Recklinghausen. So dröge und zäh die theatralische Eröffnung der Ruhrfestspiele mit ihrer musealen Sicht auf Anton Tschechows „Kirschgarten”, so saftig und zart der Elchbraten bei der anschließenden Premierenparty. Immerhin.

Zwischen pochiertem Lachs, Rapunzelsalat und Tiramisu plauderten die geladenen Gäste am Sonntag abend bis weit nach Mitternacht über den Start in das 63. Festival.

Nach dem Theater und vor dem Büffet standen aber noch die Festreden der prominenten Gäste aus Wirtschaft, Kultur und Politik auf dem Programm. Allen voran die des ersten Mannes im Staate, Bundespräsident Horst Köhler. DGB-Chef Michael Sommer begrüßte ihn mit den Worten: „Schön, dass Sie da sind. In dieser Zeit ist Ihr Besuch besonders wichtig für dieses Festival als Zeichen der Verbundenheit mit der Region.” Der Bundespräsident stützte diese Sicht: „Kultur ist gerade in Krisenzeiten besonders wichtig. Dass ich heute hier bin, bedeutet, dass ich Sie unterstützen möchte, Sie, die Kunst und Kultur machen.” Köhler erinnerte daran, dass zu Beginn der Gewerkschaftsbewegung Bildung und Kultur besonders wichtige Themen gewesen seien.

In Recklinghausen, so Köhler, seien die Ruhrfestspiele vor über 60 Jahren inmitten der Stätten harter Arbeit gegründet worden: „Es ist wichtig, dass Kultur nicht nur in den Hauptstädten stattfindet. Kultur ist ein wichtiger regionaler Schatz, den wir pflegen sollten.” Und die Ruhrfestspiele seien etwas ganz Besonderes, „wegen ihrer künstlerischen Klasse und wegen ihrer Geschichte”.

Festspielmachern und Publikum rief der Bundespräsident zu: „Respekt vor dieser Leistung, vor dieser Qualität, der Internationalität und der Bodenhaftung. Hut ab!”

Nicht minder positiv das Statement des nordrhein-westfälischen Kulturstaatssekretärs Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, der sich beim Bundespräsidenten für die ermutigenden Worte in der Krise bedankte: „Das hört man nicht alle Tage.” Und zu den Ruhrfestspielen: „Gerade in der Krise brauchen wir dieses Festival auch künftig. Darum wollen wir Ihnen Sicherheit geben: Wir stehen auch in Zukunft an Ihrer Seite.” Die guten Zuschauerzahlen sprächen nicht gegen eine Förderung, sondern vielmehr für eine verstärkte Finanzierung.

Balsam in den Ohren der Festspielleitung. Festivalchef und Theatermacher Frank Hoffmann versprach dennoch: „Die Ruhrfestspiele fliegen, aber verlieren dennoch nicht die Bodenhaftung.”

Zur Einstimmung auf den Start ins Festival zuckten grüne Laserstrahlen durch den Saal, Flammen erleuchteten zu lautem Sound den Raum, der mit weißen Tischdecken und Stuhlhussen und eisblauen Schleifen und Bändern auf nordisch gestylt war. Passend, stehen die Ruhrfestspiele doch unter dem Motto „Nordlichter”. Nur bei der giftig-blaugrünen Flüssigkeit in den Cocktailgläsern, die jeden Platz zierten, zögerten die meisten zunächst. Kann man die trinken? Man konnte.

Bundespräsident Horst Köhler verließ noch vor Eröffnung des Büffets mit seinem großen und gut verdrahteten Sicherheitstross wieder den Grünen Hügel. Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender des Hauptsponsors Evonik, war insgesamt mit dem Abend sehr zufrieden: „Ein toller Theaterabend mit einem hervorragenden Ensemble. Englisch? Kein Problem. Man hört sich ja auch Opern auf Italienisch an.”