Velbert/Kreis Mettmann. Sonja Sironen hat schon viel von der Welt gesehen. Dann wurde sie mit ihrer Inhaberin-geführten Natur-Kosmetik-Manufaktur in Velbert sesshaft.
Es gibt Redewendungen, die sind recht überstrapaziert und Klischee überfrachtet. Und dennoch passen sie zuweilen einfach richtig gut. So sagt Sonja Sironen stets „Für mich war’s geradezu ein Sprung ins kalte Wasser“, wenn sie erzählt, wie sie im Sommer 2021 erstmals ihre eigene Firma aufgeschlossen hat. Hochwasser in Velbert, auch für den Deilbach gab’s damals kein Halten mehr: Halle und Büro der „M. W. Naturprodukte GmbH“ in dem kleinen Gewerbegebiet an der Kohlenstraße standen anderthalb Meter hoch voll Wasser und Schlamm. Die IT abgesoffen, das Archiv ebenfalls, die Produkte im Lager verdorben. „Ich habe bei null Komma drei neu angefangen.“ An der 50-jährigen Unternehmerin kann es nicht liegen, dass hierzulande immer noch deutlich weniger Frauen als Männer ein Unternehmen gründen.
Das macht jetzt die auch für den Kreis Mettmann zuständige IHK Düsseldorf zum Thema, nimmt ausführlich eine NRW-weite Studie unter die Lupe.
Biographie der Wahl-Velberterin ist außergewöhnlich
Sironen - „Langweilig können andere machen“ - stammt aus Dortmund, wuchs in Witten auf, machte auf Sri Lanka eine professionelle Ausbildung in klassischem indischen Tanz und gründete für deren Finanzierung dort eine ayurvedische Kurklinik mit; weitere zehn Jahre absolvierte sie auf Hawaii ein akademisches Tanzstudium, baute in Honolulu den Master of Business Administration und gründete mit ihrem Mann ein Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel. Es schlossen sich noch drei Jahre auf Tahiti an. Und dann kamen zwei Dinge zusammen.
Sohn sollte in Deutschland groß werden
Der älteste Sohn Kalle, damals fünf Jahre alt, sollte in Deutschland in eine Wald-Kita und zur Schule gehen, sollte hier aufwachsen. Also zogen die Sironens vor nunmehr neun Jahren nach Velbert-Langenberg. Kalle hat jetzt zwei Brüder: Emil (11) und Hugo (6). Zweitens intensivierte Maria Wißler - Namensgeberin sowie Vorbesitzerin der Firma und Protagonistin bzw. Pionierin in Sachen Natur-Kosmetik - den stets aufrecht gehaltenen Kontakt zu Sonja Sironen, die sie bei einem Kuraufenthalt auf Sri Lanka kennengelernt hatte.
Einmalige Gelegenheit genutzt
Wißler habe mehrfach angefragt; und irgendwann sei bei ihr „der Groschen gefallen“, dass man sich „solch eine Gelegenheit nicht entgehen lassen sollte“, blickt Sonja Sironen zurück. Letztlich lief alles geradewegs auf eine Nachfolge bzw. Übernahme heraus. Maria Wißler, deren schwarzer (Glücks-)Kater Trouvie Logo-Katze geworden ist, habe sie von Anfang an überall mit hingenommen, sie mit Kunden und Geschäftspartnern bekannt gemacht.
Zertifizierte Natur-Kosmetik
Die Domäne ist rein dekorative zertifizierte Natur-Kosmetik, also ausschließlich Make-up: Concealer (zum Abdecken), Effekt-Puder, Lippen-Produkte, Lidschatten, Wimperntusche, Kajal- und Augenbrauen-Puderstifte, vor allem Make-up-Puder und vieles mehr. „Wir haben zertifizierte Natur-Kosmetik, produzieren teils mit Subunternehmen in Deutschland und Europa; teils stellen wir auch selbst her, kaufen dafür die Rohstoffe, mischen und füllen ab.“ Konventionelle Kosmetik habe 4000 bis 5000 Farben, „wir vielleicht um die 50“.
Hebel zum Gestalten
Die Produkte des siebenköpfigen Teams - Motto: „Einfach, natürlich, vollendet“ - würden an den Großhandel verkauft; größte Kunden-Gruppen seien Bioläden, Natur-Friseure und -Kosmetiker. Das Geschäft bedeutet und erfordert jede Menge Handarbeit; der Begriff „Manufaktur Make-up“ spiegelt das. Die Artikel seien „schon hochpreisig“, meint Sironen, „aber es ist eben auch keinerlei Schnickschnack drin.“ Und die Produkte seien sehr ergiebig. Über die Lust zum Unternehmertum hinaus schätzt sie es, „Hebel“ in der Hand zu haben. Etwa den Hebel, um für Mitarbeiter vernünftige Arbeitsverhältnisse zu schaffen, oder den, zu entscheiden, „woher ich die Rohstoffe beziehe“.
IHK hat Beratungsbedarf im Fokus
„Gründerinnen legen häufig Wert auf eine gründliche Vorbereitung ihrer Selbständigkeit. Besonders wichtig sind ihnen konkrete Beratungsleistungen, z. B. zu den Themen Geschäftsidee, Businessplan und Finanzierung“, erklärt Dr. Nikolaus Paffenholz, Leiter Unternehmensservice der IHK. „Wir achten deshalb darauf, diesen Bedarf stets im Blick zu haben und unser Beratungsangebot darauf zuzuschneiden.“
Familie und Beruf unter einen Hut bekommen
Der Anteil von Frauen in der Beratung der Kammer liege leicht über dem am Gründungsgeschehen insgesamt. Dass die Gründungslandschaft in NRW nach wie vor stark männlich dominiert sei, zeige sich allerdings auch im IHK-Bezirk. Die Kammer wolle deshalb das Gründungs- und Nachfolge-Klima für Frauen verbessern. Zudem nimmt bei gründenden Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine zentrale Rolle ein.
Enormes Potenzial bleibt ungenutzt
In NRW liegt der Anteil der Start-up-Gründungen durch Frauen sogar unter dem Bundesdurchschnitt. Mit dieser Unterrepräsentation bleibe ein enormes unternehmerisches und volkswirtschaftliches Potenzial ungenutzt, mahnt die IHK. Paffenholz: „Ein positives Umfeld und ein Netzwerk sind relevant für potenzielle Geschäftsbeziehungen sowie den Austausch untereinander. Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, nebenerwerbliche Gründungs- und Nachfolgemöglichkeiten sichtbar zu machen und grundsätzlich für weibliches Unternehmertum zu sensibilisieren.“ Das Aufzeigen dieser Modelle und das Präsentieren weiblicher Vorbilder sei deshalb ein besonderes Anliegen der IHK Düsseldorf.
Mit dem Nachfolgepreis geehrt
Interessenten finden die Studie „Gründen und Nachfolgen durch Frauen in NRW“ auf der Website der IHK Düsseldorf. Sie ist ein Kooperationsprojekt von IHK NRW und der Bergischen Universität Wuppertal. Übrigens: Im September hat Sonja Sironen den Nachfolgepreis NRW erhalten.
>>> Einkaufen auch im Online-Shop
Die Bestellungen über den firmeneigenen Online-Shop machen etwa 15 Prozent des Gesamt-Umsatzes aus.
„Wir schicken alles von hier aus mit DHL raus und bringen es auf den Weg“, erzählt Sonja Sironen. Kontakt über die Internet-Adresse www.marie-w.de.