorstellen. SPD und CDU waren eine Einheit, es gab keine Konkurrenz mehr, Politik fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.“
Umbruch startet 1969
Die Geburtsstunde der UWG, der Hülder als Mitbegründer im ersten Vorstand als Pressesprecher angehörte. Der erste Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: „Am 9. November 1969 holten wir bei der Wattenscheider Lokalwahl 22,5 Prozent der Stimmen, damit elf Mandate. Genauso viele Mandate wie die CDU – und das gerade einmal sechs Wochen nach unserer Gründung.“
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Tiefe Enttäuschung folgte 1975 mit dem Verlust von Wattenscheids Eigenständigkeit: „Gegen den ausdrücklichen Willen der Bürger – unvorstellbar. Dagegen wollte ich vorgehen.“ Die viel zitierte „Eingemeindung“ habe es rein rechtlich zudem gar nicht gegeben, stellt Klaus-Peter Hülder noch immer kämpferisch klar: „Es war ein Zusammenschluss zur neuen Stadt Bochum. Von einer klassischen Gebietserweiterung war nicht die Rede.“
Langjähriger Vorsitzender
Blickt er auf ein halbes Jahrhundert Kommunalpolitik zurück, ist er stolz, dass immer Fraktionsstatus erreicht wurde. Dessen Vorsitz hatte Hülder von 1978 an inne, bis er 2019 sein Amt an Josef Winkler übergab. Schon der Anfang stellte eine Besonderheit dar: „Bei der Ratswahl 1975 haben wir in ganz Bochum rund 11.000 Stimmen erhalten, in Wattenscheid 13,2 Prozent bei der Wahl der Bezirksvertretung. Das damals gültige Kommunalwahlrecht hinderte uns allerdings daran, die gewonnen zwei Mandate der Bezirksvertretung auch anzutreten.“
Ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz
51 Jahre in der aktiven Politik, 44 Jahre Vorsitzender der UWG, 42 Jahre Mitglied der Bezirksvertretung Wattenscheid, fünf Jahre Mitglied im Wattenscheider und 15 Jahre im Bochumer Rat: Dabei zeichnet sich Klaus-Peter Hülders Karriere durch mehr aus, als bloße Rechenspiele.
Er setze sich ein für Wattenscheid und die Bürger, kämpfte für seine Heimat und die Verbundenheit. Auch als Vorsitzender des Heimat- und Bürgervereins Wattenscheid.
Für sein Engagement in zahlreichen Vereinen und Verbänden erhielt Hülder 1997 das Bundesverdienstkreuz. 2008 wurde er mit Wattenscheids höchster Auszeichnung bedacht: dem Gertrudis-Preis.
Die Fraktion UWG: Freie Bürger ernannte ihn 2019 zum Ehrenvorsitzenden.
Erst als „das Bundesverfassungsgericht im Februar 1978 feststellte, dass das Kommunalwahlrecht verfassungswidrig ist, wurde ein neues Gesetz auf den Weg gebracht und wir konnten am 22. Juni 1978 die beiden Mandate endlich antreten.“ Und noch eins erfüllt Klaus-Peter Hülder mit Stolz: „Unsere Bezirksvertretung hat sich immer bestimmte Kompetenzen erarbeitet.“
Ein paar Sätze wird er am 27. Oktober sagen, „keine große Rede halten, mich aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen verabschieden.“ Und dann die Kurve kriegen ins Privatleben. „Meine Frau hat mal vor einiger Zeit die Ordner gezählt, die ich angesammelt habe: 140! Ich bin dabei, das zu ändern“ lacht „kphü“. Ein politisches Mandat strebt er nicht mehr an.
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