Velbert. Beim Bauprojekt auf dem Hertie-Areal herrscht jetzt Stillstand. Die Gründe sind nicht Velbert-spezifisch. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben.
Still ruht der See, der sich in dem Loch auf dem ehemaligen Hertie-Areal gebildet hat und jetzt augenscheinlich weitgehend ausgetrocknet ist. Doch nicht nur er ruht. Dass sich auf dem Gelände zwischen Friedrich-, Grün- und Offerstraße sobald nichts tun würde, war sehr wohl absehbar, als der renommierte Projektentwickler „Interboden“ im September letzten Jahres sein Vorhaben „Stadtquartier offen & grün“ präsentierte und der Beginn der Bauarbeiten mit frühestens 2025 benannt wurde.
Nicht absehbar war zu dem Zeitpunkt hingegen, dass das Projekt an dieser besonderen Stelle der Velberter Innenstadt jetzt erst einmal ganz auf Eis liegt. „Wir möchten es ruhen lassen und im Augenblick nichts machen“, erklärte Dr. Reiner Götzen auf WAZ-Anfrage. Er ist Geschäftsführer und Mitinhaber der „Interboden“-Gruppe (Ratingen).
Massive Zurückhaltung auch außerhalb Velberts
Es gebe null Nachfrage, so Götzen zu den Überlegungen und Beweggründen. Die Entscheidung sei bei „Interboden“ im April getroffen worden. „Kein Mensch mietet was, kein Mensch kauft was“, so Götzen weiter. In Frankfurt gebe es zum Beispiel einen Rückgang der Transaktionen um 90 Prozent. Und aus der NRW-Landeshauptstadt gibt es Meldungen, denen zufolge die Nachfrage nach Wohnungen in Neubau-Projekten merklich rückläufig ist.
Allenthalben riesige Verunsicherung
„Neubau ist zurzeit sehr schwierig. Wir merken, dass auch außerhalb überall Projekte zurückgestellt werden. Der Verkauf ist schwierig; die Projektentwickler müssen erst einmal sehen, das zu vermarkten, was sie im Bestand haben“, beschreibt Dirk Lukrafka – ebenfalls auf Nachfrage der WAZ – die Lage. „Der Markt hat sich zuletzt unglaublich gedreht“, so der Bürgermeister weiter, „es herrscht eine riesige Verunsicherung.“ Die Resonanz auf Anmietung und Verkauf sei „sehr sehr schwierig“.
Grundstück gehört der Stadt Velbert
Sowohl die Stadtspitze, die von einem regelmäßigen „und immer sehr partnerschaftlichen“, 14-tägigen Austausch mit „Interboden“ berichtet, als infolge entsprechender Infos in nichtöffentlicher Sitzung wohl auch die Politik sind über den „Interboden“-Kurs im Bilde. Das Grundstück ist seit 2017 im Eigentum der Stadt Velbert.
Zinsen, Kosten und Standards
Laut Jörg Ostermann gehen die Herstellungskosten pro Quadratmeter an die 5000 Euro. Das sei besonders für ein solches Projekt wie das in Velberts City mit einem großen Paket an Wohnungen enorm schwierig, kommentiert der Baudezernent die Auswirkungen. Die Zinsen seien schlecht, die Baukosten immens gestiegen, die Standards überbordend „und es gibt keine Zuschüsse mehr“, zählt Ostermann die maßgeblichen nachteiligen Faktoren auf.
Entweder etwas Hochwertiges oder gar nichts
Lukrafka zum weiteren Vorgehen: „Wir möchten das Projekt nicht irgendeinem überlassen. Das ,Interboden’-Konzept hat uns überzeugt. Es ist hochwertig und entspricht nach wie vor unseren Vorstellungen. Dort kommt entweder etwas architektonisch Hochwertiges oder gar nichts hin“, betont der Bürgermeister. Sollte die Zeitschiene allerdings noch länger werden, müsse man schauen, wie man die Fläche zugänglich machen und gestalten könne.
Bebauungsplanverfahren läuft bald an
„Wir werden uns in Geduld üben müssen“, meint Jörg Ostermann. Um nicht in einen Zeitverlust hineinzulaufen, „werden wir in der zweiten Jahreshälfte die Bebauungsplan-Aufstellung in Angriff nehmen“. Schließlich wolle man „parat stehen“, wenn ein Projektentwickler „oder auch ,Interboden’“ auf dem Areal investieren und tätig werden wolle. Das Verfahren werde etwa anderthalb Jahre in Anspruch nehmen. In welche Richtung die Planaufstellung gehen werde? „Die sieht so aus, dass wir das Projekt von ,Interboden’ realisieren können.“
„Interboden“ will am Ball bleiben
Nachhaltiges Interesse ist offenkundig beidseitig vorhanden. „Wir möchten gerne an dem Projekt festhalten“, betonte Reiner Götzen in dem Gespräch mit dieser Zeitung. Das Hertie-Grundstück sei „eine der spannendsten Lagen in Velbert“, das Stadtquartier-Projekt trage „ganz wesentlich zur Aufwertung der Fußgängerzone im oberen Teil bei“.
>>> Grün soll eine gewichtige Rolle spielen
Das Bebauungskonzept„Stadtquartier offen & grün“ für die 7500 qm große Fläche greift vom Titel her die Namen der Offer- und der Grünstraße auf.
Zudem deutet der Name darauf hin, dass Grün eine große Rolle spielt und das Konzept offen für Anregungen und Impulse ist.
Vorgesehen sind nach Stand September 2022 rund 14.000 qm Gebäude-Gesamtfläche, die sich auf etwa 100 Wohnungen, auf Büros und Handel sowie Gastronomie und Eventfläche verteilen.