Neviges. Die Wehrmauer am Schloss Hardenberg in Neviges wird nach der 2016 abgeschlossenen Grundsanierung schon wieder repariert. Das hat mehrere Gründe.

Was passiert an der alten Schlossmauer und warum lagern dort so viele Säcke mit Baumaterial? Die Arbeiten an der Wehrmauer interessieren viele Nevigeserinnen und Nevigeser, wie Anfragen an unsere Redaktion zeigen. Unter anderem kommt die Frage auf, warum nach relativ kurzer Zeit schon wieder Arbeiten nötig sind – wurde die umfangreiche Sanierung durch die Spezialfirma Pressbau aus Erfurt doch erst 2016 abgeschlossen.

Die oberste Reihe wird erneuert

Nachbessern für die Zukunft: Die gesamte Mauerkrone der Wehranlage Schloss Hardenberg wird erneuert.
Nachbessern für die Zukunft: Die gesamte Mauerkrone der Wehranlage Schloss Hardenberg wird erneuert. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Dazu Michael Lobe, Leiter des Fachbereichs Immobilienservice der Stadt Velbert: „Die Materie ist sehr komplex.“ Es sei an dieser Stelle vorweg genommen: Die Arbeiten, die zurzeit laufen, sollen gewährleisten, dass in Zukunft keine weiteren Schäden auftreten. So wird die Mauerkrone gerade vollständig erneuert, „damit wir dann Ruhe haben“, so Michael Lobe.

Diverse Gutachten

Behutsam gerettet von Bauarbeitern mit Herz: Dieses Pflänzchen hatte sich im Mauerwerk angesiedelt.
Behutsam gerettet von Bauarbeitern mit Herz: Dieses Pflänzchen hatte sich im Mauerwerk angesiedelt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die Wehranlage Schloss Hardenberg, urkundlich erstmals 1354 erwähnt, gilt in Fachkreisen als absolutes Juwel, als „Kleinod von nationalem Wert“, wie der Archäologe und Burgenforscher Dr. Joachim Zeune anmerkte, der die Sanierungsarbeiten von 2013 bis 2016 eng begleitete. Damals war die gesamte Anlage marode, die Kasematten einsturzgefährdet, die Mauer stark beschädigt.

Marodes Mauerwerk aus dem Mittelalter originalgetreu so wiederherzustellen, dass es in Zukunft lange hält, das ist eine Wissenschaft für sich. So habe es damals bei der umfangreichen Sanierung mehrere Gutachten von Denkmalpflegern und Statikern gegeben, erläutert Michael Lobe, eine wichtige Rolle habe dabei auch der Mörtel gespielt. „Jede Mörtelmischung reagiert mit jedem Naturstein anders.“ Die komplette Wiederherstellung der Wehranlage hatte vor sechs Jahren 1,5 Millionen Euro gekostet, die Summe hatten sich Bund und Land geteilt.

Experten legten Musterflächen an

Wehranlagen wertvoller als das Herrenhaus

Die komplette Wiederherstellung der Wehranlage Schloss Hardenberg hatte vor sechs Jahren 1,5 Millionen Euro gekostet, die Summe hatten sich Bund und Land geteilt.

In einem Gutachten wurde 2006 ersichtlich, dass die urkundlich 1354 erstmals erwähnte Verteidigungsanlage weitaus wertvoller ist als das Herrenhaus. Ihre Sanierung wurde dann vorgezogen.

Wenn Schloss, Mühlengebäude und Gärten künftig zum „Erlebniszentrum Natur“ umgewandelt werden, spielen die Wehranlagen mit ihren unterirdischen Gängen, den Kasematten, dabei eine große Rolle.

Warum nun bei Routinebegehungen bereits in den letzten Jahren immer mal wieder vereinzelt lose Bruchsteine auffielen, so der Fachbereichsleiter Immobilienservice, könne man nicht genau sagen: „Das kann viele Ursachen haben. Es kann am Mörtel liegen oder auch daran, dass das Wasser nur mangelhaft ablaufen kann.“ Die Firma Pressbau habe daraufhin im Herbst 2021 verschiedene Musterflächen angelegt, die nach der Winterpause technisch und denkmalpflegerisch genau dokumentiert worden seien.

Mörtelmischungen werden ausprobiert

Da die losen Bruchsteine an der Mauer bereits frühzeitig entdeckt wurden, werde ein Großteil der Schäden im Rahmen der Gewährleistung beseitigt, so Lobe. Die Stadt Velbert sei auf die Firma Pressbau zugegangen, man habe entschieden, nun die komplette oberste Steinreihe abzunehmen und neu zu vermauern – damit nicht etwa in ein paar Jahren die nächsten lockeren Steine entdeckt werden und dann eben keine Gewährleistung mehr bestehe. „Sowohl damals auch auch heute werden spezielle Mörtelmischungen ausgesucht“, sagt Michael Lobe.

Fertigstellung ist für Juni geplant – wenn das Wetter mitspielt

Da die Sache so komplex sei, könne man auch nicht genau sagen, wann die Mauer fertig werde. Geplant ist die Fertigstellung im nächsten Monat, soweit die Witterung es zulässt. „Es darf nicht zu heiß sein, sonst verbrennt der Mörtel. Er soll ja aushärten, aber eben nicht zu schnell austrocknen.“ Andererseits dürfe es auch nicht zu häufig regnen. Den Arbeitern der Erfurter Spezialfirma sei bei ihrer schwierigen Mission also gewünscht, was wir alle gern hätten: einen sonnigen Frühling mit angenehmen Temperaturen.