Wülfrath/Kreis Mettmann. Der Polizist wollte drei bewaffnete Tankstellenräuber stoppen – und wurde von einem der Täter kaltblütig erschossen. Gedenken am Tatort.
Den 10. Januar 1993 wird kein Polizist, der damals im Kreis Mettmann im Einsatz war, jemals vergessen. Und auch jüngere Beamtinnen und Beamte werden durch eine Tafel im Gebäude der Kreispolizeibehörde daran erinnert: An diesem Tag wurde einer ihrer Kollegen im Dienst kaltblütig erschossen. Heute – 30 Jahre nach der schrecklichen Tat – erinnern außerdem ein Gedenkstein an der Kruppstraße in Wülfrath sowie die Postanschriften der Kreispolizeibehörde und des Gefahrenabwehrzentrums in Mettmann an Adalbert Bach.
Es war ein Sonntagabend. Bis dahin verlief der Dienst für die Polizeibeamten im Nordkreis ruhig, doch dann ging ein Notruf ein: bewaffneter Überfall auf die BP-Tankstelle an der Wilhelmstraße in Wülfrath. Die Täter: flüchtig mit einem gelben Opel Kadett. Sofort rückten alle verfügbaren Einsatzkräfte aus. Unter ihnen auch Diensthundeführer Adalbert Bach, 32 Jahre alt, Vater von zwei Kindern.
Bachs letzter Funkspruch: „Ich habe ein verdächtiges Fahrzeug vor mir“
„Plötzlich sah er das Fluchtfahrzeug der Tankstellenräuber auf einem schmalen Feldweg und verstellte ihnen mit seinem Wagen den Weg“, erinnert sich Reporter Stefan Wette, der den Fall damals im Gericht begleitete, Jahre später im WAZ-Crime-Podcast. Um 21.08 Uhr setzte Bach seinen letzten Funkspruch ab: „Ich habe ein verdächtiges Fahrzeug vor mir.“
Diesen Funkspruch verfolgte in der Leitstelle auch Ulrich Löhe, langjähriger Pressesprecher der Kreispolizeibehörde, mit. Als er kürzlich in den Ruhestand ging, erzählte er im Gespräch mit der WAZ – noch immer tief bewegt – an das, was nach dem letzten Funkspruch passierte: Einer der Männer feuerte mit einem Repetiergewehr, das die drei Düsseldorfer einige Tage zuvor samt Munition bei einem Einbruch in ein Ratinger Waffengeschäft erbeutet hatten, auf den Polizisten.
Täter werden gefasst und zu hohen Haftstrafen verurteilt
Kollegen fanden Bach kurze Zeit später blutüberströmt auf dem Feldweg. Seine Dienstwaffe lag neben ihm – Hund Asko bellte im Auto. Der am Kopf getroffene Adalbert Bach starb nur wenige Stunden später im Krankenhaus. Dass die Täter drei Tage nach der Tat festgenommen werden konnten und später zu hohen Haftstrafen (zehn Jahre Haft für einen 18-Jährigen, lebenslang für die beiden anderen Täter, die 22 und 23 Jahre alt waren) verurteilt wurden, war da nur ein schwacher Trost.
Wo damals nur ein kleiner Feldweg war, befindet sich heute eine gut ausgebaute Straße zwischen zwei Wülfrather Industriegebieten. Am dortigen Gedenkstein versammelten sich am Montagmorgen viele Menschen – Freunde, ehemalige Kollegen, die aktuelle Polizeiführung. Landrat Thomas Hendele erinnerte an einen „sehr beliebten Kollegen“, der „sein Leben für unser Recht, unsere Verfassung gelassen“ habe.
Tat im Kreis Mettmann zeigt, wie gefährlich der Polizeiberuf ist
Thomas Schulte, seit einigen Monaten Abteilungsleiter Polizei im Kreis Mettmann, war damals als junger Polizist im Polizeipräsidium Köln tätig. Es sei eine Tat, die zeige, wie gefährlich der Beruf sein könne, dass die Durchsetzung von Gesetzen Lebensgefahr bedeuten könne. Sie führe auch vor Augen, dass man im Einsatz Vorsicht walten lassen müsse. In der Kreispolizeibehörde, wo Schulte seit 2020 tätig ist, wirke die Tat bis heute stark nach.
Und auch wenn seit Adalbert Bach kein Polizist im Kreis Mettmann mehr im Dienst getötet wurde, so müsse man festhalten, so Schulte, dass Gewalt und Widerstand gegen Einsatzkräfte zunehmen würden. Was sich beispielsweise in der Silvesternacht abgespielt habe, sei absolut inakzeptabel, so Hendele, der als Landrat auch Chef der Kreispolizeibehörde ist. „Das darf sich das Land nicht gefallen lassen“, so Hendele weiter, der „Maßnahmen mit aller Härte der Rechtsstaatlichkeit“ forderte.
Wülfraths Bürgermeister dankt Polizisten und ihren Familien
Wülfraths Bürgermeister Rainer Ritsche griff dies auf und dankte den Polizeibeamten für ihren täglichen Einsatz und betonte: „Ich bin mir sicher, dass Sie großen Rückhalt in der Bevölkerung haben.“ Ritsche danke aber auch den Familien: Für Angehörige sei es eine große Belastung, zu wissen, dass die Ehefrau, der Mann, der Vater oder die Mutter gerade in einem gefährlichen Einsatz sei, so Ritsche.
Im Fall von Adalbert Bach hat eine Frau ihren Mann verloren – und zwei Kinder ihren Vater. Im Prozess sagte der geständige Schütze: „Das ist eben das Risiko eines Polizisten.“
>>> Getötete Polizisten
In Deutschland sind 402 Polizeibeamte der Länder von Straftätern im Dienst tödlich verletzt worden.
Davon waren 366 Schutz- und 36 Kriminalpolizisten.
Diese Zahlen umfassen die Jahre 1945 bis 2021 und wurden von der Deutschen Polizeigewerkschaft veröffentlicht.