Velbert. Die Grünen sehen ihr grünes Profil in der Sechserkoalition nicht genügend repräsentiert. Wie die anderen Parteien auf diese Nachricht reagieren.

Paukenschlag kurz vor Ende der Sommerferien und der Sitzungspause im Stadtrat: Die Grünen kündigen das Sechserbündnis mit SPD, FDP, Piraten, Linke und UVB auf. Das Bündnis war nach der letzten Kommunalwahl im September 2020 geschmiedet worden.

Nach einem intensivem Austausch zwischen Fraktion und Partei während der Sommerpause habe man entschieden, das Bündnis zu beenden, teilt die Partei mit.

Diese Gründe nennen die Velberter Grünen für ihre Entscheidung

Die Partei sieht ihr grünes Profil in dem Bündnis nicht genug repräsentiert: „Seit Beginn der Zusammenarbeit im Jahr 2020 haben wir zwar viel gemeinsam erreicht für unsere Stadt, aber nicht genug bei unseren grünen Herzensthemen wie Klimaschutz, Stadtentwicklung und Verkehrswende“, teilt Martin Zöllner, Fraktionsvorsitzender der Partei mit. Die Parteisprecher des Ortsverbandes, Liane Marth und Michael Schmerler, ergänzen: „Daher wollen wir künftig gemeinsam mit anderen demokratischen Mehrheiten, welche unsere Ziele stärker unterstützen, den aktuellen Herausforderungen begegnen, um in Velbert möglichst viel zu bewegen. Dies erfordert zukunftsorientierte Impulse und Inhalte.“

Auch das Abstimmungsverhalten in dem Bündnis sei am Ende nicht immer so gewesen, wie es vorher vereinbart worden sei, erklärt die stellvertretende Bürgermeisterin von den Grünen, Esther Kanschat. In Fraktion und Partei habe eine große Einigkeit darüber geherrscht, dass man aus dem Bündnis aussteigen wolle, so Kanschat weiter.

„Es hat keine wirklichen Streitpunkte gegeben“

Für die Bündnispartner kam das Aus überraschend. „Es hat keine wirklichen Streitpunkte gegeben“, erklärt Rainer Hübiger, Fraktionsvorsitzender der SPD, die nach den Grünen stärkste Partner im Sechserbündnis war. Im Dezember des vergangenen Jahres habe es zwar eine Auseinandersetzung um die Zukunft der Sonnenschule gegeben. „Aber das ist jetzt ein halbes Jahr her“, so Hübinger weiter. Dass grüne Standpunkte in dem Bündnis zu kurz gekommen seien, vermag der SPD-Mann nicht festzustellen. Man habe einiges gemeinsam erreicht. „Aber während eine Streichung der Kitagebühren schnell zu realisieren ist, brauchen andere Entscheidungen einfach länger, wenn es beispielsweise um die Ausrüstung städtischer Gebäude mit Photovoltaik-Anlagen geht“, gibt Hübinger zu bedenken. Bei manchen seiner Anträge habe es fünf bis zehn Jahre gedauert, bis sie endlich realisiert worden seien.

Schwarz-grüne Bündnisse in Kreis und Land

Bestimmt habe auch der Trend eine Rolle gespielt, schließlich gebe es auch im Kreis und im Land schwarz-grüne Bündnisse. Vielleicht wollten die Grünen nun mit wechselnden Mehrheiten im Rat agieren. Das diene aber nicht der Zuverlässigkeit. Auch der Zeitpunkt des „Grünen Strategiewechsels“ sei ungünstig. Schließlich stünden die Haushaltsberatungen an.

Auch Thorsten Hilgers, Fraktionschef der FDP, bedauert das Ausscheren der Grünen. „Wir haben gut gearbeitet und einiges in der Stadt verändert, Strukturen aufgebrochen“, bilanziert Hilgers. Wirklich überrascht sei er nicht, in der Politik könne so etwas jederzeit passieren. Er hoffe weiter auf eine gute Zusammenarbeit mit den Grünen in Sachfragen.

„Ein bedauerlicher Schritt“

Auch Martin Schwarz, Fraktionschef der Piraten, nennt den Schritt der Grünen „bedauerlich“. Man habe in den zwei Jahren immerhin rund 40 gemeinsame Anträge im Rat gestellt und viele grüne Themen seien umgesetzt worden. Für ihn habe sich seit der NRW-Landtagswahl ein möglicher Wechsel abgezeichnet.

Karsten Schneider, Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat, erklärt, man sei hier und da mit den Grünen im Gespräch, aber es sei noch nichts fest. Immerhin habe man in der Vergangenheit bereits gemeinsam mit den Grünen gegen die anderen Fünf abgestimmt. Auch Schneider nennt als Beispiel die Abstimmung über die Sonnenschule. Im Rat haben CDU und Grüne eine Stimme Mehrheit.

Nach der jüngsten Kommunalwahl gegründet

Das Bündnis aus zunächst fünf Parteien hatte sich zur Bürgermeister-Stichwahl im September 2020 gegründet. Diese Parteien unterstützten die Kandidatur von Esther Kanschat. Bei der konstituierenden Sitzung des Rates im November 2020 stimmte erstmals das Sechserbündnis – die UVB hatte sich angeschlossen – gemeinsam für die Einsetzung eines dritten Bürgermeisters. Das Sechserbündnis setzte sich auch mit seinem Antrag zur Änderung der Zuständigkeiten der Fachausschüsse des Rates durch.