Langenberg. Drei Tage lang gab es in Velbert-Langenberg hochkarätig besetzte Konzerte beim Langenberg Festival. Die Organisatorin zieht eine positive Bilanz.
Nunmehr zum neunten Mal fand das „Langenberg Festival“ statt, das von der Geigerin Nina Reddig ins Leben gerufen worden ist und nach wie vor von ihr geleitet wird; außerdem gehörte sie stets auch zur Riege der aktiv Mitwirkenden.
Diese langjährige Tradition in der Langenberger Musikszene fand am vergangenen Wochenende im Saal der Vereinigten Gesellschaft (VG) eine bemerkenswerte Fortsetzung, und ein voll besetzter Raum dürfte wohl als Zeichen der hohen Akzeptanz gewertet werden können.
Briefe und Musik zur Eröffnung des Langenberg Festivals
Mit dem weit ausgreifenden Motto des Festivals „Hoher Himmel, tiefe Erde“ hatten die Künstler einen Aktionsraum gesetzt, der an drei Abenden mit Musik und Dichtung klassisch-romantischer Provenienz gefüllt werden sollte – ein ebenso reizvolles wie spannendes Unternehmen.
Für die Eröffnungsveranstaltung nun hatten sich Nina Reddig (Violine), die armenische Pianistin Lilit Grigoryan und Wolfram Boelzle (Rezitationen) Musikwerke sowie Briefzitate von Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert ausgesucht, deren vielschichtiger Gehalt und deren prägnante Aussagen die Lebenserfahrungen zweier Komponisten in ein Verhältnis zu ihrer Musik setzen sollten.
Gegensatz zwischen banalem Alltag und Hochkultur
Damit war dem Publikum ein Aufgabe gegeben; nicht ganz leicht zu bewältigen, die himmlische Welt der schönen Klänge mit einem oft trivialen, bedrückenden Lebensraum des Irdischen in eine Beziehung zu setzen, um aus diesem Gegeneinander Rückschlüsse in Bezug auf das Konzertmotto zu gewinnen, Bestätigungen dafür zu finden oder nicht.
Nehmen wir Mozart. Wohl bei kaum einem anderen Komponisten der Musikgeschichte besteht eine derart riesige Kluft zwischen einer manchmal allzu menschlichen Biografie, in der Chaos und Unordnung wie auch Erfolglosigkeit ihren Platz hatten, und einer apollinischen Kunst reiner, musikalischer Schönheit.
Exzellente Darbietung der Beteiligten
Mit einem der frechen, anzüglichen, ja obszönen „Bäsle-Briefe“ Mozarts an seine Cousine gelang es Wolfram Boelzle in bühnenreifer Darstellung, den Menschen Mozart in seiner oftmals kapriziösen Art auferstehen zu lassen – exzellent die Darbietung Mozartscher Wortspiele.
In Gegenüberstellung dann dazu die unendliche Schönheit der Violinsonate G-Dur KV 301, die Reddig und Grigoryan mit forschem Zugriff aber eben auch mit der ihr innewohnenden makellosen Schönheit schlackenrein interpretierten – wohlabgestimmt in der Dynamik, elegant im Gestus, nicht ohne technische Brillanz, wenn erforderlich. Welch ein Unterschied in diesem Werk zu Mozarts brieflichen Einlassungen…
„Gipfelpunkt der Interpretationskunst“
Das zweite Musikwerk des Abends markierte gleichsam den Gipfelpunkt aller Interpretationskunst. Schuberts Aufzeichnungen „Mein Traum“ führten – sinnreich gesprochen – in die Gedankenwelt einer so sehr an der Trivialität des Alltags leidenden Seele ein, dass der schreiende Gegensatz zwischen dem Hier und Jetzt einerseits und einer himmlischen Welt der Erlösung andererseits ergreifend spürbar wurde.
Als getreues Abbild dieser irdischen Situation diente da die ausgedehnte Fantasie C-Dur, Deutsch-Verzeichnis 934, für Violine und Klavier, ein hochromantisches Stück voller heftiger Gefühlswendungen, ein beredtes Abbild der Psyche Schuberts.
Studien in Sachen Lebensgefühl
Hier wirkten zwei versierte Künstlerinnen in kongenialer Weise zusammen, ließen das Wesen dieser weitläufig dimensionierten Studie in Sachen Lebensgefühl immer wieder prägnant wahrnehmbar erscheinen, ließen die „bösen Lebenserfahrungen“ eines an der Welt leidenden Menschen zu Wort kommen.
Das alles war klug durchdacht dargeboten, in akribischer Feinarbeit mit technischem Bravour. Den lang anhaltenden Applaus belohnten alle Mitwirkenden mit Schuberts „Mondnacht“ als Zugabe. Ein gelungener Abend zum Auftakt des diesjährigen „Langenberg Festivals“.
Nina Reddig: „Bin rundum glücklich“
Organisatorin Nina Reddig ist nach dem Ende des Festivals „rundum glücklich“, sagt sie. „Es war eine runde Sache, die Chemie mit den Künstlerinnen und Künstlern hat gestimmt. Es war so toll, wie sie meine Idee aufgegriffen und verinnerlicht haben.“
Besonders gefreut hat die Festival-Chefin, dass die Uraufführung des Cellisten Leonid Gorokhov „so gut angekommen ist“. Der Musiker hatte eigens für das Langenberg Festival ein Stück komponiert, „und es ist ja immer ein bisschen riskant, etwas völlig Neues zu spielen.“ Aber die Resonanz habe sie bestärkt, dass sich das Risiko gelohnt habe: „Ich bleibe mutig und werde auch in Zukunft immer mal wieder etwas Experimentelles wagen.“
Konzert mit Stargast im Mai 2024
Zwar blieben an den Konzertabenden in der Vereinigten Gesellschaft einige wenige Stühle frei, „aber ich bin ja auch von der Wintersession verwöhnt“, räumt Nina Reddig lachend ein. „Da war das Interesse so groß, dass wir gar nicht mehr alle Interessierten einlassen konnten.“
Und da sie auch zum Langenberg Festival bereits viele positive Rückmeldungen bekommen habe, gehe sie nun frohen Mutes an die Planung der 2024er Auflage: „Das wird das zehnte Festival und dazu wird es schon im Mai ein Konzert geben“, kündigt sie an: „In Kooperation mit der Stadt Velbert, im Bürgerhaus und mit einem besonderen Stargast.“