Marl / Düsseldorf. .
„Grand Bateau“ heißt das schnittige Büro-Schiff am Medienhafen. Hier residiert die Landesanstalt für Medien; hier war am Mittwoch das Grimme-Institut zu Gast, um die Grimme-Preisträger 2011 bekannt zu geben.
Es war der Tag der ARD-Senderfamilie. Das ZDF befand die Unterhaltungs-Jury nur mit „Klimawechsel“, Doris Dörries erster TV-Regie, für preiswürdig. Die Privaten gingen leer aus – zum zweiten Mal im „Nuller“-Jahrzehnt. Instituts-Direktor Uwe Kammann aber betonte die „Kontinuität in der Spitzenklasse“.
Das gilt zuallererst für den von der Jury als „Gesamtkunstwerk“ gewürdigten Regisseur Dominik Graf, der am 1. April im Marler Theater seinen neunten Grimme-Preis entgegen nehmen wird. Die zehn Serien-Folgen von „Im Angesicht des Verbrechens“ sind der Abräumer 2011 mit neun namentlich Ausgezeichneten – darunter Marie Bäumer für ihren Part als Gangsterbraut Stella.
Eine kleine Rüge am Rand
Die eher verhaltene „Rüge“ der Jury, die freitags um 22 Uhr ausgestrahlte „Verbrechens“- Reihe hätte „einen der allerbesten Plätze im ARD-Programm verdient“, war einem Journalisten-Kollegen denn auch viel zu milde. Deutlicher wurde dafür Dr. Ingrid Schöll : „Der Sendeplatz von Aghet – ein Völkermord“, so die Jurorin des Wettbewerbs „Information und Kultur“ – nämlich freitags um 23.30 Uhr – „passt einfach nicht in die Landschaft. Man kann die Zuschauer auch entwöhnen, wenn man gute Dokumentationen immer nach hinten packt.“
Das galt nicht nur für Eric Fiedlers bewegenden Film über den von der offiziellen Türkei noch immer geleugneten Genozid an der Armeniern vor 95 Jahren. Dabei hatte Grimme-Preis-Referent Dr. Ulrich Spies noch den fünf preisgekrönten „Nachtfilmen“ vorausgeschickt: „Wir haben 2011 drei sehr politische Stoffe.“ Neben „Aghet“ – für das eine erste Garde deutscher Schauspieler die Texte sprach – ist das „Iran Elections 2009“ von Ali Samadi Ahadi. Der auch auf der Berlinale viel diskutierte Film mit seinen Comic-Szenen „hatte seine Erstausstrahlung im Fernsehen“, wie Dr. Spies betonte. Die Hand mit dem Victory-Zeichen aus „Iran Elections“ erwählte das Grimme-Institut zum aktuellen Plakatmotiv. Dr. Spies nennt die Geste „das Zeichen zum Aufbruch auch in der arabischen Welt“.
Ein Lob an die Schnittmeisterin
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Für den dritten politischen Beitrag „Die Anwälte – eine deutsche Geschichte“ von Birgit Schulz galt das ausdrückliche Jury-Lob einmal der Schnittmeisterin: Katharina Schmidt habe „in der Bearbeitung historischen Filmmaterials ganz Außergewöhnliches geleistet“. Erst ihre Bildmontage ermöglichte „ein eigentlich unmögliches Gespräch“ --- nämlich zwischen den Anwälten Otto Schily, Christian Ströbele und dem heutigen Rechtsextremisten Horst Mahler.
Einer „unmöglichen“ Aufgabe stellt sich auch der Komponist und Saxofonist Simon Stockhausen: Zum ersten Mal in der 47-jährigen Geschichte des Grimme-Preises gibt es für jede der 15 preisgekrönten Produktionen eine eigens komponierte Musik. Das hat nicht mal Hollywoods pompöses „Oscar“-Zeremoniell zu bieten. Der 43-jährige Sohn und Verehrer des Avantgardisten Karlheinz Stockhausen stellte für diese Ehrung nach Noten eigens eine eigene Showband zusammen: das „Grimme Ensemble 2011“.
Die harte Jury-Arbeit, die Marls alljährlich glamourösestem Abend vorausgeht, war Instituts-Direktor Uwe Kammann ein Extralob wert: „Wenn Sie wüssten, wie viele Wochen unsere Juroren in dem kleinen Kloster Grimme-Institut verbracht haben . . .“