Velbert. Menschen, die länger ohne Job waren, müssen das Arbeiten erst wieder lernen. Dafür gibt es spezielle Angebote, vielleicht aber nicht mehr lange.
Sie haben Kinder erzogen, waren psychisch krank, können unsere Sprache noch nicht gut sprechen oder waren einfach lange ohne Job. Um ihnen wieder eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben, sind die sogenannten Arbeitsgelegenheitsstellen (AGH) geschaffen worden. Doch im Bundeshaushalt 2024 und 2025 werden die Gelder für diese Maßnahme zusammengestrichen, insgesamt 1,4 Milliarden Euro sollen wegfallen.
Die Proteste gegen diese Streichungen im Haushalt des SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums werden massiver, auch die katholischen Fachverbände der Beschäftigungsförderung im Kreis Mettmann schlagen Alarm. Sie befürchten drastische Auswirkungen und sehen etablierte Strukturen im Kreis gefährdet. Unterzeichnet hat auch der SKFM Velbert.
Velberter Einrichtung hat eine lange Warteliste
„Die finanziellen Mittel für die Maßnahmen sind bereits gekürzt worden, statt vorher 32 Menschen beschäftigen wir derzeit nur noch 26 sogenannte AGH-Kräfte“, sagt Stefan Hagel, stellv. Geschäftsführer des SKFM Velbert/Heiligenhaus. Aber der Bedarf sei da: „Wir haben eine Warteliste auf die Plätze – mit zwölf Arbeitssuchenden“, erklärt er weiter.
Bedarf könnte noch steigen
Und der Bedarf könnte weiter steigen, der Arbeitsmarkt insgesamt zeigt sich derzeit weniger stabil, die Zahl der Bedarfsgemeinschaften für das Bürgergeld ist im Kreis Mettmann auf 7,9 Prozent gestiegen. Im Kreis sind, nach Angaben der Agentur für Arbeit 6753 Menschen länger als ein Jahr ohne Arbeit, gelten als Langzeitarbeitslose. Und dennoch soll weiter gestrichen werden.
„Ein Weniger an Plätzen bedeutet auch ein Weniger an beruflicher und sozialer Teilhabe für die betroffene Personengruppe der Langzeitarbeitslosen. Ein Weniger an sinnstiftender Tätigkeit, die auch gerade im Bereich Sozialkaufhaus, Radstationen, Kita-Einrichtungen und Altenheimen allen zugutekommen,“ schreiben die Verbände in ihrem Brandbrief.
Qualifikationen in verschiedenen Bereichen
Der SKFM Velbert qualifiziert die Langzeitarbeitslosen in verschiedenen Bereichen. In der Wäscherei wird ein niederschwelliges Aufgabengebiet angeboten. Hier wie in allen Angeboten wird auch hier auf Pünktlichkeit geachtet, wird motiviert und auch Fachkompetenz vermittelt. Gespendete Kleidung wird so aufbereitet, dass sie in den beiden Secondhand-Läden des SKFM verkauft werden kann. In diesen Läden lernen die Mitarbeitenden dann neben den Grundkompetenzen auch die Kommunikation mit den Kunden und Warenpräsentation.
Viel Kreatives entsteht
Den Laden in Heiligenhaus gibt es bereits seit 16 Jahren und auch der „Fratz“ in der Birth wird gut angenommen. Viele Kreatives verlässt die Schneiderei. Hier ist selbstständiges Arbeiten gefragt, deshalb ist dieses Bereich auch etwas anspruchsvoller. Auf Flohmärkten begehrt etwa sind die Taschen, die in der Schneiderei aus alten Bannern und Planen gefertigt werden. Und Kleiderspenden werden aufgearbeitet.
Auch in Kitas und im offenen Ganztag
AGH-Mitarbeiter werden aber auch in Kitas und im Offenen Ganztag als Helfer und Helferinnen bei der Essenausgabe oder zu Ausbesserungsarbeiten eingesetzt. Und auch in der Haustechnik, bei den Hausmeistern und bei der Gartenarbeit, finden sich Einsatzorte.
„Unsere Secondhandläden sind dazu ja auch noch ein Beitrag zu Daseinsvorsorge. Hier können sich Menschen, die weniger haben, mit Kleidung eindecken“ führt Stefan Hagel aus. „Das ist nachhaltig, sozial und fair“.
„Wieder Teil der Gesellschaft“
Und wichtig sind sie natürlich ganz besonders für die Teilnehmer an den Maßnahmen. „Die Maßnahme ist sehr sehr wichtig. Alle (Hartz IV-Empfänger) müssten so eine Aufgabe bekommen. Man fühlt sich gebraucht und nicht so nutzlos, man ist wieder Teil der Gesellschaft, man geht doch arbeiten“, brachte es eine Teilnehmerin auf den Punkt.
Für jungen Menschen
Um all das fürchten die katholischen Anbieter im Kreis Mettmann nun. Und noch eine Maßnahme der Bundesregierung geht ihnen gegen den Strich. Für die Arbeitsvermittlung junger Menschen, die unter 25 Jahre alt, ohne Job und Bezieher von Bürgergeld sind, soll künftig die Agentur für Arbeit zuständig sein. bislang lag Bürgergeld und Vermittlung in einer Hand beim Jobcenter lag. Auch hier soll gespart werden. War die Vermittlung beim Jobcenter durch Steuern finanziert, bezieht die Bundesagentur für Arbeit ihre Mittel aus den Beiträgen aller Arbeitnehmer.