Velbert. Mehr als 1000 laufende Fälle in Velbert: Die Stadt zahlt rund 2,85 Millionen Euro Unterhaltsvorschuss pro Jahr. Was das für Familien bedeutet.
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär‘ ... wie wahr doch dieser alte Spruch ist. Denn wenn es die Unterhaltsvorschusskasse im Velberter Rathaus nicht gäbe, dann würde so manches Kind mit seiner alleinerziehenden Mutter - Frauen sind in der Tat mit deutlichem Abstand die Meistbetroffenen - ganz ganz bitter im Regen stehen. Leben nämlich die Eltern eines Kindes getrennt, ist ein Elternteil zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Sollte dieser aber seiner Verpflichtung nicht nachkommen, springt der Steuerzahler ein. Alleine im vergangenen Jahr sind dafür in Velbert rund 2,85 Millionen Euro geflossen.
Acht Mitarbeiter bearbeiten im Velberter Rathaus die Fälle
Diese Summe nannte E. Tkaczuk auf WAZ-Nachfrage. Ihr insgesamt achtköpfiges Team - davon sind vier Vollzeitstellen - sei immer dann gefragt, so die Team-Leiterin Unterhaltsvorschusskasse, wenn Väter oder Mütter für minderjährige Kinder unterhaltspflichtig sind, sie aber entweder gar nicht zahlen wollen oder können oder aber sie zu wenig oder zu spät zahlen. „In der Regel“, sagt sie zum zeitlichen Ablauf, „haben die Berechtigten den Unterhaltsvorschuss nach zwei bis maximal drei Monaten auf dem Konto nach Vorlage eines vollständigen Antrags.“ Die Unterhaltsvorschusskasse gehört zum städt. Fachbereich Bürgerdienste und Soziales.
Bund und Land zahlen eine Hälfte
Die Leistungen der Vorschusskasse sind gedeckelt. Für Kinder bis zu fünf Jahren beträgt der monatliche Unterhaltsvorschuss 230 Euro, bis zum elften Lebensjahr sind es 301 und ab dem zwölften 395 Euro. Die Leistungen und somit auch die eingangs genannten nahezu drei Millionen Euro aus dem zurückliegenden Jahr bringen je zur Hälfte einerseits Land und Bund auf, schultert andererseits Velbert mit Geld aus dem städtischen Haushalt.
Es geht nach der Düsseldorfer Tabelle
Die eigentlichen Unterhaltsansprüche bzw. damit einhergehend -zahlungen können davon allerdings deutlich abweichen. Sie richten sich nach der so genannten Düsseldorfer Tabelle, erläutert Norbert Maurer, die alljährlich im Januar angepasst werde. Ein Erwerbstätiger mit 1600 netto im Monat, rechnet der Abteilungsleiter Sozialamt beispielhaft vor, habe einen Selbstbehalt, der nicht angetastet werde, in Höhe von 1450 Euro. Hinzu kämen pauschal fünf Prozent für berufsbedingte Aufwendungen. Er müsse 90 Euro Unterhalt zahlen. Im Fall von einem Netto in Höhe von 4000 Euro und einem Kind selben Alters komme man hingegen auf 490 Euro. Grundsätzlich sei es so, dass ein Kind einen Unterhaltsanspruch an seine Eltern habe, schildert der Abteilungsleiter die Lage. Meistens lebe es bei seiner Mutter, die für Pflege und Betreuung sorge. In den überwiegenden Fällen leiste der Vater Unterhalt analog zu seinem Einkommen und den Vorgaben der Tabelle.
Mehr Fälle, mehr Ausgaben, mehr Stellen
Zu steigenden Fallzahlen und Kostensteigerungen - nicht zuletzt durch die Notwendigkeit zwei weiterer Stellen - kam es vor einigen Jahren, als der Gesetzgeber die bis dato geltende Limitierung von sechs Jahren aufgehoben sowie die Befristung bis zum zwölften auf die Vollendung des 18. Lebensjahres angehoben hat. Allerdings muss die Mutter/der Vater ab dem zwölften Lebensjahr monatlich 600 Euro verdienen.
Freiwillige Zahlung ist selten
Aktuell sieht das Aufkommen im Rathaus so aus: „Wir hatten zum Stichtag Ende März 1067 laufende Fälle“, berichtet M. Ehrkamp. Hinzu kämen 1459 Fälle von Unterhaltungsheranziehung. „Dass jemand freiwillig zahlt, ist selten“, erzählt die Sachbearbeiterin für Unterhaltsheranziehung. Zumeist werde schon im ersten Schritt nicht der Aufforderung nachgekommen, seine wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen. Diese Weigerung habe zur Folge, dass man per Gesetz automatisch als voll leistungsfähig eingestuft werde. Anschließend bemüht die Stadt Gerichte, um Titel zu erwirken. Als letzte Stufe folgt die Zwangsvollstreckung. „Richtig schwierig wird‘s, wenn der Vater im Ausland lebt.“ Oder aber selbst Hilfe bezieht oder nur Mindestlohn bekommt. „Viele haben zwei oder drei Kinder“, heißt es; und: „Wir haben nur acht Prozent alleinerziehende Väter.“
Rückhol-Quote beträgt 18 Prozent
Laut Bilanz wird der gezahlte Unterhaltsvorschuss lediglich zum Teil wieder „eingetrieben“. Mit der derzeitigen „Rückhol-Quote“ in Höhe von 18 Prozent „sind wir im guten Landesschnitt“, ordnet E. Tkaczuk ein. 50 Prozent des zurückgeholten Geldes müssen an Land und Bund weiter gereicht werden; die übrigen 50 Prozent sind zugunsten der Stadt Velbert. „Damit können wir annähernd die Personalkosten decken“, kommentiert Norbert Maurer.
Hilfe von der Beistandsstelle im Beratungshaus
In besonders gelagerten Fällen, wenn sich das Kind bzw. dessen Mutter über den Unterhaltsvorschuss hinaus noch selbst um Unterhaltsgeld kümmern muss oder der Unterhaltspflichtige den Unterhalt berechnen lassen möchte, ist mitunter die so genannte Beistandsschaft der Stadt eine hilfreiche Anlaufstelle. Das Vierer-Team gehört zum Fachbereich Jugend und Familie sitzt im Beratungshaus an der Friedrichstraße 293.
Hier geht‘s zu Online-Infos
Das ist der Link zur Internet-Präsenz der Unterhaltsvorschusskasse der Stadt Velbert serviceportal.velbert.de/detail/-/vr-bis-detail/dienstleistung/75156/show. Der Unterhaltsvorschuss des entsprechenden Bundesministeriums ist auf www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/familienleistungen/unterhaltsvorschuss/unterhaltsvorschuss-73558 zu finden.