Langenberg. Das Gymnasium Langenberg beteiligt sich am Regenwaldprojekt des Vereins „Chance e. V.“. Ein Stammesoberhaupt aus Peru hat nun Bericht erstattet.
Besuch aus Peru ist zu Gast am Gymnasium Langenberg. Die drei siebten Klassen haben sich in der Aula versammelt und warten gespannt darauf, dass es los geht. Heute erfahren sie nämlich mehr über das Regenwaldprojekt, an dem sich die Schule beteiligt.
Dazu ist Pablo Oyes Lopez mit seiner Frau Estella angereist. Er ist Oberhaupt des Volksstamms der Yanesha und wird den Schülerinnen und Schülern später noch seine Lebensgeschichte erzählen – und wie der Verein „Chance e. V.“ dazu beigetragen hat, sein Leben zu verbessern.
Ehemalige berichten von den Anfängen
Auch einige Ehemalige, die während ihrer Schulzeit Teil des Projektes waren, sind an diesem Tag gekommen. Sandra Koschnik, die Erdkunde und Spanisch am Gymnasium unterrichtet, begrüßt die siebten Klassen zunächst. Dann übergibt sie das Wort an die ehemaligen Schülerinnen Vanessa Maag und an Alea Grabowski.
Vanessa erzählt wie es damals war, als das erste Mal der Besuch aus Peru kam. „Wir fanden Pablos Lebensgeschichte sehr bewegend“. Das sei der Grund gewesen, das Regenwaldprojekt zu unterstützen. Sandra Koschnik fügt hinzu: „So kam der Stein dann ins Rollen.“
Der Verein „Chance e. V.“
Gründer und fester Vorsitzender von „Chance e.V“ ist Jens Bergmann. Auch er ist in der Aula dabei und und er erläutert den Schülerinnen und Schülern zunächst, dass es sich bei dem Verein um eine gemeinnützige Organisation handle, die sich unter anderem für nachhaltige Entwicklung im Amazonas-Gebiet einsetze.
„Unser Ziel ist es, Ökosysteme zu bewahren und unter Schutz zu stellen“, führt Jens Bergmann aus. Denn der Regenwald sei bereits fast auf die Hälfte seiner ursprüngliche Größe zusammengeschrumpft. Das sei drastisch, sagt der Vorsitzende von Chance e.V.: „Denn der Regenwald ist nicht nur für die indigene Bevölkerung überlebenswichtig, sondern auch für alle anderen Menschen.“
Traditionelle Gewänder und Federschmuck
Dann ist Pablo Oyes Lopez an der Reihe, der gemeinsam mit seiner Frau den weiten Weg aus Peru zurückgelegt hat, um die Schüler an seinem Kampf ums Überleben teilhaben zu lassen, übersetzt Jens Bergmann Pablos Worte.
Die beiden tragen traditionelle Gewänder und Federschmuck. Als kleine Überraschung für die Schüler hat Pablo ein traditionelles Instrument mitgebracht, auf dem er den Schülerinnen und Schülern ein Lied vorspielt, was das Volk der Yanesha immer zu besonderen Anlässen trommelt.
Eine bewegte Lebensgeschichte
Nach der kleinen musikalischen Einlage beginnt Pablo, seine Lebensgeschichte zu erzählen: Als Kind und Jugendlicher habe er in extremer Armut gelebt. Zunächst habe er nicht zur Schule gehen dürfen, da seine Eltern kein Geld für die Kleidung gehabt hatten, die für die Schule vorgeschrieben war.
Sieben Jahre habe er auf ein Paar Schuhe, eine Hose und ein Oberteil gewartet, berichtet der Peruaner. Auch sei er als Ureinwohner jeden Tag in der Schule diskriminiert und gedemütigt worden. Sein Zuhause sei auch kein Zufluchtsort gewesen, da seine Eltern gewalttätig gewesen seien.
Flucht in die Hauptstadt
Mit elf Jahren habe er die Diskriminierungen und Misshandlungen nicht mehr ausgehalten. So sei er in die Hauptstadt Lima geflohen, um dort zu arbeiten. Doch auch in Lima sei es nicht besser gewesen: Sechs Jahre habe er ohne einen einzigen Cent zu verdienen gearbeitet. Dazu sei er jeden Tag gedemütigt worden. Bis er eines Tages krank wurde, so krank, dass er drohte zu sterben. So habe ihn sein Arbeitgeber zum sterben am Rande der Stadt ausgesetzt und ihn seinem Schicksal überlassen.
Pablo überlebte und kehrte zu seinen Eltern zurück. Doch die Situation sei dann schlimmer als zuvor gewesen. So beschloss er, für zwei Jahre zum Militär zu gehen. „Man hat uns schlimmer als Tiere behandelt“, erzählt Pablo.
Er und andere Ureinwohner seien gefoltert und gedemütigt worden. Durch den Drogenhandel und den Krieg dagegen, seien die Ureinwohner zwischen die Fronten geraten. Es seien sogar Haftbefehle gegen die Dorfchefs ausgestellt worden. „Die sind aber zum Glück nicht vollstreckt worden“, erzählt das Stammesoberhaupt.
Verein hilft Mensch und Umwelt
Der Einsatz des Vereins „Chance e.V.“ habe dafür gesorgt, dass die Ureinwohner geschützt und ihre Dorfgemeinschaft anerkannt wurde. „Insgesamt konnten wir dank Spenden vier indigene Gemeinschaften und insgesamt 22.000 Hektar Regenwald schützen“, sagt Jens Bergmann dazu. Für die Zukunft sei außerdem der Schutz für drei weitere Gemeinschaften geplant.
Dabei könne jeder helfen, egal ob Privatperson, Kirche oder Schulklasse. Gegen Geld könne man ein Stück Regenwald adoptieren und so den Erhalt des Regenwaldes unterstützen, erläutert Jens Bergmann. Wenn jedes Kind einer Schulklasse ein Euro pro Monat spende, könne von diesem Geld Regenwaldfläche so groß wie sechs Fußballfelder gerettet werden. Mehr dazu kann man auf www.mein-regenwald.de oder www.chance-international.org erfahren.
Der Siebtklässler Anton (13) ist sich sicher: Er möchte den Regenwald schützen und spenden. „Ich war schockiert zu erfahren, wie viel Regenwald abgeholzt wurde“, sagt der 13-Jährige nach dem Vortrag. Auch der zwölfjährige Leon möchte das Regenwaldprojekt unterstützen, denn er findet: „Total schlimm, wie die Ureinwohner diskriminiert wurden.“
Die Yanesha
Die Yanesha, auch Amueshas genannt, sind eine Ethnie in den Regenwäldern Perus. Sie leben rund 400 Kilometer nord-östlich der Hauptstadt Lima in einem Gebiet in der Region Huánuco, der Provinz Chanchamayo und der Provinz Oxapampa. Im Jahr 2010 anerkannte die Unesco das Naturreservat Oxapampa-Ashaninka-Yanesha in der Region „Selva Central“ als Biosphärenreservat.
Wichtigste Organisationseinheit in diesem Volksstamm ist die Großfamilie. Die Yanesha verfügen über ein ausgesprochen großes überliefertes Wissen rund um Heilpflanzen und Pflanzenheilkunde. Im Jahr 2008 wurde dazu eine internationale Studie veröffentlicht, mit einer Beschreibung und Untersuchung von 300 Heilpflanzen der Yanesha.