Wattenscheid. Der Karnevalsumzug in Wattenscheid fiel dem Unwetter zum Opfer, dann kam Corona. Das kann Bodo I. und Alexandra I. eine zweite Session bringen.
Was haben die Wattenscheider Karnevalisten getüftelt, geplant und Türklinken geputzt, um den großen Umzug unter den immer strenger werdenden Sicherheitsauflagen auf die Räder zu wuchten. Knapp 100 „Indutainer“ standen bereit, jeweils mit 1000 Litern Wasser gefüllt als Terrorsperren entlang des närrischen Lindwurms vom Günnigfelder Dorfzentrum über den Stadtgarten durch die Innenstadt und am Wattenscheider Rathaus vorbei. Am Straßenrand waren ebenso schon die mobilen Sperren und die unzähligen Verkehrsschilder verteilt. Dann kam der Regen, und der hörte vom Samstagnachmittag an nicht mehr auf. Dazu Sturmböen, der Zug fiel buchstäblich ins Wasser.
Der große Wattenscheider Umzug 2020 fiel ins Wasser
Trauer statt Trubel herrschte, denn nach den Proklamationen, dem Gänsereiten, Gala, Königshacken, Biwak und den vielen Prunksitzungen in den Sälen ist und bleibt der große Sonntagsumzug vor dem Rosenmontag nun einmal der Höhepunkt für die Karnevalisten, das Schaulaufen nach dem Aufwärmtraining. Der blieb dem Stadtprinzenpaar und den Königspaaren aus den Vereinen im Festausschuss Wattenscheider Karneval für 2020 versagt.
Kein Umzug außer der Reihe
Das konnten der Gänsereiterzug in Höntrop und der Rosenmontags-Zauber auf der Hattinger Straße in Linden auch nicht wettmachen. Auch wenn Rüdiger Preußner, Geschäftsführer des FWK, den „ganz, ganz spitzen Bleistift“ ansetzen wollte, um einen „Sonderzug“ außer der Reihe möglich zu machen, das ist alles Makulatur. Denn noch einmal höhere Gewalt, wie sie in Form der Corona-Krise das öffentliche Leben getroffen hat, konnte niemand auch nur annähernd auf dem Zettel haben.
„Draußen, Straßenkarneval, Infektionsübertragungszeit, Alkohol, Enge – das passt nicht in diese Zeit“, hat nun NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schon Ende Juni verkündet. Auch wenn die Karnevalsvereine im Ruhrgebiet die 5. Jahreszeit „noch nicht abmoderiert“ sehen wollen, so planen sie nur Veranstaltungen, die sich zur Not auch kurzfristig ohne größere Verluste absagen lassen.
Finanzdruck zu stark
Das sieht der FWK nüchtern und leidenschaftslos ähnlich. „Ein Sicherheitskonzept für einen großen Saal planen, finanzieren und umsetzen, wenn dann nur 100 Leute kommen können? Weit auseinander, ohne zu singen? Das geht alles nicht bei den Mitmach-Programmen, die wir in Wattenscheid gewohnt sind“, kalkuliert Rüdiger Preußner. Auch einen Umzug „außer der Reihe“ kann er sich kaum vorstellen, wenn dann ein Jahr später schon der reguläre Zug wieder ansteht. Diesen Finanzdruck könnte wohl keiner der elf Vereine im FWK unbeschadet schultern.
„Ziemlich düster“ kommentiert FWK-Präsident Franz Seidl die Frage nach den Aussichten für den Karneval. „Und das nach der Unterstützung, die Bürgermeisterin Gaby Schäfer für die finanzielle Deckung in Gang gebracht hat.“ Tatsächlich aber laufen nun bereits Überlegungen bei den Karnevalisten, das amtierende Prinzenpaar Bodo I. Neumann und Alexandra I. Hegenberg auf eine „Ehrenrunde“ in der kommenden Session zu schicken - die sonst die „zweite Halbzeit“ gewesen wäre.
Gesundheit geht vor Spaß
„Die hatten ja praktisch nichts davon“, gibt Seidl zu bedenken, „außer Spesen“. Die Gala könnte wohl noch in der Stadthalle stattfinden, aber nur noch in diesem Jahr, ab Januar 2021 wollte BO-Marketing wegen der Umbaupläne keine Zusage mehr geben.
Feiertag
Rosenmontag 2021 ist am 15. Februar. Unnützes Wissen: Das ist ein gesetzlicher Feiertag, allerdings in Panama. Aber was in Berlin und in Thüringen möglich ist, sollte doch in Nordrhein-Westfalen ebenso möglich sein, zum Höhepunkt des Karnevals einen neuen Feiertag einzuführen.
So wie in Berlin der internationale Frauentag jetzt schon und in Thüringen der Weltkindertag gesetzlicher Feiertag ist, so sollte der Rosenmontag in NRW gesetzlicher Feiertag werden. Dafür setzte sich ein Kölner Jeck mit einer Onlinepetition ein. Helmut Schmidt erntete dafür 23.282 unterstützende Stimmen. Der Petitionsausschuss befand, in den Karnevalshochburgen sei es allgemein akzeptiert, dass Rosenmontag nicht gearbeitet wird. Von einer landesweiten Tradition könne allerdings nicht ausgegangen werden.
Im September ist die große Sitzung der beteiligten FWK-Vereine vorgesehen, dann kann über die XXL-Regentschaft beraten werden. So schade es wäre, Franz Seidl unterstreicht mit Blick auf den Saalkarneval: „Die Gesundheit geht ohne Zweifel vor, wir hätten sonst alle keinen Spaß daran.“
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