Velbert. Das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Velbert veranstaltet einmal im Jahr „Thementage“. Einen Schultag lang geht es um wichtige Aspekte des Lebens.

Angeregte Gespräche, neugierige Fragen und konzentrierte Stille erfüllen die Klassenräume des GSG. An sich keine ungewöhnliche Geräuschkulisse für das Velberter Gymnasium, doch heute lösen Themen wie Konfliktbewältigung oder Berufsorientierung die üblichen Grübeleien über Grammatik und Algebra ab.

Seit der Coronakrise sind die Thementage wieder ein fester Bestandteil des Schulprogramms. Meist am ersten Montag nach der Zeugnisausgabe veranstaltet, bietet das Projekt den Jugendlichen die Möglichkeit, abseits vom Schulstoff in wichtige Themen des (Zusammen-) Lebens zu schnuppern.

Medienscouts zweigen den Velberter Schülern sicher Passwörter

Der erste Blick in ein Klassenzimmer zeigt nichts Ungewohntes. Alle Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse sitzen brav auf ihren Plätzen und blicken zur Tafel, nur die Lehrkraft ist nicht zu sehen. Stattdessen stehen dort die Jungen und Mädchen der Medienscouts und berechnen mithilfe eines Computerprogramms die Sicherheit von Passwörtern.

Die Kinder arbeiten eifrig mit, bilden mit Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen ausgeklügelte Kombinationen. Einige so komplex, dass ein Computer mehrere Millionen Jahre bräuchte, um sie zu knacken. Sinn dahinter ist, den Kindern ein Gespür für Sicherheit im Netz zu geben. Auch die seelische und körperliche Unversehrtheit kann im Internet in Gefahr sein, im Raum nebenan klären die Scouts deshalb mithilfe ihres Lehrers über Cybermobbing und daraus entstehende psychische Probleme auf.

Auch wie ein Verband richtig angelegt wird, wurde gezeigt.
Auch wie ein Verband richtig angelegt wird, wurde gezeigt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Ein Theaterstück rund um das Thema „Mobbing“

Mobbing kann jeden treffen, das zeigt das Theaterstück „Tatverdächtige“. In der Turnhalle sitzen die Kinder der sechsten Klasse in einem Kreis um einen Kasten herum, auf dem ein verängstigt wirkender Darsteller steht. „Olaf“ muss sich von den als Schülern verkleideten Schauspielern Beleidigungen und Gewalt gefallen lassen.

Der Aufbau der „Bühne“ und die imposante Geräuschkulisse versetzen die Schüler mitten in die Situation hinein, plötzlich sind sie Beteiligte statt nur Beobachter. Spannung und Anteilnahme sind spürbar, auch die anwesenden Lehrerinnen und Lehrer wirken betroffen.

Notärztin gibt Unterricht in Erster Hilfe

Um den Inhalt des Theaterstücks zu erklären und zu vertiefen, treten die Darsteller in direkten Austausch mit den einzelnen Klassen. Die Kinder sammeln gemeinsam mögliche Mobbingsituationen und diskutieren ihre Gefühle dazu. Eines ist den Sechstklässlern danach klar, Ausgrenzung und Hänseleien haben hier keinen Platz!

Eine Stufe darüber gibt es etwas ähnlich wichtiges zu lernen. Mithilfe einer Velberter Notärztin machen die Lehrer der siebten Klasse ihre Schüler in erster Hilfe fit. In der Mitte des Zimmers steht Notfallequipment aller Art, drumherum bereits „verarztete“ Jugendliche, mit Verband um den Kopf, in Notfalldecken eingewickelt.

Medienscouts übten mit den Fünftklässlern sichere Passwörter anzulegen.
Medienscouts übten mit den Fünftklässlern sichere Passwörter anzulegen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Thementage sind cool“

Ein wenig sicherer fühlten sie sich durch den Kurs schon, berichten zwei der Siebtklässler, ein besonderes Highlight sei definitiv das Kunstblut gewesen, da sind sich die Teilnehmer einig. Im Allgemeinen nehmen sie die Thementage als „cool“ wahr, die neuen Anregungen nehmen sie gern an.

Reden über Sexismus

Für ältere Schülerinnen und Schüler steht das Erwachsenwerden beim diesjährigen Thementag im Vordergrund. Im Erdkunderaum gehts es mit den Jungen der achten Klasse um Sexismus. Ein Schüler berichtet reflektiert über ein Lernvideo zum Thema Catcalling, auch das Videoprojekt „Männerwelten“ von Joko und Klaas stellt der Lehrer vor.

Das Material hat Betroffenheit unter den Jungen ausgelöst. Die gemeinsame Aufarbeitung ergibt eindeutig, dass Belästigung jeder Art schlimme Folgen für die Opfer hat. Ebenso spielt auch das Geschlechterbild des Mannes eine Rolle im Workshop. Die große psychische Belastung, die soziale Medien und gesellschaftliche Ansprüche bei jungen Männern hervorrufen können, ist schließlich ebenso relevant wie die psychische Gesundheit junger Frauen.

Die schwierige Berufswahl

In der Oberstufe ist das diesjährige Thema allgegenwärtig - die Berufswahl. Die Schüler blicken dem Beruf eher verunsichert entgegen. „Die große Auswahl macht es schwierig, sich für einen Weg zu entscheiden,“ sagt die Lehrerin Katrin Seim. Mit ihrem Workshop möchte sie die jungen Erwachsenen auf ungewöhnlichere Berufswege aufmerksam machen. „Viele denken, dass die Coolen studieren. Das sehe ich nicht so.“

Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler hat sich bisher noch nicht festgelegt. Viele zielten auf ein Gap-Year, bevor sie sich endgültig entscheiden, so die Lehrerin. Man solle „nur keine Angst haben, die falsche Entscheidung zu treffen“, der Berufsweg sei schließlich nicht vorbestimmt.