Bochum-Wattenscheid. . Neue Regeln gelten bei der Tafel für Wattenscheid und Bochum. Die Lage habe sich entspannt. Eine Regelung wie in Essen wird kritisch gesehen.

Die Reißleine hat die Tafel für Wattenscheid und Bochum schon vor Monaten gezogen. Flüchtlinge und Zuwanderer machten zeitweilig bis zu 90 Prozent der Nutzer aus; die „Stammkundschaft“ – vor allem einheimische bedürftige Rentner und Alleinerziehende – hatte es schwer, sich in der Masse zu behaupten. „Irgendwann wurde es einfach zu viel und unübersichtlich. Wir haben die Einkünfte-Kontrollen verschärft, gestaffelte Zugangszeiten eingeführt und deutliche Worte gewählt. Das hat geholfen“, sagt Tafel-Leiter Manfred Baasner.

Jetzt sei „Ruhe und Respekt“ eingekehrt, wenn allein an der Ausgabestelle Laubenstraße – zugleich Tafel-Zentrale – montags und donnerstags bis zu 1300 Menschen anstehen, um Lebensmittel zu bekommen.

Maßnahmen gegen Auswüchse

Andrang herrscht immer noch, aber Auswüchse wie damals, „als besonders ältere deutsche Tafel-Nutzer manchmal Angst hatten vor fremdsprachigen, vor vordrängelnden und vorlauten jungen Menschen und nachher deshalb nicht mehr gekommen sind, gibt es jetzt nicht mehr“, so Manfred Baasner. Nach der Flüchtlingswelle ab 2015 habe der Anteil von Nicht-Deutschen zeitweilig bei bis zu 90 Prozent gelegen. Jetzt liegt er bei rund 70 Prozent.

Bis zu 1300 Menschen kommen zur Ausgabestelle Laubenstraße.
Bis zu 1300 Menschen kommen zur Ausgabestelle Laubenstraße. © Gero Helm

Die veränderten Regeln gelten für alle Ausgabestellen in Wattenscheid und Bochum. Eine Tafel-Karte bekommt zum Beispiel eine Familie nur dann, wenn ihre Einkünfte unter 2000 Euro liegen. Das wird regelmäßig überprüft. „Es gab Fälle, da haben große Familien sehr viel Geld aus Sozialleistungen erhalten. Erheblich mehr als ein Geringverdiener zur Verfügung hat. Das ist natürlich kein Fall für die Tafel“, sagt Larisa Baasner.

Senioren halbe Stunde früher

Bei der Lebensmittelausgabe wurde als neue Regel eingeführt, dass Senioren eine halbe Stunde vor dem allgemeinen Start zum Zuge kommen. „Das trägt dazu bei, die Situation zu entspannen“, sagt Baasner. Er verweist immer wieder auf das Ursprungsmotto, als die Wattenscheider Tafel im Jahr 2000 eröffnet wurde: „Bedürftigen und armen Menschen zu helfen, also denen, die es dringend nötig haben. Und dafür muss es auch Regeln und Kontrollen geben.“ Mitte Januar wurde außerdem der Abschlag für die Lebensmittelausgabe auf drei Euro erhöht.

Vom Warenhaus bis zur Lebensmittel-Ausgabe

Die Tafel für Wattenscheid und Bochum zählt vom Leistungsspektrum her zu den größten in Deutschland.

Das Angebot reicht vom Deutschunterricht, über Schüler-Nachhilfe bis hin zum sozialen Warenhaus, der Schneiderei oder der Sortierung und Ausgabe von Lebensmitteln. Bis zu 13 000 Menschen werden laut Tafel-Gründer Manfred Baasner pro Woche versorgt.

Mit Kontrollen habe man auch Auswüchse in den Griff bekommen, als einige Tafel-Besucher zu viele Lebensmittel mitgenommen und dann in öffentliche Abfalleimer geschmissen hätten. Nach Beschwerden haben Mitarbeiter hinterher kontrolliert; wer erwischt wurde, dem wurde die Tafelkarte gesperrt. Baasner: „Und wer sich den rund 80 Tafel-Mitarbeitern gegenüber respektlos verhält, erhält ebenfalls die rote Karte.“

Eine Regelung wie bei der Essener Tafel, die angesichts eines Anteils von Nicht-Deutschen von 75 Prozent derzeit nur noch Deutsche als Neukunden aufnimmt, sieht Baasner skeptisch. „Grundsätzlich gilt es allen Bedürftigen, gleich welcher Herkunft, zu helfen. Unsere Maßnahmen haben gezeigt, dass es auch anders geht, um Auswüchsen zu begegnen.“