Essen. .

Regisseur Dominik Graf macht Kino fürs Fernsehen, weil ihm im Kino in letzter Zeit zu viele Fernsehfilme begegnen. Sein Zehnteiler „Im Angesicht des Verbrechens” ist ganz großes Kino – Familienepos, Mafiadrama, Polizeifilm, Stadtwestern, durchsetzt mit überirdisch starken Liebesgeschichten.

Der längste Film bei der diesjährigen Berlinale, zum Abschluss gezeigt und im Kino heftig bejubelt, war eine Arbeit für das Fernsehen. Aber wer will bei einem Regisseur wie Dominik Graf noch das Wo seiner Arbeit verorten? Einer wie er hat längst alle Grenzen aufgelöst, macht Kino fürs Fernsehen, weil ihm im Kino in letzter Zeit zu viele Fernsehfilme begegnen. Sein Zehnteiler „Im Angesicht des Verbrechens” (Arte, 22 Uhr) jedenfalls ist ganz großes Kino – Familienepos, Mafiadrama, Polizeifilm, Stadtwestern, durchsetzt mit überirdisch starken Liebesgeschichten.

Im Zentrum einer immer weiter sich ausdehnenden Handlung stehen die beiden Polizisten Marek Gorsky und Sven Lottner. Letzterer (Roland Zehrfeld) ist als Ossi der bärige Kumpel, ein wenig unaufgeräumt zwar, aber unbedingt verlässlich in kritischen Situationen. Gorsky (Max Riemelt) ist der Mann für die Dramatik: Spross baltisch-jüdischer Einwanderer, Schwager des undurchsichtigen Geschäftsmannes Mischa (Misel Maticevic), der Gorskys Schwester Stella (Marie Bäumer) geheiratet hat. Und als sei der damit vorgezeichnete Konflikt zwischen Gesetzeshüter und organisiertem Verbrechen nicht schon genug vorgezeichnet, schleppt Marek auch noch die Besessenheit mit sich herum, den Mord an seinem älteren Bruder aufklären zu müssen.

Hohe Qualität

Die beiden Polizisten treibt die Sehnsucht nach großen Aufgaben, auf die sie nicht lange warten müssen. Die geistesgegenwärtige Festnahme eines Gangsters beschert ihnen eine Einladung zur Mitarbeit beim LKA. Damit geraten sie mitten in einen Machtkampf zwischen der Gruppe um den eher sanften Zigarettenschmuggler Mischa und der Gang um den brutalen Andrej. Die russischen Mafia-Verästelungen mitten in Berlin sind relativ schnell zu verstehen. Und Marek, der auf der Grenzlinie tanzt, muss sich in diesen Kreisen Sätze anhören wie: „Du bist ein Polizist. Wie kannst du da eine Ehre haben?”

Als ob er gleich von Anfang an einen Gegenpol errichten wolle zu Prostitution und Menschenhandel, so beginnen Graf und sein getreuer Szenarist Rolf Basedow mit träumerischer Liebe. In der ersten Einstellung des langen Werks geht in der Ukraine das Mädchen Jelena in einem See baden und erzählt uns von der Weissagung ihrer Großmutter: Dass man unter Wasser das Gesicht seines Zukünftigen sehen kann. Sie sieht die Gesichtszüge von Marek, was die Sache später, beim Kennenlernen, sehr einfach macht. Zwei Blicke, mehr braucht es nicht.

„Im Angesicht des Verbrechens” erweist sich in vielen Bereichen als virtuos. Die sorgfältige Beobachtung von Beziehungen gehört dazu, die geradezu spielerisch leichte Art, mit der Graf von Folge zu Folge bei seinem Personal die Gewichte verlagert. Vor allem aber sind es die sorgfältig ausgesuchten Schauplätze, die immer wiederkehren und uns Handlungsorte wie Mischas Restaurant Odessa zu Vertrauten machen.

„Berlin ist das Paradies” lautet der Titel der ersten Episode. Mit diesem Ausspruch werden anfangs Jelena und ihre Freundin aus ihrem ukrainischen Dorf in den goldenen Westen gelockt. „Was kostet Berlin” ist dann Teil acht überschrieben, was die Siegesgewissheit und Überheblichkeit der russischen Gangster ebenso meint wie auch die Bestechlichkeit hochrangiger Berliner Polizisten. Doch selbst korrupte Bullen dürfen bei Graf noch Gefühle zeigen, ebenso wie ein junger Gangster, der mit seiner reinen Liebe zu einer Bardame der Obrigkeit vor dem Haftantritt noch eine Hochzeit abtrotzt.

Das Verbrechen hat viele brutale Gesichter in diesem Mehrteiler und hält hässliche Grausamkeiten bereit. Die Kunst des Dominik Graf besteht auch darin, dass er keine Figur abstempelt, sondern versucht, sie und ihr Handeln begreifbar zu machen. Man kennt nicht viele Regisseure mit dieser Qualität.

Essen. Regisseur Dominik Graf macht Kino fürs Fernsehen, weil ihm im Kino in letzter Zeit zu viele Fernsehfilme begegnen. Sein Zehnteiler „Im Angesicht des Verbrechens” ist ganz großes Kino – Familienepos, Mafiadrama, Polizeifilm, Stadtwestern, durchsetzt mit überirdisch starken Liebesgeschichten.

Der längste Film bei der diesjährigen Berlinale, zum Abschluss gezeigt und im Kino heftig bejubelt, war eine Arbeit für das Fernsehen. Aber wer will bei einem Regisseur wie Dominik Graf noch das Wo seiner Arbeit verorten? Einer wie er hat längst alle Grenzen aufgelöst, macht Kino fürs Fernsehen, weil ihm im Kino in letzter Zeit zu viele Fernsehfilme begegnen. Sein Zehnteiler „Im Angesicht des Verbrechens” (Arte, 22 Uhr) jedenfalls ist ganz großes Kino – Familienepos, Mafiadrama, Polizeifilm, Stadtwestern, durchsetzt mit überirdisch starken Liebesgeschichten.

Im Zentrum einer immer weiter sich ausdehnenden Handlung stehen die beiden Polizisten Marek Gorsky und Sven Lottner. Letzterer (Roland Zehrfeld) ist als Ossi der bärige Kumpel, ein wenig unaufgeräumt zwar, aber unbedingt verlässlich in kritischen Situationen. Gorsky (Max Riemelt) ist der Mann für die Dramatik: Spross baltisch-jüdischer Einwanderer, Schwager des undurchsichtigen Geschäftsmannes Mischa (Misel Maticevic), der Gorskys Schwester Stella (Marie Bäumer) geheiratet hat. Und als sei der damit vorgezeichnete Konflikt zwischen Gesetzeshüter und organisiertem Verbrechen nicht schon genug vorgezeichnet, schleppt Marek auch noch die Besessenheit mit sich herum, den Mord an seinem älteren Bruder aufklären zu müssen.

Hohe Qualität

Die beiden Polizisten treibt die Sehnsucht nach großen Aufgaben, auf die sie nicht lange warten müssen. Die geistesgegenwärtige Festnahme eines Gangsters beschert ihnen eine Einladung zur Mitarbeit beim LKA. Damit geraten sie mitten in einen Machtkampf zwischen der Gruppe um den eher sanften Zigarettenschmuggler Mischa und der Gang um den brutalen Andrej. Die russischen Mafia-Verästelungen mitten in Berlin sind relativ schnell zu verstehen. Und Marek, der auf der Grenzlinie tanzt, muss sich in diesen Kreisen Sätze anhören wie: „Du bist ein Polizist. Wie kannst du da eine Ehre haben?”

Als ob er gleich von Anfang an einen Gegenpol errichten wolle zu Prostitution und Menschenhandel, so beginnen Graf und sein getreuer Szenarist Rolf Basedow mit träumerischer Liebe. In der ersten Einstellung des langen Werks geht in der Ukraine das Mädchen Jelena in einem See baden und erzählt uns von der Weissagung ihrer Großmutter: Dass man unter Wasser das Gesicht seines Zukünftigen sehen kann. Sie sieht die Gesichtszüge von Marek, was die Sache später, beim Kennenlernen, sehr einfach macht. Zwei Blicke, mehr braucht es nicht.

„Im Angesicht des Verbrechens” erweist sich in vielen Bereichen als virtuos. Die sorgfältige Beobachtung von Beziehungen gehört dazu, die geradezu spielerisch leichte Art, mit der Graf von Folge zu Folge bei seinem Personal die Gewichte verlagert. Vor allem aber sind es die sorgfältig ausgesuchten Schauplätze, die immer wiederkehren und uns Handlungsorte wie Mischas Restaurant Odessa zu Vertrauten machen.

„Berlin ist das Paradies” lautet der Titel der ersten Episode. Mit diesem Ausspruch werden anfangs Jelena und ihre Freundin aus ihrem ukrainischen Dorf in den goldenen Westen gelockt. „Was kostet Berlin” ist dann Teil acht überschrieben, was die Siegesgewissheit und Überheblichkeit der russischen Gangster ebenso meint wie auch die Bestechlichkeit hochrangiger Berliner Polizisten. Doch selbst korrupte Bullen dürfen bei Graf noch Gefühle zeigen, ebenso wie ein junger Gangster, der mit seiner reinen Liebe zu einer Bardame der Obrigkeit vor dem Haftantritt noch eine Hochzeit abtrotzt.

Das Verbrechen hat viele brutale Gesichter in diesem Mehrteiler und hält hässliche Grausamkeiten bereit. Die Kunst des Dominik Graf besteht auch darin, dass er keine Figur abstempelt, sondern versucht, sie und ihr Handeln begreifbar zu machen. Man kennt nicht viele Regisseure mit dieser Qualität.