Recklinghausen. . Im „Festival der Uraufführungen“ bringen die Ruhrfestspiele an 15 Abenden fünf bisher ungesehene Dramen ins Theaterzelt.

Am Wochenende nahen zunächst bissige Bosheiten wie „Pussy Terror“ oder die harmlosen Springteufeleien von „Sarko de Funès“ – doch dann ist die Kleinkunst abgeräumt und das Theaterzelt frei für seine eigentliche Aufgabe: das Festival der Uraufführungen mit fünf druckfrischen Dramen an 15 Abenden.

„Neugierig?“ fragt das eigens aufgelegte Faltblatt für dieses Festspiel-Festival und lässt eine erwartungsvolle Zuschauerin im kleinen Schwarzen den roten Vorhang lüpfen: zu erleben sind fünf Produktionen für Entdecker und Wieder-Entdecker.

Den Anfang am Dienstag, 15. Mai, macht ein Autor aus der Luxemburger Heimat von Ruhrfestspiel-Intendant Dr. Frank Hoffmann: Nico Helminger verknüpft in „Zu schwankender Zeit und an schwankendem Ort“ die Wege von sechs Figuren zu einem tragikomischen Gesellschaftsspiel über Identität und Lüge, Freiheit und Fremdbestimmung. Helminger, aufgewachsen in der „Minette“, dem Bergbau-Revier Luxemburgs, führte seine Dramen von der Sozialkritik zu den grundlegenden Fragen menschlichen Seins. Im Theaterzelt vom 15. bis 17. Mai.

Mit „Muttermale Fenster Blau“ bringen die Ruhrfestspiele zum dritten Mal den Gewinner-Text des Kleist-Förderpreises zur Uraufführung. Die 26-jährige Autorin Marianna Salzmann, geboren in Wolgograd, aufgewachsen in Moskau, erzählt in zwei Zeitebenen und in spannungsgeladenen Dialogen die Geschichte einer Familie: „Die Erinnerungen verschönern das Leben“, schreibt die junge Autorin, „aber das Vergessen allein macht es erträglich“. Im Theaterzelt vom 20. bis 22. Mai.

Kevin Rittberger kennen Stammgäste der Ruhrfestspiele als großartigen Regisseur, der vor zwei Jahren aus Kleists Erzählung der „Marquise von O.“ als atemraubend-drängendes Liebessehnen im Puppenhaus inszenierte. Als Regisseur und zugleich Autor des historischen Panoramas „Lasst euch nicht umschlingen Ihr 150 000 000!“ gründet er seinen Text auf dem Roman von William Morris: „Kunde von Nirgendwo.“ Das Foto im Programmbuch der Ruhrfestspiele – einer berühmten Aufnahme Robert Capas aus dem spanischen Bürgerkrieg nachgestellt – illustriert das große Thema: eine Suche auf den verwehten Spuren des Anarcho-Syndikalismus. Kevin Rittberger schreibt: „Mit dem Luxus der Freiheit wächst auch die menschliche Verantwortung unermesslich.“ Im Theaterzelt vom 26. bis 28. Mai.

Wolfram Lotz sorgte im Vorjahr mit „Der große Marsch“ für das wildeste Theater-Abenteuer unter den fünf Zelt-Uraufführungen. Die „schillernden“ Ruhrfestspiele hinterließen wohl Eindruck beim Kleist-Förderpreisträger 2011: Denn sein gemeinsames Werk mit Martin Laberenz „Zerschossene Träume (AT)“ variiert in der Konstellation der einander begehrenden (oder verachtenden) Paare Schillers „Kabale und Liebe“. Im Theaterzelt vom 1. bis 3. Juni.

Last, not least ein Klassiker unter den Literaten der Schweiz: Max Frisch ließ als etablierter Autor in späteren Jahren kaum ein gutes Haar an seinem frühen Roman „Antwort aus der Stille“ von 1937. Regisseur Frank Abt allerdings sieht in der Geschichte eines alpinen Gipfelsturms starken Theaterstoff und stellt die Frage: „Was macht ein erfülltes Leben aus?“ Die Nordwand im Theaterzelt ist vom 7. bis 9. Juni zu erleben.