Neviges. Ihre Liebe begann vor mehr als 60 Jahren auf einer Zugfahrt: Gisa und Helmut Schröder aus Velbert-Neviges feiern jetzt Diamanthochzeit.
Ihre Diamanthochzeit feiern die Schröders so wie vor einst 60 Jahren ihre Heirat – ganz gemütlich mit der Familie im Garten. Nur die Runde ist erheblich größer: Wenn alle drei Kinder, acht Enkel und Urenkel Paul kommen, „dann ist ordentlich Stimmung in der Bude“, sagt Helmut Schröder (81) und seine Augen leuchten vor Glück. Die Familie, das ist ihr Halt, die Familie gab auch den Anstoß, dass die Schröders als Rentner im Jahr 2013 nach Jahrzehnten ihr geliebtes Thüringen verließen und den Kindern in den Westen folgten. „Die hatten sich direkt nach der Wende aufgemacht“, so Helmut Schröder. In Tönisheide schlugen auch sie schnell Wurzeln, wenngleich Gisa Schröder (79) ab und zu das Heimweh packt und sie vor allem ihre beste Freundin Carola vermisst. Dann denkt sie ganz schnell an ihre Lieben, an die Söhne Jörg und Ralf und an Tochter Ina, die direkt vor der Haustür wohnt „und uns sehr hilft und unterstützt“. Und natürlich an die acht Enkel und Paul.
Die Enkel quengelten
Genau genommen, so erzählt Jubilar Helmut Schröder, seien es die Enkel gewesen, die quengelten und quengelten – so dass Schröders schließlich 2013 in Thüringen ihre Koffer packten. „Die sagten immer: ,Opa, du musst kommen und bei den Schulaufgaben helfen, du weißt doch alles’.“ Als Ingenieur im Bereich Werkzeugmaschinenbau sei er halt in Mathematik ziemlich fit, ergänzt der Jubilar, der gemeinsam mit seiner Gisa auf ein Leben zurückblickt, das wie ein Kapitel aus dem Geschichtsbuch anmutet.
Geboren in Königsberg im damaligen Ostpreußen, floh Helmut Schröder 1944 mit Mutter und Schwester gemeinsam mit Tausenden von Flüchtlingen gen Westen. „Ich war vier Jahre alt. Ich kann mich noch erinnern, wie wir an der Oder ankamen, da stand ein Güterzug und dann mussten wir ganz schnell weiter.“ Er habe später erfahren, wie es einem Spielfreund ein Jahr später ergangen sei: „Die Familie hatte es so gerade noch auf die Wilhelm Gustloff geschafft. Tja, und dann...“ Das mit Flüchtlingen überfüllte Schiff wird am 30. Januar 1945 vor der Küste Pommerns von sowjetischen Torpedos getroffen, 9000 Menschen sterben, nur rund 1200 können gerettet werden.
Gefunkt hat es im Zug
125 Diamanthochzeiten
Diamantene Hochzeit, das Fest 60 Jahre nach der Hochzeit, feiern nach Auskunft der Stadt Velbert in diesem Jahr voraussichtlich 125 Paare.
Von heute an bis zum Jahresende wird es, so die Stadt auf Anfrage, voraussichtlich noch 36 Diamanthochzeiten in Velbert geben.
Die weiteren Ehejubiläen sind dann die Eiserne Hochzeit (65 Jahre), die Gnadenhochzeit (70 Jahre) und die Kronjuwelenhochzeit (75 Jahre).
Ab der Goldhochzeit (50 Jahre) bekommen die Ehepaare Besuch vom Bürgermeister bzw. der stellvertretenden Bürgermeisterin oder dem stellvertretenden Bürgermeister.
Im Vorfeld eines Ehejubiläums wird stets gefragt, ob ein Gratulationsbesuch auch gewünscht ist.
Während des Corona-Lockdowns sind sämtliche Besuche dieser Art ausgefallen.
Helmut Schröder hält einen kurzen Moment inne, erzählt dann weiter: Die Familie lebte zunächst in Sachsen, 1955 absolvierte er eine Lehre als Werkzeugmacher, dann ging’s zum Ingenieurstudium nach Chemnitz. Im ersten Semester dann jener Einsatz als Erntehelfer, der sein Leben veränderte: „Wir kamen zurück von Rostock, der Zug war ziemlich voll. Auf dem Gang hab ich dann sie gesehen, es hat auch gleich geknistert.“ Ehefrau Gisa, gebürtige Chemnitzerin und Meisterin der Textilindustrie, lächelt: „Er gefiel mir sofort, seine sportliche Attraktivität, und er konnte gut mit Frauen umgehen. Ich würde sagen: Wir haben uns gesucht und gefunden.“ Ihr Mann ergänzt: „Sie war jung und hübsch, wir hatten Adressen ausgetauscht, sind später ein paar Mal ausgegangen, was man eben so macht.“
Hochzeitsreise zur Ostsee
Schnell war klar: Wir gehören zusammen. Das hellblau-goldene Hochzeitskleid „das hatte meine Mutter geschneidert, zu kaufen gab’s ja nichts“. Und kirchliche Hochzeiten in der damaligen DDR auch nicht. Gefeiert wurde im Garten, und bei der Hochzeitsreise, da schlug das junge Paar zwei Fliegen mit einer Klappe: „Ich hatte für meine guten Leistungen im Betrieb einen Ferienplatz an der Ostsee bekommen, das bot sich dann an“, erinnert sich Gisa Schröder. Später zog die Familie, beruflich bedingt, nach Thüringen. Zur Silberhochzeit ging’s an den Plattensee nach Ungarn, Goldhochzeit feierten die Schröders in Paris: „Ja, die Stadt der Liebe, wir haben alles mitgenommen“, sagt Helmut Schröder und lächelt schelmisch.
Keine Grünen Klöße
Seit 2013 leben die Schröders nun in der Ewald-Jochem-Straße in Tönisheide, und neben ihrer Freundin Carola vermisst Gisa Schröder vor allem eines: „Grüne Klöße, die muss ich immer selbst machen. Nirgendwo bekommt man die hier. Da haben wir den Stemberg, aber auch der macht keine Grünen Klöße.“ Die Kartoffelklöße „halb und halb, halb gekocht, halb roh“, schwärmt Gisa Schröder, sind in der Heimat ein Traditionsgericht. Fragt man die Schröders, wie man es schafft, 60 Jahre gemeinsam alt zu werden, lautet ihre einhellige Meinung: „Vertrauen haben, liebevoll miteinander umgehen. Miteinander reden, Projekte planen und versuchen, die umzusetzen“, so die Jubilarin. Das nächste Projekt ist klar: Gisa Schröder nach einem schweren Sturz wieder auf die Beine zu helfen. Ehemann Helmut: „Ich mach sie wieder fit, ganz bestimmt.“