Wattenscheid. Festausschuss Wattenscheider Karneval sagt wegen Sicherheitsbedenken den Großen Umzug ab. Die Karnevalisten flüchten in ihre Wagenquartiere.
Es sollte der Höhepunkt der Karnevalszeit in der Hellwegstadt werden, und er wurde praktisch im letzten Moment noch gestoppt: Das Wetter spielte nicht mit, aus Sicherheitsgründen entschied sich der Festausschuss Wattenscheider Karneval, FWK, in Absprache mit Ordnungsamt, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten, den großen Umzug am Karnevalssonntag abzusagen. Dauerregen und mögliche Sturmböen machten ein halbes Jahr Vorbereitung zunichte. Und alle Hoffnungen nach den Schwierigkeiten, die die Planung in diesem Jahr mit sich brachte.
Denn die 97 „Indutainer“, die voluminösen Sperr-Container, entlang der Strecke vom Aufmarsch im Günnigfelder Dorfzentrum über den Stadtgarten durch die Innenstadt und am Wattenscheider Rathaus vorbei, waren ebenso verteilt wie die mobilen Sperren und die unzähligen Verkehrsschilder.
Bis dann am Samstagnachmittag die Wetterprognose langsam, aber immer deutlicher wurden: Dauerregen und Sturmböen.
Krisensitzung
Der Festausschuss verbreitete die Nachricht, am Sonntagvormittag mit den Sicherheitskräften zu beraten. Das hätte bedeuten können, der Zug wird früher gestartet oder nach hinten verschoben. Schon da hieß es aber, alle Aufbauten und Materialien auf den Wagen gegen den Wind zu sichern.
Sicherheitsauflagen verschärft
Bei den Saalveranstaltungen am Samstag herrschte kollektives Daumendrücken, immerhin waren die Motivwagen aufwendig gestaltet worden, die Wurfmaterialien tonnenweise verpackt und verladen worden. Vor allem aber hatte ja noch gar nicht so lange Aufatmen unter den Karnevalsfreunden geherrscht. Denn die Sicherheitsauflagen waren wegen der Terrorabwehr enorm gestiegen, damit auch die Kosten, die kein Verein so hätte stemmen können. Bis die Stadtpolitik per einstimmigem Ratsbeschluss diese Finanzlast und damit die Verantwortung für die penible Absicherung der Zugstrecken von den Vereinen nahm. Ein Sicherheitskonzept musste sie allerdings ausarbeiten und vorlegen.
Der Rahmen war also abgesteckt, alles in den Startlöchern, und dann kam die nächste Warnung: Der FWK verlegte die Abstimmung mit den Ordnungskräften noch eine Stunde vor und wollte die Wetterprognose
um 10.30 Uhr am Sonntagmorgen abwarten. Für 13 Uhr war die Zugabnahme vorgesehen, ab 14 Uhr sollte sich der Tross in Bewegung setzen.
Flucht in die Wagenhallen
Der Countdown war kaum verstrichen, da kam die Absage: „Die aktuelle Wetterlage lässt uns leider keine andere Möglichkeit, wir müssen den Umzug absagen“, gab der Festausschuss bekannt. „Natürlich war ich schon in vollem Ornat“, erzählt Wattenscheids Stadtprinz Bodo I. Neumann, ungewohnt in Zivil, „aber dann kam das große Heulen.“ Tränen in den Augen hat auch erst einmal Prinzessin Alexandra I. Hegenberg, die mit Gefolge in die Wagenbauhalle der Günnigfelder Karnevalsgesellschaft geflüchtet ist. Zum Prinzenwagen, der für heute unter Dach bleibt. Aus dem Wagen des Prinzessinnenclubs schmettert Karnevalsmusik, die Bonbons bleiben verpackt. Die Brötchen und Mettwürste, die als Marschverpflegung gedacht waren, finden ihre Abnehmer bei der alternativen Impro-Feier.
„Wir hätten ja niemals wieder feiern können, wenn heute was passiert wäre“, gibt sich die Prinzessin tapfer, „die Sicherheit geht unbedingt vor.“ Sie macht in Zweckoptimismus: „Dann geben wir morgen beim Umzug in Höntrop eben richtig Gas und hauen richtig Kamelle raus“, und lächelt ein bisschen. Immerhin hatten sich noch einige Glücksbringer in der Wagenbauhalle eingestellt. Echte Schornsteinfeger in Berufskleidung, die sich das Prinzenpaar als Wagenbegleitung bei der Innung gewünscht hatte.
Aussichten für Linden und Höntroper Zug
Rüdiger Preußner, FWK-Geschäftsführer, kann in der Wagenbauhalle sogar noch ein bisschen neue Hoffnung verbreiten. „Für den Zug in Höntrop gibt es leider keine weitere Aufstellflächen für Wagen, die jetzt dort noch starten wollen. Aber die Lindener sind uns gleich beigesprungen, da ist am Montag noch was möglich.“
Hoffnung herrscht auch bei den Höntroper Gänsereitern, denn für das Spektakel um die Königsgans am Rosenmontag am Südpark wird das „Geläuf“ zwar tief und schwierig sein, aber die Wetteraussichten sprechen dafür, dass alles wohl planmäßig über die Bühne gehen kann, damit das Reiten um 13 Uhr beginnt. Direkt anschließend soll der Umzug in Höntrop losgehen.
Busverkehr
Zwischen 10.30 und 18.30 Uhr kommt es für die Busse der Linien 344, 346, 363, 365, 389 und 390 am Rosenmontag, 24. Februar, in Höntrop zu Behinderungen. Zwischen Höntrop Kirche, Höntrop (S), Elchweg und Alter Zoll werden sie kurzfristig umgeleitet. Bei Sperrung der Kreuzung Höntroper Straße/ Wattenscheider Hellweg/Westenfelder Straße wird die Haltestelle Höntrop Kirche zum Sachsenring verlegt.
Einige Haltestellen können nicht durchgehend angefahren werden: Linie 344: Talstraße, Reiterweg, Höntrop (S), Höntrop Kirche; Linie 346 und 365: Am Luftschacht, In der Mark, Talstraße, Reiterweg, Höntrop (S), Höntrop Kirche; Linie 363: Alter Zoll, Im Loh, Höntrop Kirche; Linie 389 und 390: Elchweg, Gerdes Feld, Horneburg, Mattenburg, Höntrop (S), Höntrop Kirche.
Immerhin sind schon acht Gäste aus dem befreundeten El Carpio de Tajo im spanischen Kastilien/La Mancha nahe bei Toledo eingetroffen, zwei davon wollen auch mitreiten. Unabhängig von den Auflagen für den Umzug hätten die Gänsereiter übrigens auf jeden Fall diesmal am Sonntag darauf verzichtet, Pferde mitzuführen.
Trauer bei der Hoheit
Untröstlich allerdings ist dann tatsächlich doch noch jemand, die amtierende Königin Christina I. der Höntroper Blaukittel. „Damit ist ein Kindheitstraum geplatzt“, sagt sie traurig und bitterernst. Als Hoheit neben Maximilian im großen Umzug dabei zu sein, ist ihr nicht vergönnt gewesen, denn so oder so endet ihre Regentschaft mit dem nächsten Gänsereiten um den Titel.