Velbert/Kreis Mettmann. Die Handwerker in der Region registrieren seit Jahren eine nachlassende Zahlungsmoral. Das kann katastrophale Folgen für die Betriebe haben.

Im Nordkreis wird eine Immobilie zwangsversteigert. Zu den vielen Außenständen in diesem Zusammenhang gehört auch ein nennenswerter sechsstelliger Betrag, der einem Handwerksbetrieb zusteht. Der darf sich nun bei den Gläubigern einreihen. Und warten, und hoffen.

Ein Dachdecker-Unternehmen führt für mehr als 100.000 Euro einen aufwendigen Dachumbau durch. Schon bald versucht der Auftraggeber, Mängel geltend zu machen. Es stellt sich rasch heraus: Er wollte von Anfang an nicht bezahlen. Der Meisterbetrieb musste letztlich satte 30.000 Euro in den Wind schreiben.

„Die Zahlungsmoral lässt schon über Jahre nach“, sagt Simon Taps. Fälle von Zahlungsverweigerung, berichtet der stv. Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft (KH) Mettmann auf WAZ-Anfrage, seien „eigentlich an der Tagesordnung“.

Zahlungsverweigerung trifft kleine Betriebe härter

Simon Taps ist stv. Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft (KH) Mettmann.
Simon Taps ist stv. Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft (KH) Mettmann. © KH Mettmann | KH Mettmann

Folgen von Insolvenzen, wie eingangs skizziert, seien allerdings nicht „das Riesenthema. Grundsätzlich sind solche Fälle selten. Aber ein (Teil-)Ausfall oder eine Zahlungsverweigerung kann natürlich vor allem einen kleineren Betrieb in die Knie zwingen und ihm das Genick brechen“, schildert Taps die drohenden, folgenschweren Konsequenzen.

Ausgaben und Verpflichtungen laufen ja weiter

Denn schließlich laufen die permanenten Kosten und Ausgaben der Betriebe ja weiter. Dazu gehören u. a. vor allem Löhne für die Mitarbeiter, der eigene Verdienst, Aufwand für den Betriebssitz, Pflichtbeiträge etwa an die Berufsgenossenschaft, Kfz-Leasingraten, Versicherungen und weiteres mehr.

Versuche zu kürzen

„Der Sachverhalt, dass jemand von vornherein nicht vorhat zu zahlen, kommt in unserer Rechtsberatung aktuell nicht vor“, schildert Michael Bier, Leiter der Rechtsabteilung bei der Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf, die Lage. Deren Pressesprecher verweist zudem auf den Bericht der Auskunftei „Creditreform“, demzufolge die Zahlungsmoral zumindest bei kommunalen Auftraggebern im Durchschnitt „leicht besser“ geworden sei. Der Zahlungseingang von privater Seite sei seit Jahren stabil, so Alexander Konrad weiter. Allerdings versuchten private Auftraggeber durchaus, „hier und da an der Rechnung etwas zu kürzen“.

Forderungsmanagement und Inkasso für Mitglieder

Das strukturelle Problem: In der Regel geht der beauftragte Betrieb immer auch beim Materialkauf in Vorleistung.
Das strukturelle Problem: In der Regel geht der beauftragte Betrieb immer auch beim Materialkauf in Vorleistung. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Letzteres registriert man auch bei der Kreishandwerkerschaft. „Darüber klagen viele“, erzählt Simon Taps. „Das wird oft an Kleinigkeiten aufgehängt, es werden einfach irgendwelche Nichtigkeiten angeführt.“ Für die Betriebe sei das Ganze mehr als ärgerlich, sie müssten ihrem Geld hinterherrennen: „Das kostet Zeit und Geld.“ Hier bietet die KH ihren Mitgliedern einen Service an, indem sie sich um Forderungsmanagement und Inkasso kümmert und die jeweiligen Werklohnforderungen geltend macht, wenn Auftraggeber nicht zahlen wollen.

Um die Existenz geht es „äußerst selten“

Es handele sich nicht unbedingt um „Riesensummen“, schildert der stv. Geschäftsführer die Dimensionen. Die Bandbreite reiche vom Wasserhahn für 250 Euro bis hoch „auch zu 80.000 oder 90.000 Euro“. Gerade bei größeren Projekten seien es aber auch schon mal 100.000, „da ist man dann ganz schnell dabei“. Fünfstellige Fälle seien leider „eigentlich an der Tagesordnung“. Gott sei dank seien allerdings „durchschlagende Fälle“, die tatsächlich die Existenz kosteten, nur „äußerst selten“.

Immer erstmal in Vorleistung

Erschwerend komme grundsätzlich in der Branche hinzu, dass es ein „strukturelles Problem“ gebe. Der Handwerksbetrieb gehe immer erstmal in Vorleistung. Das gelte nicht nur für die Arbeitsleistung, sondern auch für das benötigte Material. Es gebe wohl das Instrument von Abschlagsrechnungen, die nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich seien und dann ggf. vorher ausdrücklich vereinbart werden müssten, ergänzt Simon Taps, „aber das kommt bei Standard-Aufträgen, wie sie die Regel sind, allenfalls selten vor.“

>>> Allein 5400 Betriebe im Kreisgebiet

Die Kreishandwerkerschaft Mettmann vertritt die Interessen von insgesamt rund 5400 Betrieben im Kreis Mettmann. Sie ist zudem das organisatorische Dach und die gemeinsame Geschäftsstelle für die ihr 13 angeschlossenen Innungen mit mehr als 1200 freiwilligen Mitgliedsbetrieben.

Der Bezirk der Handwerkskammer Düsseldorf entspricht dem Gebiet des Regierungsbezirks Düsseldorf. Ihm gehören mehr als 59.000 Handwerksunternehmen und rund 5,2 Millionen Einwohner an.