Recklinghausen. . Sie durften ausnahmsweise bis 24 Uhr feiern: Weil bei der “Leise-Disco“ die Musik nur aus Kopfhörern der Besucher kommt, durfte die Veranstaltung im Kuppelzelt zwei Stunden länger gehen. Permiere für die lautlose Tanzparty bei den Ruhrfestspielen.

Wären da nicht das Geräusch von Absätzen auf dem Boden und der mitgesungene Refrain, dann wäre im Kuppelzelt im Recklinghäuser Stadtgarten nichts zu hören. Aber die jungen Damen in der Zeltmitte tanzen und hüpfen, als wären sie auf der angesagtesten Party überhaupt. Sind sie auch – nur dass die Musik eben nicht zu hören ist. Nicht ohne Kopfhörer. Denn die „Leise Disco“, ein neuer Party-Trend, fand am Wochenende erstmals bei den Ruhrfestspielen statt.

Die Musik hier hallt eben nicht durch den Raum, sondern ist nur über die Funk-Kopfhörer zu hören, die jeder Besucher erhält. Zwei Kanäle mit unterschiedlicher Musik stehen zur Auswahl. „Das ist der Trick an der Sache, da gibt’s zum Beispiel HipHop und Schlager, und wenn man den Kopfhörer mal ausmacht, ergeben sich seltsame Situationen, weil jeder etwas anderes mitsingt und dazu tanzt“, sagt Anna Broekmann vom Einlass-Personal. „Da ist für jeden was dabei, das ist das Coole.“

Weil man nichts hört, darf bis 24 Uhr gefeiert werden

Insgesamt drei Mal fand das Event am Wochenende im Kuppelzelt statt, am ersten Abend kamen etwa 100 Besucher, am zweiten Abend sind es nicht mehr. Nicht sehr viele für das große Zelt – aber die Stimmung ist dennoch ausgelassen. Da sind Anna und ihre Freund(innen). Eine neunköpfige Gruppe junger Erwachsener, die, egal ob aktueller Chartbreaker oder Party-Evergreen, mitsingt und nicht nur sich selber Spaß bereitet. Oder Birte aus Marl, die ihren 15. Geburtstag mit ein paar Freundinnen feiert. Immerhin fing die Party im Zelt schon um 17 Uhr an, und da hatte die Mama sie mit der Idee überrascht. Begeistert waren sie alle. Hemmschwellen, sich auf die fast leere Tanzfläche zu begeben, hat hier niemand. „Jeder feiert ja eh’ eine Party für sich, mit eigener Musik-Auswahl und Lautstärke“, sagt Beobachterin Broekmann. Nicht der einzige Vorteil. Auf dem Hügel darf eigentlich nur bis 22 Uhr gefeiert werden, der Anwohner zuliebe. Aber die „Leise Disco“ hat eine Ausnahme-Genehmigung bis 24 Uhr. Kein Wunder: Außen ist nichts von der Party zu hören.

Ungewohnte Situation für die DJs

Eine seltsame Situation für die beiden DJs. Sie können anhand der Reaktionen der Gäste oft nur erahnen, welchen Kanal diese gerade eingeschaltet haben. „Gewöhnungsbedürftig“ und „da fehlt richtig was“ sagen DJ Matze alias Matthias Schmidt und Kollege Thomas Melcher über ihre Aufgabe, aber auf jeden Fall „eine Erfahrung wert“. Und während DJ Matze noch darüber redet, dass die Veranstaltung besser hätte beworben werden sollen, blinkt es an seinem Mischpult. „Auf meinem Kanal läuft keine Musik“, sagt er, und klickt hastig am Computer den nächsten Song an. Sowas könne passieren, wenn der DJ nicht die ganze Zeit seinen Kopfhörer trage.

Derweil sind auch die „alten Discohasen“, als die sich Ludger und Adelheid Ströker (60 und 52) selber bezeichnen, ins Zelt gekommen. Aus Bielefeld sind sie angereist, wie so oft zu den Ruhrfestspielen. Und die „Leise Disco“, die wollten sie auch auf jeden Fall ausprobieren. Diese gefalle ihnen gut, aber die Resonanz sei andernorts bestimmt besser. „Auf einer Kirmes auf dem Autoscooter oder auf einem Marktplatz“, schlägt er vor. In einem sind sich die beiden aber mit allen Besuchern einig: Zu empfehlen sei die Party allemal.