Langenberg. .
Volker Küpper ist 44 Jahre alt, arbeitslos und sitzt im Rollstuhl. Mehr als 180 Bewerbungen blieben bislang ohne Erfolg.
Die Stimme ist kräftig, die braunen Augen strahlen, der Mann versprüht Energie, Tatkraft. Und doch, Volker Küpper kann nicht so, wie er gerne möchte. 44 Jahre ist der Familienvater gerade einmal alt, arbeitslos – und sitzt im Rollstuhl. Er leidet an Muskeldystrophie, Muskelschwund. 27 Jahre hat er für Karstadt und Hertie in Velbert gearbeitet, von der Lehre an. Doch dann gingen in dem Kaufhaus die Lichter aus. Seitdem sitzt der gelernte Bürokaufmann zu Hause und schreibt eine Bewerbung nach der anderen.
„Mittlerweile sind es 180“, erzählt Küpper. Ein paar wenige Vorstellungsgespräche wären auch dabei gewesen. Erfolg hatte er nicht. Den Schritt an die Öffentlichkeit hat er erst nach langem nachdenken gewagt: „Ich will ja gar kein Mitleid oder so etwas“, sagt Volker Küpper. „Ich will eine Chance. Ich will wieder das Gefühl haben, hey, Du wirst gebraucht.“
Denn auch wenn ihm das kein Personaler offen ins Gesicht sage, werde er den Eindruck nicht los, „dass mein Handicap der Grund für die Absagen ist.“ Natürlich wisse er um den rechtlichen Sonderstatus, den Menschen mit Behinderung im Beschäftigungsrecht genießen. „Aber es ist ja nicht so, dass wir um jeden Preis gehalten werden müssen“, sagt Küpper. „Wenn es keine Arbeit mehr für mich gibt in einem Unternehmen, dann bin auch ich kündbar.“ Außerdem habe er „27 Jahre Berufserfahrung, bin mobil, denn ich habe ein umgebautes Auto und kann fahren. Ich habe in meinem bisherigen Berufsleben kaum krankheitsbedingt gefehlt. Und ich bin eigentlich ein positiv eingestellter Mensch.“
Küpper will keine Sonderbehandlung
Doch langsam mache sich Verbitterung breit. „Dieses Gefühl, plötzlich nicht mehr gebraucht zu werden und für den Arbeitsmarkt einfach nichts mehr wert zu sein, das macht mich verrückt.“ Er wolle auch keine Sonderbehandlung: „Ich weiß, dass bei einer Bewerbung die Qualifikation zählt und dass man gut ins Team passen muss. Aber daran sollte es bei mir nicht mangeln.“ Selbst finanziell ginge ein Arbeitgeber heutzutage keine Risiken mehr ein, wenn er einen Menschen mit Handicap beschäftige: „Wenn etwas umgebaut werden muss, bekommt das Unternehmen das doch finanziert. Die müssen dafür gar kein eigenes Geld in die Hand nehmen.“
Eine vorzeitige Verrentung käme für Volker Küpper auch nicht in Frage: „Ich gehöre noch nicht zum alten Eisen und ich muss etwas tun. Nur zu Hause herum sitzen, das ist nichts für mich.“ Wo er letztlich eine Beschäftigung findet, das ist Küpper relativ egal: „Ich bin aufgeschlossen für andere Bereiche. Ob ich nun als Berater in einem Sanitätshaus etwas finde oder bei einem Verein ähnlich Pro Mobil oder doch in einem Büro Verwaltungsaufgaben übernehme, das würde ich ja alles machen.“
Betriebsrats-Arbeit könnte potenzielle Arbeitgeber abschrecken
Gut vorstellen könne er sich auch Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen, denn „auch da besitze ich einige Erfahrung.“ In seinen Jahren bei Karstadt/Hertie habe er sich um die Praktikanten und Azubis gekümmert. „Das hat mir sehr viel Freude bereitet und ich habe das wirklich gerne gemacht. Es hat mir die Gewissheit gegeben, dass ich für andere da sein kann.“ Ähnlich sei es bei seiner Arbeit im Betriebsrat gewesen. „Aber damit gehe ich eher defensiv um. Obwohl ich kein ,Krawallbruder’ war, sondern lieber sachlich und faktenorientiert an vernünftigen Lösungen gearbeitet habe, die sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber tragbar sind.“ Aber, so glaubt Küpper, trotzdem würde das potenzielle Arbeitgeber abschrecken. „Dabei bin ich mir fast sicher, dass ich das eigentlich nicht nochmal machen möchte.“
Sorgen macht sich Volker Küpper hauptsächlich um seine Familie. Erst vor einem Jahr ist er mit Frau und Sohn nach Langenberg gezogen, wohnt zur Miete in einer behindertengerechten Wohnung. „Wir fühlen uns wohl in Langenberg“, sagt er. „Aber sollten wir nun in eine soziale Schieflage geraten... Allein der Gedanke macht mir Angst.“