Velbert/Wuppertal. . Ein 52-Jähriger Velberter ist von der 4. Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden, weil er nach Ansicht des Gerichts seine Tochter sexuell missbraucht haben soll. Die Tochter hatte zu Beginn der Verhandlung noch ihre Aussage widerrufen.
Vier Jahre und drei Monate, so lautet das Urteil der 4. Strafkammer am Wuppertaler Landgericht gegen einen 52-jährigen Velberter, der seine eigene Tochter sexuell missbraucht hat. Drei Monate der Strafe sollen bereits als verbüßt gelten, da sich das Verfahren in die Länge gezogen hat.
Dabei hatte es zu Beginn des Prozesses zunächst nach einer überraschenden Wende ausgesehen. Am ersten Verhandlungstag hatte die Tochter sämtliche Vorwürfe gegen ihren Vater zurückgenommen. Sie habe die Geschichte erfunden, da sie sich in der Familie nicht wohlgefühlt und daher nach einem Weg gesucht habe, die Familie verlassen zu können.
Zweifel am Widerruf
Spätere Zeugenaussagen und besonders die Ausführungen einer Gutachterin weckten aber Zweifel an dem plötzlichen Sinneswandel. Hatten die Mitglieder der Pflegefamilie, in der die heute 18-Jährige zeitweise untergekommen war, das Opfer bereits als „schlechte Lügnerin“ dargestellt, deutete die Gutachterin eine mögliche bewusste Falschaussage aus psychologischer Sicht als „höchst unwahrscheinlich“.
Die Schilderung der Taten im ursprünglichen Verfahren sei zu detailreich gewesen. Wer sich bewusst eine falsche Geschichte ausdenke, halte diese möglichst knapp und drastisch, vor allem vor dem Hintergrund, dass mehrfache Aussagen ja durchaus möglich seien. Außerdem: „Wer eine derart komplexe Falschaussage über so einen langen Zeitraum glaubhaft aufrecht erhalten will, muss schon über ungewöhnliche intellektuelle Fähigkeiten verfügen“, führte die Gutachterin weiterhin aus. Die Tochter des Angeklagten sei dazu eher nicht in der Lage gewesen.
BGH fand Verfahrensfehler
Bereits im November 2011 war der Angeklagte zu einer Haftstrafe von insgesamt vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.
Da es aber einen Verfahrensfehler gegeben hatte, hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf.
Deswegen wurde das Verfahren – inklusive Zeugenbefragungen – nun neu aufgerollt.
Der endgültige Beginn des aktuellen Verfahrens war unter anderem aufgrund vorrangiger Fälle mehrfach verschoben worden.
Dass sie ihre Aussage widerrufen habe, führte die Gutachterin unter anderem auf das ambivalente Verhältnis zwischen Tochter und Familie zurück, denn ihre Mutter und ihren Bruder habe die 18-Jährige sehr vermisst. Zwar schienen der Gutachterin einzelne Aspekte aus dem Widerruf „durchaus nachvollziehbar. Aber als Ganzes betrachtet ergeben sich zu viele Fragen.“
Angeklagter schien überrascht
Das Gericht folgte schließlich in der Urteilsfindung den Ausführungen der Gutachterin. Auch die beiden vorsitzenden Richter sowie die beiden Schöffen waren überzeugt davon, dass es sich zwar um einen schwierigen Falle handele, die Tatvorwürfe gegen den Vater jedoch zu komplex für eine bewusste Falschaussage gewesen seien. Der Angeklagte schien ob des Urteils ein wenig überrascht, zumindest ließ seine Körpersprache darauf deuten, dass er mit einem anderen Spruch gerechnet hatte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.