Recklinghausen. Donnerstag noch rockten die Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen für Haiti. Müssen sie vielleicht schon morgen für sich selbst trommeln? „Wir arbeiten daran, das nicht tun zu müssen”, sagte Stephan Popp, Intendant des Orchesters, auf Nachfrage der WAZ.

Einmal mehr droht dem größten Orchester Nordrhein-Westfalens die Existenz-Krise. Öffentlich angestoßen durch den Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks Arnsberg, Helmut Diegel (CDU). Der hatte dem Kreis Unna, einem der Träger der Neuen Philharmonie, empfohlen, seinen Trägeranteil auf den Prüfstand zu stellen.

Zwar finanziert Unna mit 541 000 Euro den geringsten Teil des Orchesters, der Intendant weiß aber auch: „Zieht man aus so einer Konstruktion einen Baustein raus, wackelt das Ganze. Darum nehme ich die Aussage des Regierungspräsidenten sehr ernst.” Auch unter den 130 Musikern kursiert längst die Sorge um den Arbeitsplatz. Das Sparpotenzial hält Intendant Popp für ausgereizt: „Wir haben keine halbe Planstelle zuviel.”

Kein Sparpotenzial

Die Stadt Recklinghausen als weiterer Träger schießt pro Jahr eine gute Million in den Orchester-Etat. Bürgermeister Wolfgang Pantförder (CDU) macht sich zwar keine Sorgen um den Klangkörper, sagt aber auch: „In Zeiten knapper Kassen gibt es den Auftrag, Sparpotenziale zu entwickeln.” Notwendig seien aber auch neue Gespräche mit dem Land: „Recklinghausen nimmt eine regionale Verantwortung wahr, auch für die Städte, die kein Orchester haben. Recklinghausen allein trägt aber die Kosten.”

Unglücklich über die Äußerung des Arnsberger Regierungspräsidenten sind sowohl der Landrat des Kreises Unna, Michael Makiolla (SPD), als auch Gelsenkirchens Kulturdezernent Dr. Manfred Beck (Grüne). Gelsenkirchen ist neben Unna, Recklinghausen, dem Land und LWL (zusammen 2,8 Mio) weiterer Orchesterträger (knapp vier Mio).

Dr. Beck: „Nein, wir stellen den Zuschuss ans Orchester nicht auf den Prüfstand. Das Sparpotenzial ausgereizt.” Über das Vorgehen des Arnsberger Regierungspräsidenten sagte Dr. Beck: „Das ist ein fatales Signal.” Gelsenkirchen sagt dem Kreis Unna gegenüber der Kommunalaufsicht Unterstützung zu. „Ich wünsche mir, dass wir ein Orchester dieser Qualität erhalten können. Denn würde der Kreis Unna aus der Trägerschaft aussteigen müssen, entstünde eine dramatische Situation.”

Aus der Fusion des Recklinghäuser und Gelsenkirchener Orchesters entstanden

Das sieht auch Landrat Michael Makiolla so: „Was einmal weg ist, bleibt weg. Ich hielte es politisch für fatal, ausgerechnet 2010 ein Landesorchester kaputt zu machen.” Gerade dieser Klangkörper sei das Ergebnis eines bereits erfolgreich durchgeführten Sparkurses. Zur Erinnerung: Die Philharmonie entstand aus der Fusion des Recklinghäuser und Gelsenkirchener Orchesters, fing auch Mitglieder der Philharmonia Hungarica auf.

Makiolla verspricht: „Ich werde alles, was in meiner Möglichkeit steht, tun, um einen Ausstieg Unnas zu verhindern.” Fest steht allerdings auch: Der Arnsberger Regierungspräsident kann die klamme Kommune durchaus unter Druck setzen, den Vertrag mit der Neuen Philharmonie zu kündigen.