Velbert. Auf dem Hordthof in Velbert-Langenberg wurde am Wochenende gefeiert. Es soll auf die Lage von Menschen mit Behinderungen aufmerksam machen.
Direkt neben Kletterpark und Langenberger Sender, am Hordthof des Wendepunktes, geht es an diesem Nachmittag geschäftig zu. Das Frühjahrsfest, anlässlich des europaweiten Protesttages für Menschen mit Behinderung, zeigt sich bei schönstem Wetter von der Sonnenseite. Der Leiter des Hordthofes (Wohngruppen 14- bis 17-jähriger Jugendlicher), Thomas Clever, erklärt: „Wir wollen auf die Situation von Menschen mit Einschränkungen/Behinderungen aufmerksam machen.“ Und weiter: „Viele von ihnen sind benachteiligt.“
Wie Teilhabe an der Gesellschaft aussehen kann
Ein kleiner Weg, vorbei an grünen Wiesen und Apfelbäumen, führt zum Ort des Geschehens. Kurz davor findet sich ein Schild des Veranstalters: „Diesen Weg gehen wir gemeinsam.“ Der 52-Jährige ergänzt: „Wir schauen, wie Teilhabe in der Gesellschaft aussehen kann.“ Gegenüber auf langen Bänken und Biertischen kann gegen eine Spende Kuchen, Kartoffel- oder Krautsalat sowie Gegrilltes erworben werden. Bei einer Tombola mit Losen für einen Euro können Kinder gespendete Spiele gewinnen. Für die Abenteuerlustigen ist Baumklettern und Bogenschießen im Angebot. Aber auch Austoben auf einer Hüpfburg oder Schokokusswurfmaschine und Kinderschminke wird genauso gern von den Kleinen angenommen.
Menschen mit seelischer Beeinträchtigung
Die Betreuer der verschiedenen Bereiche des Wendepunktes helfen alle mit. Und so zieren Schmetterlinge, Marienkäfer oder Blumen die fröhlichen Kindergesichter. Heil- und Erlebnispädagoge Thomas Clever, berichtet: „Bei uns gibt es zwar keine Menschen mit körperlicher Behinderung, aber auf seelischer Ebene sieht das teilweise ganz anders aus.“ Wie man sie besser integrieren könne, sei eine zentrale Frage. So solle eine seelische Beeinträchtigung, beispielsweise bei den Jugendlichen, verhindert werden oder es soll gelernt werden, mit dieser gut umzugehen und lebensfähig zu sein.
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Schwierigkeiten, am normalen Leben teilzunehmen
Behinderung bedeute, Schwierigkeit zu haben, am normalen Leben teilzunehmen. Teilhabe in Richtung Bildung (Schule, Ausbildung), Aufbau eines sozialen Lebens mit Freunden, selbstständige Teilnahme an Freizeitaktivitäten sei das Ziel. „Bei einer Angststörung mit Sozialphobie ist diese Teilhabe bedroht, weil man lieber in seinen vier Wänden bleibt,“ fügt der Therapeut hinzu.
Man will Flagge zeigen
Das Frühjahrsfest wurde vor Corona jährlich veranstaltet. Der Anlass „Protesttag“ besteht nun zum zweiten Mal, um Flagge zu zeigen. „Man sieht es ihnen nicht an, aber diese beeinträchtigten Menschen gibt es auch mitten in Langenberg,“ betont Thomas Clever. Wichtig sei, dass die Bevölkerung ein Verständnis entwickelt, wenn sich jemand etwas eigenartig benehmen mag, begegne man sich doch beim Einkaufen oder in der Bahn.
Ein reizarmer Ort oben auf dem Berg in Velbert-Langenberg
Der Hordthof ist ein reizarmer Ort, ruhig auf einem Berg gelegen. „Wenn ich mit meinen Jugendlichen an der Bogenschießanlage stehe, können wir ganz viele Achtsamkeitsübungen machen,“ freut sich der Leiter. „Hören. Den Wind spüren. Die Sonne, die mir ins Gesicht scheint. Schauen, habe ich Bodenkontakt. Wie ist meine Atmung,“ ergänzt er. Das hätte auch Symbolik. „Ich richte mich gerade auf ein Ziel aus. Wie ist das eigentlich in meinem Leben?“ Wenn man aufgrund psychischer Anspannung gerade verkrampft sei, könne man dieses nicht treffen. Erstmal müsse man auf sich selbst bezogen achtsam sein, für sich selber sorgen, sich selber wahrnehmen und verstehen, bevor man auf ein Ziel drauf losstürme.
Aus der Komfortzone locken
Auch die hauseigene Kletterwand lockt aus der Komfortzone. Ist man bereit zu sagen, ich wag mal was? „Je öfters du es machst, merkst du auf einmal, wie dein Leben sich weitet,“ schließt er ab. Man bekäme auch viel zurück und dürfe erleben, wie Menschen sich entwickeln. Es bedarf eines langen Atems, aber kleine Schritte gäbe es immer. Bis sich das Gros ändere, sollte man einen Zeitraum von zwei Jahren in Angriff nehmen. Denn jahrelange Muster bräuchten Zeit. Amelie ist 15 und seit Januar 2022 dabei. „Es gefällt mir sehr gut.“ Das Gefühl, hier zu sein, sei wie ein zweites Zuhause. Die Betreuer und Bewohner seien nett. Man werde von allen Seiten unterstützt, hätte Freiheiten, wie Bogenschießen oder Reittherapie.
>>>Der Wendepunkt
Der europaweite Protesttag für Menschen mit Behinderung ist der 5. Mai.
Der Wendepunkt ist eine christliche Einrichtung, die Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen unterstützt. Der Wendepunkt unterstützt in seinen drei Einrichtungen Vater-Mutter-Kind-Haus (Wendepünktchen), Jugendwohngruppe (Hordthof) und betreutes Wohnen.
Der Bedarf besteht, samt langen Wartelisten. „Wir möchten keinem den Glauben aufdrücken und sind für alle Menschen offen.“ Dies leben sie im Team.
Im Bereich des betreuten Wohnens leben viele Erwachsene, die nicht mehr ganz eigenständig leben können, bei einigen von ihnen kann bereits von einer seelischen Behinderung gesprochen werden. Mutter-Kind-Haus: Es kann sein, dass Väter oder Mütter aufgrund ihrer psychischen Einschränkungen Schwierigkeiten haben, ihr eigenes Leben zu leben und vor allen Dingen auch für ihr Kind zu sorgen. Im Wendepünktchen wird mit den Müttern trainiert, im Alltag achtsam mit ihren Kindern umzugehen.