Langenberg. . Die Schüler des Gymnasiums Langenberg hatten Besuch aus Peru. Während eines Hilfseinsatzes für die Indianer war eine Langenbergerin gestorben.

Im August 2018 reiste Lara Barthel für ein Freiwilligenjahr nach Peru in das Regenwaldgebiet der Yánesha Indianer. Nur vier Wochen nach ihrer Ankunft verunglückte die 18-jährige Langenbergerin dort tödlich. Durch das Unglück wurde der Kontakt zwischen Laras Familie, dem Gymnasium Langenberg und dem Amazonas-Indianer Carlos Abel intensiviert. Der südamerikanische Ureinwohner berichtete am Mittwoch im Gymnasium Langenberg und am Donnerstag in der Christlichen Gesamtschule Bleibbergquelle über die Entwicklung des peruanischen Regenwaldes und der Rettung der dort lebenden indigenen Völker, deren Kultur und Leben symbiotisch mit dem Regenwald verbunden ist.

Carlos Abel arbeitet heute bei dem Verein Chance e. V., der sich für die nachhaltige Entwicklung indigener Völker und der Heimat im peruanischen Amazonasgebiet und bei den Maasai in Kenia einsetzt.

Carlos Abel hatte Kleidung und Accessoires mitgebracht

Schüler und Schülerinnen der Stufen 9 und 11 hörten interessiert zu, als Carlos sich zunächst sehr bewegt an Laras Mutter Anja Barthel wandte, die er nun kennenlernen durfte. Nachdem er stolz die typische Kleidung und die Accessoires seines Volkes zeigte und erläuterte, erzählte er von der Geschichte seiner Heimat, des Regenwaldes und der Ausrottung seines Volkes, die beinahe stattgefunden hätte.

Es sei schwierig geworden die symbolhaften Utensilien herzustellen, da die Bäume gerodet und abgebrannt wurden. Dann geht der Indigene zeitlich zurück bis zu seinen Großeltern, die einem Großfamilienverband im und mit dem Regenwald lebten. „Es war für seine Familie unvorstellbar, dass man Bäume fällen kann. Natur und Sterne sind wie Geschwister und Mutter Erde ernährt sie“, übersetzt Jens Bergmann, der Carlos begleitet und Vorsitzender des Chance e. V. ist, aus dem Spanischen.

„Etwas machte viel Lärm und zerstörte unsere Wälder“

„Eine Tages kam etwas mit viel Lärm und zerstörte die Wälder“, beschreibt Bergmann. Die Yánesha zogen sich weiter in die Wälder zurück, junge Männer starben, weil sie keine Abwehrkräfte gegen die Krankheiten der eindringenden weißen Invasoren hatten. Die Yánesha wurden getötet, vergewaltigt, in Zwangsarbeit verschleppt und die Wälder gerodet und zu Viehweiden umfunktioniert.

Die Langenberger Schüler hörten den Ausführungen von Carlos Abel interessiert zu.
Die Langenberger Schüler hörten den Ausführungen von Carlos Abel interessiert zu. © Alexandra Roth

Die Asháninca, ein als kriegerisches Volk bekannter Stamm im östliche Peru bot den Yánesha-Indianern Unterschlupf, wo Carlos 1984 als eines von 15 Kindern geboren wurde. Er wollte zur Schule gehen, wurde angefeindet und diskriminiert: „Ich muss viel lernen, um meinem Volk helfen zu können“. Doch dann brach der Bürgerkrieg in Peru aus, das Schulsystem brach zusammen, Schüler wurden verschleppt und zu Guerillakämpfern ausgebildet. Auch Carlos Abel diente mehrere Jahre im Militär.

Carlos und seine Familie landeten im Slum

Als er später seine eigene Familie gründete, bekam er einen staatlichen Kredit um Kaffee anzubauen. Dafür rodeten sie selbst ihre Wälder. Doch gleich die erste Ernte wurde vernichtet. Carlos zog mit Frau und Kindern nach Lima, um Arbeit zu finden, landete in einem riesigen Slum, fand zunächst keine Arbeit. Doch das Land der Familie wollte er auf keinen Fall auch noch verlieren. Seine Frau Celia und er fanden letztlich Arbeit und nach zwei Jahren konnten sie die letzten Rate zurückbezahlen. Aber viele andere verloren ihr Land an die Siedler.

Carlos versprach seinen Kindern alles dafür zu tun, dass die letzten Indianer überleben würden. Sie kehrten zurück in den Urwald und zu den Yánesha. Bis heute versuchen Siedler die Ureinwohner durch Bestechung und Korruption zu enteignen. Carlos Abels Großtante sprach das Entscheidende aus: Wenn die Peruaner nicht helfen würden, dann müssten sie Hilfe in anderen Ländern Hilfe finden.

Chance e.V. will den Indianern zu Selbstbewusstsein verhelfen

So traf Carlos auf Chance e. V., dessen Mitglieder den Indianern nach Jahren der Unterdrückung, Krieg und Diskriminierung zu Selbstbewusstsein und innerer Stärke verhilft, damit sie sich zur Wehr setzen können. So stand nun gestern auch Carlos Abel, stolz darauf, ein Indigener zu sein, vor den Schülern und Schülerinnen des Gymnasiums Langenberg und warb für die Arbeit des Vereins. Mehr Informationen gibt es auf: www.chance-international.org.

Die Geschichte von Lara

Über den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ hatte Lara Barthels im August 2018 ihr Freiwilligenjahr in peruanischen Regenwald angetreten. Nur vier Wochen später verunglückte die junge Frau bei einem Motorradunfall.

„Unsere älteste Tochter, Lara, wäre im Januar 19 Jahre alt geworden“, damit meldete sich Anja Barthel, Laras Mutter, nun bei der WAZ. Lara besuchte das Gymnasium in Langenberg, bestand im letzten Jahr die Abiturprüfung und reiste nach Peru, um sich für die indigene Bevölkerung, benachteiligte Kinder und den Schutz des Regenwaldes einzusetzen.

Seit mehr als sechs Monaten im Ausnahmezustand

„Seit mehr als sechs Monaten befinden wir uns in einem absoluten Ausnahmezustand und in tiefer Trauer. Was uns hilft immer wieder aufzustehen, ist das zu unterstützen, was Lara am Herzen lag: Den Schutz des Regenwaldes und die Unterstützung indigener Völker.“

Als Anja Barthel davon hörte, dass der Yánesha Indianer Carlos Abel für zwei Wochen in Deutschland ist und an Schulen über die Problematik der indigenen Bevölkerung und das neue Regenwaldprojekt „mein-regenwald.de“ berichtet, schlug sie vor, diesen Vortrag doch auch in Laras ehemaliger Schule, das Gymnasium Langenberg, und in der Gesamtschule Bleibergquelle zu halten.

Nach Lara wurde ein Kinderwald benannt

„Langenberg ist auf jeden Fall ein Stadtteil, in dem viele alternative Menschen mit ökologischen Interessen leben und ich bin mir sicher, dass ein Bericht sehr viele Leser ansprechen und auch überzeugen könnte, eventuell eine Waldpatenschaft zu übernehmen“, hofft die trauernde Mutter.

Nach Lara selbst wurde ein Kinderwald in Peru benannt. In der kurzen Zeit mit Carlos Abel hat sie viel von ihm vermittelt bekommen. Die 18 Hektar Regenwald, die die peruanische Regierung den Inidigenen zur Erhaltung ihres natürlichen Lebensraums zur Verfügung gestellt hat, konnte Lara nicht mehr kennenlernen, da sie genau zur Regenzeit bei den Yánesha ankam und der Wald nicht zugänglich war. Doch ihr Engagement hat Früchte getragen, die weiter wachsen können.