Wattenscheid-Mitte. Telefonisch unterstützt der Hospizverein Wattenscheid während der Corona-Krise die Menschen. Begleitet wird aktuell, ohne sich zu begegnen.

Nah sein und doch Distanz wahren. Begleiten – ohne sich zu begegnen. „Wir sind eher die Menschen, die ganz nah dran sind“, sagt Christel Müller-Ovelhey. „Berührungen, Hände halten – auch für uns ist es schwer, sich zu begrenzen.“ Und doch hat man sich beim Hospizverein Wattenscheid während der Corona-Krise neu aufgestellt, um weiter Trost zu spenden und die Einsamkeit zu lindern.

Corona: Beim Hospizverein Wattenscheid laufen die Telefone heiß

Christel Müller-Ovelhey leitet und koordiniert den ambulanten Hospizdienst des Wattenscheider Vereins: „Bei uns laufen jetzt die Telefone heiß.“ Vieles habe sich verändert. „Wir bekommen Anrufe von Angehörigen, die kein Besuchsrecht mehr in Krankenhäusern oder Pflegeheimen haben. Aber auch Anrufe von Leuten, die selbst keinen Besuch mehr bekommen dürfen und nun unter Einsamkeit leiden.“

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Persönliche Begleitungen auf dem letzten Lebensweg seien kaum noch möglich: „Soweit Patienten telefonfähig sind, melden sich unsere Ehrenamtlichen daher regelmäßig telefonisch bei ihnen. Einfach, um ein bisschen zu reden, sich auch Sorgen und Klagen anzuhören.“ Nicht immer ein leichtes Unterfangen, so Müller-Ovelhey: „Schwierig sind Begleitungen in Pflegeheimen von Personen, die eine Demenz haben. Dann versuchen wir, auf den Stationen anzurufen und fragen nach, wie es den Menschen geht.“ Eine Gratwanderung, da man das Pflegepersonal nicht durch eine Vielzahl von Anrufen zusätzlich belasten möchte.

Kontakt durch Kreativität

Die Corona-Krise bringt jedoch auch kreative Lösungen mit sich. Angehörigen wird vorgeschlagen, Bilder aus alten Fotoalben herauszunehmen, zwei, drei Sätze dazu zu schreiben und so die Erinnerungen lebendig zu halten. „Das Pflegepersonal kann diese dann übergeben und die Worte vorlesen. Auch die Enkelkinder können ermutigt werden, etwas zu malen und so Kontakt zu halten“, ergänzt Christel Müller-Ovelhey.

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Während er den Posten des ehrenamtlichen Geschäftsführers wie geplant abgetreten hat, bleibt Siegfried Schirmer (75) dem Hospizverein erhalten, hat als Vorstandsmitglied für die Öffentlichkeitsarbeit die Entwicklungen im Blick: „Von den Krankenkassen erhalten wir Fördermittel für die Begleitungen. Dieser Posten wird natürlich gewaltig einbrechen.“ Ebenso sei ein Rückgang von Spenden „schon jetzt deutlich zu merken. Es lässt gewaltig nach, denn klar, wir haben eben kaum noch Begleitungen.“

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Viele Anrufe von Trauernden

Da auch die „Bestattungskultur auf kleine Einheiten reguliert sei“, gingen derzeit viele Anrufe von Trauernden beim Hospizverein Wattenscheid ein. Christel Müller-Ovelhey: „Wir verweisen an unsere Trauerbegleiterin Gesine Maurer, versuchen Gespräche zu führen und im Austausch zu bleiben. Denn durch die Reduzierung von sozialen Kontakten kann Trauer nicht mehr geteilt werden.“

Patienten, Angehörige und Trauernde können telefonisch Kontakt aufnehmen und sich über Sterbe- und Trauerbegleitung sowie Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten informieren: Tel. 02327/ 933 55 55 oder 0171/ 757 19 94. Auch E-Mails sind möglich: info@hospizverein-wattenscheid.de. Informationen zum Verein gibt es auf www.hospizverein-wattenscheid.de .

So wird der Verein im Jahr 2020 erstmals seit langem auf Rücklagen zurückgreifen müssen. „Wir haben glücklicherweise in guten Zeiten vorgesorgt. Auf längere Sicht kann es allerdings schwierig werden“, konstatiert Siegfried Schirmer.

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Für den Publikumsverkehr bleibt die Geschäftsstelle (An der Papenburg 9) geschlossen. Auch der interne Ablauf wurde geändert, gibt Christel Müller-Ovelhey Einblicke: „Meine Kolleginnen und ich arbeiten rotierend wechselweise im Büro oder im Homeoffice. Auf Treffen im Team haben wir schon frühzeitig verzichtet.“ Eine tägliche Herausforderung: „Sich von Menschen fernzuhalten, ist nicht unsere Spezialität. Wir folgen aber natürlich allen Empfehlungen und Vorgaben.“

Ermutigungsbriefe für Ehrenamtliche

Auch privat. Siegfried Schirmer hat sich altersbedingt selbst „Stubenarrest“ verordnet, sagt er launig. Christel Müller-Ovelhey verzichtet in den Zeiten von Corona ebenfalls auf soziale Kontakte. Statt lockerer Gruppenstunden werden die Ehrenamtlichen derzeit mit Ermutigungsbriefen und -telefonaten motiviert. „Dass sie durch die Erlasse zum Teil keinen Zutritt mehr zu Krankenhäusern und Pflegeheimen haben, mussten auch viele von ihnen erstmal verkraften.“ Durch die Maßnahmen möchte man nicht nur die Gesundheit aller gewährleisten, sondern auch Betrieb und Beratungen aufrechterhalten. Und schließlich zum persönlichen Kontakt zurückkehren können, sobald dies wieder zu verantworten sei.

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