Neviges. Die Wehrmauern von Schloss Hardenberg in Velbert werden zurzeit saniert – knapp sechs Jahre nach den umfangreichen Arbeiten. Die WAZ hakt nach.

Eine Plane verdeckt die oberste Mauerreihe, auf dem Boden liegt ein großer Haufen Steine. Rot-weißes Flatterband sperrt die Baustelle ab, jenseits des Flatterbandes steht eine Betonmisch-Maschine. Wer in diesen Tagen am Schloss Hardenberg vorbeifährt oder dort spazieren geht, wundert sich: Was ist bloß mit der Wehrmauer los, die doch erst im Sommer 2016, also vor knapp sechs Jahren, aufwendig saniert worden ist? Die WAZ fragte nach bei der Stadt Velbert.

Sanierung liegt nur sechs Jahre zurück

Schloss wird zum „Erlebniszentrum Natur“

Das Schloss Hardenberg mit Herrenhaus, der mittelalterlichen Wehranlage, Mühlengebäude, Vorburg und Außenanlagen soll zum „Erlebniszentrum Natur“ umgewandelt werden. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf ca 8,9 Millionen Euro, der Bund beteiligt sich bisher mit einem Zuschuss in Höhe von 4,2 Millionen Euro.Den Kasematten, den unterirdischen Gängen, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Sie sollen fertig saniert und gefahrlos begehbar gemacht werden. In ein oder zwei Wehrtürmen sind Ausstellungen zur Geschichte des Schlosses geplant.

Die Schäden in der Mauer seien bei einer regelmäßigen Begehung entdeckt worden, so Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach, dabei handele es sich um „vereinzelt lose Bruchsteine“. Die Schäden würden zurzeit von der Spezialfirma Pressbau aus Erfurt behoben. Jenes Unternehmen, das auch für die drei Jahre lange Sanierung der kompletten Wehranlage zuständig war. Wenige Jahre nach Beendigung der Arbeiten gibt es nun wieder etwas zu tun.

Arbeiten sind witterungsbedingt

Die Mauerkrone ist abgetragen. Bei den Schäden handele es sich um „vereinzelt lose Bruchsteine“, so Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach.
Die Mauerkrone ist abgetragen. Bei den Schäden handele es sich um „vereinzelt lose Bruchsteine“, so Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Wie lange die Reparaturen andauern werden, könne man schwer sagen, so Hans-Joachim Blißenbach weiter. Die Arbeiten seien witterungsbedingt, man könne aber davon ausgehen, dass sie in diesem Frühjahr abgeschlossen würden. Die Frage, ob es normal sei, dass bereits sechs Jahre nach einer aufwendigen Sanierung erneut Schäden auftreten, beantwortete der Stadtsprecher mit „Nein“, die Firma Pressbau werde „daher einen Großteil der Schäden im Rahmen der Gewährleistung beseitigen“.

Burgenforscher ist begeistert von der Wehranlage

Bei den letzten umfangreichen Arbeiten an der Verteidigungsanlage – Freilegung der Kasematten und Erschließung der Wehrtürme mit den Schießscharten – ist die Mauer zunächst abgestützt und dann in Handarbeit wieder hergestellt worden, die Mauerkrone ist dabei extra unregelmäßig und zackig geblieben, um den Originalzustand wiederzugeben. Diese Mauerkrone ist zurzeit abgetragen. Die komplette Wiederherstellung der Wehranlage hatte vor sechs Jahren 1,5 Millionen Euro gekostet, die Summe hatten sich Bund und Land geteilt. Begleitet hatte die Arbeiten damals der Archäologe und renommierte Burgenforscher Dr Joachim Zeune, der immer wieder gern von Bayern nach Neviges kam, zu seiner erklärten Lieblingsbaustelle, wie er mehrmals versichert hatte. Die mittelalterliche Wehranlage von Schloss Hardenberg bezeichnete er begeistert als „absoluten Hochkaräter“, als „Kleinod von nationalem Wert“, das seinesgleichen in Deutschland suche.

Wertvoller als das Herrenhaus

Ein Hochkaräter, der eher beiläufig zum Vorschein kam: Denn ursprünglich sollte als erstes das Herrenhaus saniert werden. „Ich war 2005 zum ersten Mal hier in Neviges und habe sofort gesehen: Das Aufregende ist nicht das Schloss, sondern die Wehranlagen“, erinnerte sich Dr. Joachim Zeune in einem früheren Gespräch mit der WAZ. Im Jahr 2006 wurde in einem ersten Gutachten ersichtlich, dass die 1354 urkundlich erstmals erwähnte mittelalterliche Wehranlage des Schlosses Hardenberg weitaus wertvoller ist als das Herrenhaus: Die Stadt disponierte daraufhin um. Nach einem zweiten Gutachten wurde 2012 ein Sanierungskonzept erstellt, die Planungsphase begann 2013. „Aus einer stinknormalen Artilleriebefestigung mit diesem Kunstgriff eine Kleinfestung zu schaffen, das gibt es kein zweites Mal in Deutschland“, ist sich Zeune sicher. Jener „Kunstgriff“ habe darin bestanden, den Wehrgang zu überwölben und Tunnel zu schaffen – damit glänze in Neviges ein Solitär.