Velbert. Alle kommen aus einem Dorf und erinnern sich im Restaurant Pastamanufaktur an ihre Heimat. Warum es sie ausgerechnet nach Velbert verschlug.
Die Pastamanufaktur Bronzetti schloss am Samstagabend früher als sonst ihre Tür für Liebhaber der italienischen Küche, diente das Lokal doch als Treffpunkt für ein besonderes Ereignis. Noch ist Ruhe vor dem Sturm, noch sind die Stühle leer. Bevor die Gäste eintreffen, eilen Inhaberin Maria Bronzetti und ihre fleißigen Helferinnen und Helfer noch geschäftig hin und her, bereiten Häppchen vor. Bei aller Geschäftigkeit bleibt jedoch immer Zeit für einen kleinen Plausch mit ein paar Frühankömmlingen. Denn die Unterhaltung, das Miteinander, ist an diesem Abend mindestens so wichtig wie all die köstlichen Speisen.
Erwartet wird, aufgrund des begrenzten Platzes, ein kleiner Kreis Sizilianer, deren Wurzeln allesamt in einem kleinen Dorf namens Sant Angelo de Brolo liegen. Besonders kurios: Viele der damals Zugezogenen haben sich einigermaßen unabhängig voneinander für Velbert entschieden. Warum gerade Velbert? Das können sich die meisten auch nicht ganz erklären. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass die Stadt der Schlösser und Beschläge mit ihrer Industrie vielen Gastarbeitern – und eben auch italienischen – Arbeit bot, die in ihren Heimatländern nicht gegeben war. So verschlug es Bürger aus Sant Angelo di Brolo nach Deutschland, um Geld zu verdienen und sich beispielsweise ein Auto leisten zu können. Einige zogen später zurück, andere blieben in Velbert, holten ihre Familienmitglieder nach.
Die Treffen der Sizilianer haben eine lange Tradition in Velbert
Spezialität sind hausgemachte Nudeln
Pastamanufaktur Maria Bronzetti, Friedrichstraße 139 in Velbert-Mitte. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 11 bis 18.30 Uhr; Samstag von 11 bis 14 Uhr. Sonntag und Montag geschlossen.
Maria Bronzetti hat ihr Restaurant im November 2022 eröffnet. Alle Nudelsorten hier sind hausgemacht.
So bildete sich eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützte und immer weiter wuchs. Auch Treffen wie das in Maria Bronzettis Restaurant haben eine lange Tradition. Sie erinnert sich noch, wie es damals ablief. „Immer reihum in irgendjemandes Wohnzimmer. Man schob die Möbel beiseite und jemand holte das Akkordeon raus, es wurde gegessen, getanzt und gefeiert.“
Zum Teil kommt bereits die vierte Generation
Ähnlich geht es auch heute zu. Fröhlich, laut, temperamentvoll. Die Stimmung ist mediteran-gelassen, die ersten Gäste truedeln ein, sie haben Freunde und Verwandte im Schlepptau, teils schon aus der vierten Generation. Die Atmosphäre im Raum wechselt von ruhigem Wortwechsel zu ausgelassenem Gelächter und Geplauder. Die Begrüßungen sind herzlich, Handschläge, Umarmungen und Küßchen links-rechts werden ausgetauscht. Mittendrin auch Bürgermeister Lukrafka, zwar kein Italiener aber dennoch gern gesehener Gast in der Pastamanufaktur. Direkte Verbindungen zum Land, wo die Zitronen blühen habe er nicht, jedoch aber eine glühende Leidenschaft für Vesparoller und Maria Bronzettis Tomatensoßen. Für letztere begeistern sich seit der Eröffnung 2022 viele andere Velberter, und auch heute kriegen die Gäste eine kleine Kostprobe davon, was das Lokal kulinarisch zu bieten hat.
Ihre Heimat ist den früheren Dorfbewohnern wichtig
Es dauert ein wenig, bis sich alle zur Vorspeise gesetzt haben, doch trotz Essens und musikalischer Begleitung eines sizilianischen Hobbymusikers ebben die Gespräche nicht ab. Die Gemeinschaft hat sich eben immer viel zu erzählen, da ist es auch egal wie groß der Altersunterschied zwischen den Gesprächsteilnehmern ist. „Wir alle pflegen unsere Wurzeln“ berichtet ein Gast. Obwohl sich viele der Sizilianer, vor allem wegen der Kinder, letztendlich dazu entschieden haben, in Velbert zu bleiben: Die Heimat ist ihnen sehr wichtig.
Es scheint, als würde sich hier keiner nur zu einem Land zugehörig zu fühlen. „Wenn ich nach Sant Angelo di Brolo fahre, weiß ich genau wo ich einkaufen muss, wo meine Freunde sind. Und genau so ist es hier in Deutschland.“ erzählt ein junger Mann. Generell sind beide Heimaten hier ein wichtiges Thema für die Menschen. So wird später am Abend noch die Autorin eines Buches zu dem kleinen Dorf zugeschaltet sein, „Il mysterio e l‘inganno – Pensare, arrare e creare la Sicilia“ von Maria Bolognar ist in der Community vielen ein Begriff.