Velbert. Die Bundesregierung will Verkauf und Konsum von Cannabis erlauben. Dies stößt bei Velberter Suchtberatern aber nicht nur auf Zustimmung.

Das Vorhaben der Bundesregierung, den Verkauf, den Anbau und den Konsum von Cannabis zu legalisieren, stößt bei Suchtberatern in Velbert auf ein geteiltes Echo – von Zustimmung bis zur strikten Ablehnung.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. So sollen künftig Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm „Genusscannabis“ straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch in Apotheken möglich werden.

Velberter Beratungsstelle: Stoff wird immer gefährlicher

Unterstützung für das Vorhaben der Bundesregierung kommt von Tamara Hanemann. Sie ist Leiterin der Suchtberatungsstelle Café Intakt an der Nevigeser Straße in Velbert. „Das Verbot bringt uns nicht weiter. Immer mehr Jugendliche konsumieren Cannabis und der Stoff wird immer gefährlicher“, argumentiert sie. Mit der Legalisierung würde dann auch der Schwarzmarkt weitgehend verschwinden.

Suchtberater aus Velbert sind sich einig: Prävention ist dringend notwendig.
Suchtberater aus Velbert sind sich einig: Prävention ist dringend notwendig. © dpa | Oliver Berg

„Mehr Prävention ist unbedingt notwendig“

Von einem legalen Verkauf erhofft sie sich einen reineren Stoff mit einem begrenzten, bekannten Wirkstoffgehalt. „Dann würden auch die starken künstlichen Cannabioide vom Markt verschwinden, die viele Jugendliche heute als Ersatz für Cannabis konsumieren.“ Aber mit der Legalisierung plädiert Hanemann auch für mehr Prävention. „Die ist unbedingt notwendig“, erklärt sie. Die Suchthilfeorganisationen sollten niederschwellig Sprechstunden in Schulen, Jugendtreffs und auch in den geplanten Verkaufsstellen anbieten, wünscht sie sich. Sie sollten vor Ort für Jugendliche direkt als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

„Jugendliche und junge Erwachsene besonders gefährdet“

Gegen eine Freigabe spricht sich hingegen Wolfgang Stelzer, Leiter der Suchtberatung bei der Bergischen Diakonie aus. „Aus fachlicher Sicht ist die Aufhebung des Verbotes nicht nötig.“ Durch die Legalisierung sieht er besonders Jugendliche und junge Erwachsene gefährdet. „Da ist dann ein Jugendschutz nicht mehr gewährleistet“, argumentiert der Suchtexperte.

Freigabe sei das falsche Signal

Vor allem für diese Altersgruppe sei die Freigabe ein falsches Signal. Die Droge habe negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und sogar das Hirnwachstum der Heranwachsenden. „Die Droge ist Ursache vieler negativer Lebensbiografien, es werden durch Cannabis Lebensperspektiven genommen“, führt er weiter aus.

Jeder vierte junge Erwachsene hat nach Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert.
Jeder vierte junge Erwachsene hat nach Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert. © dpa | Fabian Sommer

Süchte allgemein nehmen zu

Auch den Zeitpunkt der Freigabe hält Stelzer momentan für falsch. Süchte allgemein nähmen derzeit zu, was die steigende Zahl der Anfragen durch Eltern, Lehrer oder auch Betroffene bei den Suchtberatern der Diakonie zeige. „Die Gesellschaft ist nicht genussfähig, es artet vielfach in Sucht aus. Und da geht es auch um nicht stoffgebundene Süchte – wie Medien- oder Spielsucht“. Ein Trend, der durch die Coronapandemie verstärkt worden sei.

Den Schwarzmarkt austrocknen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hingegen argumentiert, die Freigabe sei der Königsweg, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Die Legalisierung sei eine Möglichkeit, den Konsum zu beschränken und den Jugendschutz zu verbessern, so Lauterbach. Mit Blick auf die aktuelle Rechtslage sagte der Minister, der Jugendschutz und auch der Schutz der Menschen zwischen 18 und 25 Jahren habe nicht geklappt. „25 Prozent in der Altersgruppe 18 bis 25 haben im letzten Jahr gekifft.“ Aktuell sei der Handel überhaupt nicht reguliert – „das heißt, Sie haben jetzt Dosierungen, die sehr, sehr schädlich sind.