Kreis Mettmann/Velbert. Jobcenter Mettmann fördert Menschen, die lange ohne Job waren, mittels Teilhabechancengesetz. Was Seniorenspiele damit zu tun haben.
Stefan Meyer hat ganz offensichtlich seine Berufung gefunden, und er hat dabei auch zu sich selbst gefunden. „Triff die 50“ oder „Goldgrube“ heißen die Spiele mit Tennisbällen, die der 50-Jährige ausgeheckt und - zum Beispiel aus bunt bemalten Versandkartons - selbst gebastelt hat. Über das Spielerische und den Spaß daran bringt er Senioren in Bewegung, mobilisiert sie. Zudem entsteht dabei noch ein gutes Gruppengefühl. Klar, dass die Pokale für die erfolgreichen Spieler und Spielerinnen ebenfalls Marke Eigenbau sind. „Das war ein Glücksgriff. Mein Leben hat sich echt geändert und alle Wünsche haben sich erfüllt“, strahlt Meyer. Und deshalb wolle er anderen Mut machen, dass es immer eine Chance gebe. In seinem Fall war es konkret das Teilhabechancengesetz.
„Hat uns echt gefehlt“: Jobcenter froh über Arbeitsmarktinstrument
Dieses Arbeitsmarktinstrument mit dem sperrigen Namen wird nun schon seit 2018 im Neanderland umgesetzt und ist ein Programm speziell für Langzeitarbeitslose. Mit dem Ziel, sie in ein Arbeitsverhältnis zu bringen. Voraussetzung: Die Teilnehmer müssen in den letzten sieben Jahren prinzipiell mindestens sechs davon arbeitslos gewesen sein. „Das Programm hat uns echt gefehlt. Es ist eine große Chance. Für den jeweiligen Menschen, den Arbeitgeber und für die Gesellschaft“, sagt Panagiota Jakovou, und es habe den ungeheuren Vorzug, dass eben nicht nur der erste flüchtige Eindruck zähle.
Lohnkostenzuschuss für den Arbeitgeber
Nach Auskunft der Projektleiterin Teilhabe am Arbeitsmarkt beim Jobcenter „ME-aktiv“ - zu ihrem Team gehören acht Kollegen - wird der Arbeitgeber mit einem Lohnkostenzuschuss gefördert. In den ersten beiden Jahren bis zu 100 Prozent, später abschmelzend bis auf 70 Prozent.“ „Wir coachen, wenn der Kunde einwilligt und mitmacht, helfen bei Fragen. Im Hintergrund ist immer ein Ansprechpartner“, ergänzt Maik Bußkamp. Zudem habe das Jobcenter ein Auge darauf, so der Bereichsleiter Vermittlung, dass Qualifizierung stattfinde.
Gedächtnis-Trainig und Bewegungsangebote
Aber zurück zu Stefan Meyer. Der hat eine „Ausbildung zum Kfz-Mechaniker abgebrochen, Versicherungen verkauft, in Fabriken gearbeitet, Stahl geschleppt“ und schließlich in dem Projekt angefangen. Genauer gesagt als Betreuer bei einem öffentlichen Seniorendienst. Gedächtnis-Training, Bewegungsangebote, „ach eigentlich bin ich da Mädchen für alles“. Das geht bis zum Batteriewechsel, könne auch ein Rollstuhlgriff sein, den er mal eben wieder in Ordnung bringe.
Raus aus dem Leistungsbezug
„Herr Meyer ist ja eigentlich ein Rohdiamant, der endlich Gelegenheit hatte zu zeigen, was in ihm steckt“, meint Panagiota Jakovou. Mit dem Festvertrag endete selbstverständlich auch der Leistungsbezug. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Arbeitsplatz“, versichert er, führt u. a. das menschliche Miteinander ein. Sein Sohn (23) sei von seinen Berichten so begeistert gewesen, dass er sich für ein Duales Studium der Sozialpädagogik entschieden habe. Sagt‘s und grinst: „Rein theoretisch könnte er noch mein Chef werden.“
Jetzt auch deutsche Staatsbürgerin
Übrigens hat seine Frau Adriana ebenfalls in der selben Einrichtung angefangen - zunächst als Küchenhilfe - und ist mittlerweile dort auch fest angestellt. Infolge dieses Vertrags hat die gebürtige Brasilianerin (46) nunmehr auch die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Die Eheleute arbeiten beide in Teilzeit, damit Raum für die insgesamt drei Kinder bleibt.
Dauerhaft, ungefördert und unbefristet
Laut Jobcenter-Bilanz ist seit 2018 das Teilhabechancengesetz im Kreis Mettmann etwa 600fach genutzt worden. „Mit hohem Klebeeffekt“, wirft Bußkamp ein. Inzwischen sei davon nämlich ein Großteil in Arbeitsverhältnissen gelandet. „Dauerhaft, ungefördert und unbefristet.“ Ihre Jobs seien „querbeet“ verteilt - „viel Gesundheit und Pflege, Lager und Logistik, in Büros“. Aktuell seien in dem Programm 220 Teilnehmer.
Gute Typen und ein Mehrwert für den Arbeitgeber
Im Gegensatz zu ihrem bundesweiten Start ist die beschriebene Maßnahme für Langzeitarbeitslose mittlerweile nicht mehr befristet, sondern eine Dauereinrichtung. Sie ist laut Jobcenter „für dieses Jahr auch durchfinanziert“. Es würden insgesamt 50 neue Förderungen beginnen. Das oben genannte Team spricht dafür ausgeguckte Kunden gezielt an. Wer in Frage kommt? „Die Bock haben und ein guter Typ sind“, antwortet Bußkamp und setzt fort: „Und von den wir wirklich denken, dass sie für ihren Arbeitgeber ein Mehrwert sind.“