Wülfrath. In unserer Reihe „Vergessene Ausflugsziele“ geht es dieses Mal um ein ganz besonderes Bauwerk in Wülfrath, das heute leider nicht mehr existiert.
Wer heute die Landstraße 74 vom Wülfrather Hammerstein in Richtung Aprath hinabfährt – vorbei am alten Steinbruch Schlupkothen und an Feldern –, erahnt kaum, dass hier einst zahlreiche Ausflügler aus allen Städten des Umkreises unterwegs waren. Ihr Ziel war das hinter einer langgezogenen Linkskurve gelegene Schloss Aprath.
Serie: Vergessene Ausflugsziele
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Mittlerweile befinden sich dort nur noch die Reste der mittelalterlichen Wehranlage mit kleinem Rundturm und zinnenbewehrter Mauer – umgebaut zu einem Wohnhaus. Hinter der Befestigungsmauer ist nichts übriggeblieben vom einstigen Glanz. Und da sich das Gelände in Privatbesitz befindet, ist eine Zeitreise vor Ort auch nicht möglich.
Rittergut in Aprath wurde 1150 erstmals urkundlich erwähnt
Darum an dieser Stelle also der Blick in alte Unterlagen und das Buch „Haus und Schloss Aprath“ von Christian Nieske: Urkundlich erwähnt wurde der Rittersitz Abbatisrothe („Rodung des Abtes“) erstmals 1150. Über die Zeit wechselten die Hausherren des zunächst noch nicht besonders pompösen Gebäudes immer wieder – Mitte des 17. Jahrhunderts gelangte es schließlich in den Besitz des Adelsgeschlechts derer von Syberg. Freiherr Johann Abraham Friedrich von Syberg zu Aprath war es dann, der ab 1722 das spätere Schloss errichten ließ. Dafür wurden einzelne bereits bestehende Elemente genutzt, beispielsweise der Westturm und einzelne Wände des Herrenhauses.
Ab 1810 war das Schloss in bürgerlichem Besitz
1810 ging dann das Schloss in bürgerlichen Besitz über: Der Käufer Ernst Theodor Gottlieb Dewiz behielt das Anwesen jedoch nicht lange – es wechselte erneut den Besitzer und gelangte 1880 dann ins Eigentum von Carl Rumpff, Aufsichtsrat der Elberfelder Farbwerke und Landtagsabgeordneter. Er ließ das Hauptgebäude in der Form herrichten, wie es heute noch von zahlreichen historischen Ansichtskarten bekannt ist.
Schloss Aprath erhielt Warmwasser und seinen Neorenaissance-Stil
Es wurden Eisenträger eingebaut und ein Warmwasserheizungssystem installiert — beides hochmodern für die damalige Zeit, in der der Bau dann auch seinen endgültigen Neorenaissance-Stil erhielt. Bekannte Namen gingen fortan auf dem Schloss, das Rumpff als Privatwohnsitz nutzte, ein und aus. So auch der bekannte Chemiker Carl Duisberg, der danach über den „hübschen Anblick“ des Gartens und die „stolze, prächtige Burg“ schwärmte.
Bekannter Gastronom machte aus dem Schloss ein Ausflugsziel mit Lokal
Um 1900 übernahm der Gastronom Willi Bergmann das Anwesen. Er machte aus dem Schloss ein Ausflugsziel samt Lokal: Der Mühlenteich der benachbarten Aprather Mühle wurde als Gondelteich genutzt und war fortan Bestandteil des Schlossparks.
Zu dieser Zeit existierte auch noch der als Aussichtsturm genutzte Bergfried der mittelalterlichen Burg Aprath.
Ein Schloss zum Anfassen und Treffpunkt für Jung und Alt
Im Wülfrather Stadtbuch berichten Zeitzeuginnen: Das Schloss sei bis zum Zweiten Weltkrieg „eine Stätte der Erholung und des Vergnügens“ gewesen, ein „prächtiger Bau zum Anfassen“, heißt es beispielsweise in einem Text von Else Küllenberg und Christel Wengert. Regelmäßig habe man sich dort an den Wochenenden mit Freunden getroffen. Während man selbst Kaffee getrunken habe, hätten die Kinder im großzügigen Park spielen können.
Das Ende des einst so beliebten Ausflugsziels
Rund 30 Jahre lang bewirtschaftete die Familie Bergmann das Ausflugsziel, dann kam das Gebäude bei einer Versteigerung unter den Hammer. Der neue Eigentümer versuchte, das Schloss und vor allem den imposanten Rittersaal wieder stärker zu beleben. Der Zweite Weltkrieg machte diese Pläne jedoch zunichte. Im Schloss wurden Offiziere untergebracht und Material eingelagert, später kamen dort auch Zwangsarbeiter unter.
Das Gebäude verfiel nach dem Krieg mehr und mehr, wurde 1963 schließlich geräumt und bis Mitte der 80er-Jahre dann nach und nach abgerissen.
Warum sich auch heute ein Ausflug von Velbert nach Wülfrath-Aprath lohnt
Vergessene Ausflugsziele
In dieser Serie geht es um Ausflugsziele, die früher bei Velbertern und Heiligenhausern beliebt waren, die es aber gar nicht mehr oder nicht mehr in der ursprünglichen Form gibt.
Über welches in Vergessenheit geratene Ausflugsziel sollen wir noch schreiben? Machen Sie gerne Vorschläge: redaktion.velbert@waz.de.
Auch heute lohnt das zu Wülfrath gehörende Aprath jedoch einen Ausflug. Die Aprather Mühle am früheren Gondelteich, auf dem heute nur noch Enten und andere Wasservögel ihre Runden drehen, beherbergt einen Hofladen (vorher über Öffnungszeiten informieren), der eine breite Palette von Produkten anbietet: Wurstwaren, Kosmetikprodukte, frische Lebensmittel und vieles mehr. Der Honig stammt aus eigener Imkerei und wird von Bienen in der idyllischen Umgebung der denkmalgeschützten Wassermühle von 1504 produziert. Für Spaziergänger und Wanderer gibt es an den Wochenenden oft auch Gegrilltes.
Der beliebte Spazier- und Wanderweg, der am Mühlenteich und entlang der Düssel bis zur früheren Klinik Aprath führt, ist jedoch nach wie vor gesperrt, weil der Damm nicht mehr standsicher ist und es große Ausspülungen gab.
Auf einer Anhöhe, die von der Landesstraße 74 umrundet wird, steht außerdem – eingebettet in alten Baumbestand – das einst von Karl Rumpff gestiftete Kaiser-Wilhelm-Denkmal.