Gelsenkirchen/Herten. Teile des A2-Parkplatzes an der Münsterstraße bei Gelsenkirchen werden gesperrt. Prostituierte müssen sich nun den Platz mit Pendlern teilen.

Pendler und Prostituierte, die sich seit vier Jahren den Mitfahrerparkplatz an der Münsterstraße teilen, rücken noch enger zusammen. Der Grund: Auf einem Teil der Fläche richtet die Emschergenossenschaft in diesen Tagen eine Baustelle für die Arbeiten am Holzbach und am Resser Bach ein, die hinter dem Parkplatz zusammenfließen.

„Wir benötigen den Parkplatz als Baustelleneinrichtungsfläche. Später erfolgen dort auch die Schachtarbeiten für den Rohrvortrieb“, erläutert Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft.

Von Behörden geduldet

Holzbach und Resser Bach gehören zu den Nebenflüssen der Emscher, die ähnlich wie die Emscher selbst einen unterirdisch verlaufenden Abwasserkanal erhalten. Auf diese Weise können verschmutztes Abwasser und Oberflächenwasser getrennt voneinander geführt werden. Die Arbeiten an der Stadtgrenze Herten/Gelsenkirchen wirken sich gegenüber vom Ewaldsee auch auf den Parkplatz an der A 2 aus, der nicht nur von Pendlern genutzt wird. Derzeit bieten dort Prostituierte in 18 Wohnwagen ihre Dienste an.

Sperrbezirk am Straßenstrich Herten-Süd/Gelsenkirchen trat 2015 in Kraft

Im Städte-Dreieck Herten/ Marl/Recklinghausen trat 2011 ein Sperrbezirk in Kraft, weil dort die Straßenprostitution zunahm. Es kam zu einer Verdrängung und die Zahl der Prostituierten am Straßenstrich Herten-Süd/Gelsenkirchen stieg von vier auf 30. Pöbeleien, Lärm, Müll und Gefahrensituationen im Straßenverkehr brachten Bürger in Rage. Es folgten politische Debatten, eine Demo, eine Bürgerversammlung.

Auf Antrag der Städte Herten und Gelsenkirchen verhängte die Bezirksregierung Münster nun dort einen Sperrbezirk. Seit Januar 2015 dürfen Frauen dort ihre Dienste nur abends und nachts anbieten. Ab April 2015 verlagerte sich die Prostitution auf den Pendlerparkplatz an der A2, direkt hinter der Stadtgrenze auf Gelsenkirchener Gebiet. Aktuell bieten Prostituierte dort in 18 Wohnwagen ihre Dienste an. Das dauerhafte Parken von Wohnwagen ist dort verboten, wird von den Behörden aber toleriert. Denn durch diese „Lösung“ sind die Probleme mit der Prostitution deutlich geringer geworden.

Das ist grundsätzlich illegal. Denn dort dürfen ausschließlich Pkw abgestellt werden und die größtenteils maroden Mobilheime entsprechen nicht den Vorgaben des Prostitutionsschutzgesetzes. Mitarbeiter von Gesundheitsamt, Frauenberatungsstelle und anderen Behörden schauen regelmäßig nach dem Rechten. Viele der Prostituierten – zum großen Teil Roma-Frauen aus Bulgarien – sind ordnungsgemäß registriert. Und auch die verschiedenen konkurrierenden Zuhälter „pflegen“ ein verträgliches Nebeneinander. Das führt dazu, dass die Ordnungsbehörden diesen Zustand tolerieren.

Hitzige Diskussionen in beiden Städten

Bevor sich auf dem Parkplatz die Wohnwagen-Prostitution etablierte, gingen an der Gelsenkirchener Straße (Herten) und an der Münsterstraße (Gelsenkirchen) jeden Tag bis zu 30 Frauen anschaffen. Diese Zustände, von denen die Anwohner am nahen Erich-Grisar-Weg in Herten und der Eichkamp-Siedlung in der Resser Mark betroffen waren, führten damals in beiden Städten zu äußerst hitzigen Diskussionen. Nach den Rodungsarbeiten will die Emschergenossenschaft in Kürze mit den Bauarbeiten auf dem Parkplatz beginnen.

Zuerst werden neben den Bächen Kanalrohre verlegt. Wenn diese fertig sind und das Schmutzwasser aufnehmen, werden die Bachläufe zu naturnahen Gewässern bis voraussichtlich 2021 umgestaltet. Mit schwerem Gerät müssen Schächte und Gräben ausgehoben werden. Große Teile des Parkplatzes stehen dann nicht zur Verfügung.

Selbstregulierung des Marktes

„Zähneknirschend“, so Gelsenkirchens Sprecher Martin Schulmann, habe man mit der Emschergenossenschaft und Straßen NRW als Eigentümer der Parkplatzfläche diesen Kompromiss gefunden: „Das Zusammenrücken mit den Prostituierten ist für die Pendler sicherlich ungünstig, aber auf diese Weise wollen wir verhindern, dass sich die Straßenprostitution anderswo ansiedelt.“ Der seit 2015 auch dort geltende Sperrbezirk habe die Lage entlang der Münsterstraße deutlich entspannt.

Anbahnungsversuche direkt am Straßenrand gibt es dort nicht mehr, Prostitution wird nur noch abends und in der Nacht auf dem Parkplatz ausgeübt. Bislang seien bei der Stadt noch keine Beschwerden über die aktuell veränderten Platzverhältnisse eingegangen. Schulmann setzt weiterhin auf eine friedliche Koexistenz beider Bedürfnisse: „Das werden die Selbstregulierungskräfte des Marktes regeln.“