Velbert. Grenzkontrollen, wie sie die Eltern erlebt haben, wollen die Jugendlichen nicht mehr haben. Was sie sonst noch mit der EU verbinden.

Alva ist 16 und gerade aus Lettland zurück, im September geht es für acht Wochen nach Frankreich. Nils (16), Jessica (17) und Melina (17) haben einige Zeit in Italien verbracht, gerade erst sind Schülerinnen und Schüler aus Spanien und Estland in Velbert gewesen. Sie alle profitieren von Erasmus Plus, einem Programm der Europäischen Union, das den Schüler-Austausch innerhalb der Mitgliedsstaaten fördern soll.

Und sie alle gehen auf das Geschwister-Scholl-Gymnasium, das zertifizierte Europa-Schule ist. Wo also besser mit jungen Menschen über die anstehende Europawahl sprechen, als an dieser Schule? „Das Programm ist hervorragend“, lobt auch Lehrerin Jutta Vondung. Sie ist am GSG Ansprechpartnerin für das Projekt Europa-Schule.

Erasmus-Programm bringt enorme Zuschüsse für das GSG

Das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Velbert-Birth ist zertifizierte Europaschule.
Das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Velbert-Birth ist zertifizierte Europaschule. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Bis 2027 ist das Gymnasium erst einmal für Erasmus akkreditiert, „und das bringt uns enorme Zuschüsse“, sagt die Pädagogin. „Dadurch kann sich jede Schülerin und jeder Schüler die Teilnahme an einem Austausch leisten, da maximal 80 Euro Eigenanteil anfallen.“

Zurück zu den Schülerinnen und Schülern: Die sind von Europa begeistert, können - und wollen - sich gar nicht vorstellen, dass es einmal anders gewesen ist: „Meine Eltern und Großeltern erzählen öfter, wie es früher war“, berichtet Melina. Die 17-Jährige geht in die Stufe Q1. „Wen man in ein anderes Land reisen wollte, war das so kompliziert. Grenzkontrollen, Pass vorzeigen. Das brauchen wir alles nicht mehr.“

GSG-Schülerin Alva war zum Austausch in Riga, der lettischen Hauptstadt. Das baltische Land ist vor 20 Jahren der EU beigetreten.
GSG-Schülerin Alva war zum Austausch in Riga, der lettischen Hauptstadt. Das baltische Land ist vor 20 Jahren der EU beigetreten. © dpa | Alexander Welscher

Auch Lehrerinnen und Lehrer profitieren

Und genau das ermögliche - nicht nur - jungen Menschen so viel. „Es entsteht ein schönes Gefühl der Einheit, wenn wir ohne Einschränkungen reisen können.“ Anders als früher sei es zudem viel einfacher geworden, mit den Gleichaltrigen in den anderen Ländern Kontakt zu halten. „Über die sozialen Medien ist das gar kein Problem“, sagt Melina.

Doch nicht nur die Jugendlichen sind begeistert, auch ihre Lehrerinnen und Lehrer. „Im Budget enthalten ist auch die Möglichkeit, dass Kolleginnen und Kollegen für eine begrenzte Zeit ins Ausland gehen“, erläutert Schulleiterin Stefanie Reuter. So werde etwa Sophie Drope, die unter anderem im bilingualen Zweig das Fach Geschichte auf Englisch unterrichtet, demnächst nach Finnland fahren und dort Eindrücke sammeln.

Brexit sorgt für Schwierigkeiten

„Das ist wie eine Art Fortbildung und auch nicht fachgebunden“, sagt Schulleiterin Stefanie Reuter. „Unser normales Budget würde diese Möglichkeit gar nicht hergeben.“ Dank Erasmus, dank der EU, habe das GSG aber nun die Möglichkeit, auch Kurse im europäischen Ausland wahrzunehmen.

Die Schulleiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, Stefanie Reuter.
Die Schulleiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, Stefanie Reuter. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Was allerdings nicht mehr funktioniert, ist das Auslandspraktikum in Großbritannien. „Wir sind richtig traurig“, sagt Lehrerin Jutta Vondung, „wir hatten eine tolle Kooperation mit einer Kita, aber seit dem Brexit können die Schülerinnen und Schüler dort nicht mehr legal arbeiten“. Wer dennoch ins Ausland wolle, nutze nun häufig private Kontakte: „Schüler waren schon in Griechenland oder in Schweden. Es geht also weiter.“

„Wählen mit 16 ist eine gute Idee“

Damit das auch so bleibt, hoffen Schüler und Lehrer, dass es die EU auch noch lange geben wird. Deshalb wollen auch alle am 9. Juni bei der Europawahl ihr Kreuzchen machen. Dass nun schon ab 16 gewählt werden darf, sei übrigens gut, so die einhellige Meinung: „Dadurch wird Politik viel eher und viel intensiver in der Schule thematisiert“, sagt Jessica.

Titus Neumann-Mahlkau vom Gymnasium Langenberg hat den Fotowettbewerb „EUtopia - Visionen für die Zukunft von Europa“ der Stadt Velbert gewonnen.
Titus Neumann-Mahlkau vom Gymnasium Langenberg hat den Fotowettbewerb „EUtopia - Visionen für die Zukunft von Europa“ der Stadt Velbert gewonnen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Wir sehen uns auch ziemlich gut aufgestellt“, ergänzt Nils. Findet auch Alva, die aber fürchtet: „Ich glaube, an einigen anderen Schulen wird nicht so gut informiert.“ Das sei nicht gut, sagt die 16-Jährige. Nils pflichtet ihr bei: „Wer nicht gut informiert ist, ist leichter zu beeinflussen. Und das klappt bei jungen Leuten relativ gut.“

Die vier setzen aber darauf, dass die meisten Menschen sich bei der anstehenden Wahl für Parteien entscheiden werden, die für den Erhalt der EU sind. „Denn“, sagt Melina, „ich möchte mir nicht vorstellen, dass wir in eine Zeit zurückfallen, in der es wieder Grenzen gibt.“

Stellvertretend für die Gruppe hat Mattis Jung die Auszeichnung für die beste Gruppenarbeit entgegengenommen.
Stellvertretend für die Gruppe hat Mattis Jung die Auszeichnung für die beste Gruppenarbeit entgegengenommen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Gemeinsamer Fotowettbewerb

Das Geschwister-Scholl-Gymnasium hat mit seinen Schülerinnen und Schülern an einem städtischen Fotowettbewerb teilgenommen. Mit dabei waren auch die Gesamtschule Velbert, das Gymnasium Langenberg sowie Gäste aus Spanien, Frankreich, Italien und Lettland.

Unter dem Titel „EUtopia - Visionen für die Zukunft Europas“ waren die Jugendlichen mit der Kamera unterwegs, die besten Einreichungen hat eine Jury nun gekürt.

Insgesamt wurden 14 Einzelbeiträge und 19 Gruppenfotos eingereicht. Den ersten Platz bei den Einzelbeiträgen belegte Titus Neumann-Mahlkau (Gymnasium Langenberg). Bei den Gruppenfotos stand die Europaflagge im Vordergrund.

Fünf Fotos der Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums wurden von der Jury ausgezeichnet, davon vier als Gemeinschaftsarbeit mit Schulen aus Spanien und Lettland. Zudem wurde ein Foto der Gesamtschule Velbert-Mitte ausgezeichnet.