Velbert. Jungen und Mädchen der Hauptschule in Velbert und Handwerker bauen zusammen ein Haus. Es ist der Auftakt für eine langfristige Zusammenarbeit.
Wer will fleißige Handwerker sehen? Der kann demnächst an die Grünstraße gehen. Dort errichten nämlich kleine Handwerker – Jungen und Mädchen der Martin-Luther-King-Hauptschule – und große, „richtige“ Handwerker – Profis aus verschiedenen Gewerken – zusammen auf dem Außengelände der Schule ein Holzhaus. Die Baugenehmigung der Stadt Velbert liegt vor. Vier mal vier Meter Grundfläche sind vorgesehen, zumindest der Rohbau soll bis zu den großen Ferien fertig werden. Das so genannte Modellhaus auf dem Schulhof ist allerdings keine Eintagsfliege, sondern „nur der Auftakt für eine langfristig angelegte Zusammenarbeit mit dem Handwerk“, betont Barbara Kreimer.
Velberter Kooperation nutzt beiden Seiten
Nach Auskunft der Rektorin (seit 2018) nutzt die Kooperation „auf jeden Fall“ beiden Seiten. Das Handwerk könne potenziellen Nachwuchs akquirieren und „wir die Kinder gut unterbringen“. Die Initialzündung für das konkrete Projekt kam von Martina Schulten. Sie ist pädagogische Mitarbeiterin im Regionalen Bildungsbüro Kreis Mettmann.
Land, Bund und EU fördern
Zum Hintergrund: Mit Unterstützung von Martin Sträßer (MdL-CDU), Bürgermeister Dirk Lukrafka und Kreis wird in der Hauptschule eine praktisch ausgerichtete Berufsorientierung etabliert. Die fachliche Begleitung übernimmt das Bildungszentrum des Baugewerbes (BZB) in Person von Christoph Lanken. Er ist Berater in dem „Programm passgenaue Besetzung“, das von Bund und EU gefördert wird. Die Kreishandwerkerschaft (KH) Mettmann unterstützt die Aktivitäten mit dem im Auftrag der Landesregierung durchgeführten Projekt „Übergangsbegleitung“. Es wird ebenfalls mit EU-Mitteln gefördert.
Warteschleifen müssen nicht sein
Rainer Weissmann geht’s nicht zuletzt darum, die viel zu wenig bekannte Vielfalt des Handwerks mit seinen 130 verschiedenen Berufen aufzuzeigen. Und er will rüber bringen, dass man eben keine Warteschleifen drehen müsse, sondern nach der Schule direkt ran ans Handwerk gehen solle. Jeder müsse nach der Zehn auch reiflich überlegen, meint der bei der KH angestellte Übergangsbegleiter, ob man zwei Jahre später noch einmal ein ähnlich gutes Zeugnis werde vorlegen können.
Meister schließt Abi ein
Darüber hinaus könne man mit dem Gesellenbrief direkt weiter und den Meister machen, und im Meisterbrief sei das Abi dann inclusive. „Das ist der eigentliche Weg“, findet auch Barbara Kreimer, „nicht nur einen Beruf lernen, sondern sich noch höher qualifizieren und dadurch auch neue, weitere Wege erschließen“. Als Einstieg können die Jugendlichen – es sollen im Wechsel möglichst viele aus den Stufen 9 und 10 beteiligt werden – beim Hausbau einzelne Gewerke kennenlernen, ganz nebenher merken, dass es Mathe und Zahlen eben nicht nur gibt, um ihnen das Schülerleben ein bisschen schwerer zu machen, und sie können mit eigenen Händen etwas Bleibendes schaffen. Tja, und „das Nonplusultra wäre, künftige Azubis und Chefs zusammenzubringen“.
Berufsorientierung und -findung erschwert
„Die richtige Berufswahl ist für viele Jugendliche ein schwieriges Thema geworden“, erklärt Torben Viehl. „Coronabedingte Lockdowns, Distanzunterricht und fehlende Möglichkeiten der praktischen Berufsorientierung haben dazu beigetragen. Viele junge Menschen sind verunsichert und entscheiden sich vor diesem Hintergrund für einen weiteren Schulbesuch. Dazu besteht aber kein Grund“, betont der KH-Geschäftsführer.
Erlebnisse schaffen
Im Januar hat es ein erstes Arbeitstreffen gegeben, bei der zweiten Zusammenkunft ging es dieser Tage um die praktische Projekt- und konkrete Ablaufplanung. Für Gabriele Leßel steht jetzt zunächst einmal das Erlebnis im Vordergrund: „Das Erlebnis, was zu schaffen, was wachsen zu sehen und was auszuprobieren“, zählt die KH-Abteilungsleiterin Berufsbildung drei Aspekte auf. „Nicht bei einer gestellten Aufgabe, sondern so richtig was Echtes, das die Schüler später auch nutzen können.“ „Die sollen einfach ihre Fähigkeiten austesten“, ermuntert Rektorin Kreimer, „und neue Potenziale entdecken.“
Betriebe können sich ab sofort melden
Für das Hausbau-Projekt sind diverse Gewerke vonnöten. Dazu gehören u. a. Schreiner, Dachdecker, Sanität/Heizung/Klima und Elektriker.
Interessierte Betriebe, die gerne mitwirken wollen, melden sich bei Gabriele Leßel, 02104 9553-30, E-Mail an lessel@handwerk-me.de.