Gelsenkirchen. Die Neue Philharmonie Westfalen ist offenbar in ihrer Existenz bedroht. Die Stadt Unna, einer der Träger, stellt ihren Anteil auf den Prüfstein. Damit könnte die ganze Konstruktion des großten Klangkörpers des Landes im Jahr der Kulturhauptstadt plötzlich wackeln.

Am Donnerstag noch rockten die Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen zusammen mit Thomas Godoj beim Benefizkonzert für Haiti. Müssen sie vielleicht schon Morgen für sich selbst trommeln? „Wir arbeiten daran, das nicht tun zu müssen”, sagte am Freitag auf Nachfrage der WAZ der Intendant des Orchesters, Stephan Popp. Denn einmal mehr droht dem größten Klangkörper des Landes die Existenzkrise.

Trägeranteil auf dem Prüfstand

Öffentlich angestoßen durch den Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks Arnsberg, Helmut Diegel (CDU). Der hatte dem Kreis Unna, einem der Träger der Neuen Philharmonie, in diesen Tagen empfohlen, seinen Trägeranteil auf den Prüfstand zu stellen.

Zwar finanziert Unna mit 541 000 Euro den geringsten Teil des Orchesters, der Intendant weiß aber auch: „Zieht man aus so einer Konstruktion einen Baustein heraus, wackelt das Ganze. Darum nehme ich die Aussage des Regierungspräsidenten sehr ernst.” Auch unter den 130 Musikern kursiert längst die Sorge um den Arbeitsplatz. Das Sparpotenzial hält Intendant Popp für ausgereizt: „Wir haben keine halbe Planstelle zuviel.”

Die Stadt Recklinghausen als weiterer Träger schießt pro Jahr gut eine Million in den Orchester-Etat. Bürgermeister Wolfgang Pantförder (CDU) macht sich zwar keine Sorgen um den Klangkörper, sagt aber auch: „In Zeiten knapper Kassen gibt es den Auftrag, Sparpotenziale zu entwickeln.” Notwendig seien aber auch neue Gespräche mit dem Land: „Recklinghausen nimmt eine regionale Verantwortung wahr, auch für die Städte, die kein Orchester haben. Recklinghausen allein trägt aber die Kosten.”

Unglücklich über die Äußerung des Arnsberger Regierungspräsidenten sind sowohl der Landrat des Kreises Unna, Michael Makiolla (SPD), als auch Gelsenkirchens Kulturdezernent Manfred Beck (Grüne). Gelsenkirchen ist neben Unna, Recklinghausen, dem Land und LWL (zusammen 2,8 Mio) ein weiterer Orchesterträger (knapp vier Mio).

Gelsenkirchen sagt Unterstützung vor

Beck betonte: „Nein, wir stellen den Zuschuss ans Orchester nicht auf den Prüfstand. Hier wurde bereits ein rigoroser Sparkurs gefahren, da geht nichts mehr.” Über das Vorgehen des Arnsberger Regierungspräsidenten sagte Dr. Beck: „Das ist ein fatales Signal.” Gelsenkirchen sagt darum dem Kreis Unna gegenüber der Kommunalaufsicht Unterstützung zu. „Ich wünsche mir, dass wir ein Orchester dieser Qualität erhalten können. Würde der Kreis Unna aus der Trägerschaft aussteigen müssen, entstünde eine dramatische Situation.”

Das sieht auch Landrat Michael Makiolla so: „Ich hielte es politisch für fatal, ausgerechnet 2010 ein Landesorchester kaputt zu machen.” Gerade dieser Klangkörper sei das Ergebnis eines bereits erfolgreich durchgeführten Sparkurses. Zur Erinnerung. Die Philharmonie entstand aus der Fusion des Recklinghäuser und Gelsenkirchener Orchesters, fing auch Mitglieder der Philhamonia Hungarica auf. Makiolla verspricht: „Ich werde alles in meiner Möglichkeit Stehende tun, um eines Ausstieg Unnas zu verhindern.” Fest steht allerdings auch: Der Arnsberger Regierungspräsident kann die klamme Kommune durchaus unter Druck setzen, den Vertrag mit der Neuen Philharmonie zu kündigen.