Velbert. Das junge Paar hat im vergangenen Jahr den 120 Jahre alten Turm gekauft. Seither ist im Inneren viel passiert. Es gab so manche Überraschung.

Wer die Eingangstür des Velberter Wasserturms öffnet, bekommt erst einmal eine Ladung Bohrstaub ab: Hinter der Staubwand ist neben Baustellenlärm dann ein fröhliches „Hallo“ zu hören. So wird schon beim Betreten des markanten Bauwerks klar: Hier wird schwer gearbeitet – und das bei guter Laune.

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Es war die größte Entscheidung ihres bisherigen Lebens: Im vergangenen Jahr hat Julian Siepmann (27) den 120 Jahre alten und seit rund 14 Jahren stillgelegten Wasserturm an der Steeger Straße für 25.000 Euro von den Stadtwerken Velbert gekauft. Und seine Freundin Leonie Peters, ebenfalls 27 Jahre alt, ist damit direkt mit zur Do-it-yourself-Heimwerkerin geworden.

Motto: „Alles muss raus!“ Am Anfang wurde die untere Wasserturm-Ebene entkernt.
Motto: „Alles muss raus!“ Am Anfang wurde die untere Wasserturm-Ebene entkernt. © Leonie Peters | Leonie Peters

Das Velberter Paar macht im Wasserturm fast alles in Eigenregie

Denn: Die beiden, die sich freundschaftlich schon lange kennen und seit einigen Jahren ein Paar sind, machen im Turm fast alles in Eigenregie. Julian ist Elektroniker – „ich hingegen hatte nur Bastel-Erfahrung aus der Kindheit“, sagt Leonie lachend. „Aber ich habe keine Scheu, Dinge zu lernen.“ Rund ein halbes Jahr nach dem Kauf ist im Inneren schon einiges passiert. „Trotz des echt kalten Winters und obwohl wir das alles nach Feierabend machen“, sagt der Haus- bzw. Turmherr. Am Anfang galt das Motto „Alles muss raus!“ Heißt: Der Turm wurde weitgehend entkernt: Böden rausreißen, Putz abschlagen, Tapeten von den Wänden kratzen, ...

Aktuell arbeiten Julian und Leonie vor am Badezimmer

Aktuell wird vor allem am Badezimmer gearbeitet, das direkt links hinter dem Eingang entsteht. Früher war dort lediglich eine kleine Toilette, künftig soll dort unter einer großen, bodentiefen Regenwald-Dusche der Baustaub abgespült werden können. „Und hier“, zeigt Leonie in Richtung Wand, „kommt eine Hobelbank, die wir zum Waschtisch umfunktionieren, hin“. Stromleitungen und Wasserrohre sind schon neu gemacht. Beide freuen sich schon, bald – endlich – eine Toilette auf der Baustelle zu haben.

Wasserturm Velbert
Wasserturm Velbert © Leonie Peters | Leonie Peters

Angst vor Spinnen und anderen Insekten dürfen die Turm-Besitzer nicht haben

Angst vor Spinnen und anderen Tieren darf man als Turmbesitzer übrigens nicht haben. Der Keller war voll mit Spinnweben, in der „Laterne“ – also in der weißen Turmspitze – gab es tausende Fliegen. Jetzt nicht mehr.

Wenn das Paar mal nicht so recht weiterweiß, helfen Freunde mit guten Tipps – „oder auch das ein oder andere YouTube-Video“, sagt Leonie. Manches raubt mehr Zeit als kalkuliert: So verbarg sich unter dem PVC-Boden ein gelblicher Klebstoff, der nur mühsam Zentimeter für Zentimeter zu entfernen war. Die positive Überraschung: „Den Holzboden können wir retten!“

Hinter Rigipsplatten versteckt entdeckten Julian und Leonie eine Verbindungstür in ihrem Velberter Wasserturm.
Hinter Rigipsplatten versteckt entdeckten Julian und Leonie eine Verbindungstür in ihrem Velberter Wasserturm. © Leonie Peters | Leonie Peters

Möglichst viel Ursprüngliches soll gerettet und bewahrt werden

Insgesamt versucht das Paar, viel Ursprüngliches zu bewahren. Seien es Holzbalken, die im künftigen Küchen- und Wohnzimmerbereich stehen oder die alten, aufwändig gearbeiteten Verbindungstüren, deren schönes Design sich hinter dünnen, aufgenagelten Holzplatten verbarg: „Die müssen zwar komplett aufgearbeitet werden, sind aber toll“, sagt Julian Siepmann.

Auf die eigentlich schönen Türen waren dünne Holzplatten genagelt.
Auf die eigentlich schönen Türen waren dünne Holzplatten genagelt. © Julian Siepmann | Julian Siepmann

Das Paar will künftig auf der unteren Wasserturm-Ebene wohnen – erst einmal

Immer wieder gibt es Überraschungen: So entdeckten die Heimwerker hinter Rigipswänden eine weitere Tür, die künftig Wohn- und Schlafbereich auf der unteren Ebene verbinden wird. Dort will das junge Paar künftig wohnen – zumindest erst einmal. Das große Ziel ist es, im früheren Wasserbehälter, der acht Meter hoch ist, eine Wohnung mit Panoramablick zu haben. „Das dauert aber noch“, ist Julian Siepmann ganz realistisch. Und sowieso: Bevor die beiden in den Turm ziehen, muss erst noch eine Umnutzung beantragt werden – oder aber ein Nachweis erbracht werden, dass schon mal jemand im Turm gewohnt hat.

Hier entsteht das Badezimmer von Julian und Leonie im Wasserturm.
Hier entsteht das Badezimmer von Julian und Leonie im Wasserturm. © Leonie Peters | Leonie Peters

Foto- und Tattoostudio und Ateliers für Künstler

Für die anderen Stockwerke haben die Eigentümer verschiedene Nutzungsmöglichkeiten im Kopf: Leonie tätowiert neuerdings und würde dort gern ein kleines Studio einrichten, in einem anderen Bereich könnte ein Foto-Mietstudio entstehen. Und Ateliers für Künstler – mit der Möglichkeit, Werke ausstellen zu können.

Kleine Auszeiten vom Baualltag im Garten oder beim Kurzurlaub

„Es soll richtig Leben in den Turm kommen“, sagt Leonie. Das gelte auch für den Garten, wo sie ein erstes Beet angelegt hat. Der könne gut gemeinschaftlich und generationenübergreifend genutzt werden. An schönen Tagen sitzen die beiden schon jetzt gerne dort – auch wenn noch alles etwas chaotisch ist. In Kürze wollen sie sich mit einem Kurzurlaub eine kleine Bau-Auszeit gönnen, schließlich ist man nicht nur Heimwerker-Duo, sondern auch ein Paar.

Das künftige Zuhause von Julian Siepmann und Leonie Peters: der alte Velberter Wasserturm.
Das künftige Zuhause von Julian Siepmann und Leonie Peters: der alte Velberter Wasserturm. © Julian Siepmann | Julian Siepmann

Danach soll es dann mit neuer Kraft weitergehen. Die Fugen des insgesamt rund 40 Meter hohen Turms müssen ausgebessert werden. Dafür will Julian ein altes Leiterfahrzeug kaufen. „Ein Gerüst wäre unter dem Strich teurer“, sagt er. Feuchtigkeit sei die größte Herausforderung. „Aber auch das bekommen wir hin“, ist Julian Siepmann zuversichtlich.

Die Baufortschritte können Interessierte auch auf Instagram verfolgen. Julian und Leonie gewähren unter @leben.im.wasserturm Einblicke.