Neviges. Der Marienberg ist ein Paradies für viele Tiere. So freut sich Naturschützer Frank Todt über eine tierische Reihenhaussiedlung mitten im Grünen.

Eine „Reihenhaussiedlung“ inmitten der Wallfahrtsstätte Marienberg? Und das findet ein Naturschützer gut? Keine Panik, der Marienberg bleibt nach wie vor ein Ort des Betens und der Stille – und auch nach der Fällaktion ein Paradies für viele Tiere. Schnellen Schrittes eilt Frank Todt auf den großen Holzstapel zu, der ein paar Meter rechts jenseits des Hauptweges liegt. „Sehr schön, hier hat es sich wohl ein Zaunkönig bequem gemacht.“ Der Gutachter im Bereich Fledermaus- und Artenschutz lächelt angesichts der vielen Öffnungen in den Baumstämmen: „Ist doch eine prima Wohnbau-Siedlung.“

Marienberg begeistert den Experten

Hoch im Baum hängen die neu angebrachten Nistkästen für Fledermäuse. Denn „Batman“ stürzt sich kopfüber in die Tiefe, bevor er losfliegt.
Hoch im Baum hängen die neu angebrachten Nistkästen für Fledermäuse. Denn „Batman“ stürzt sich kopfüber in die Tiefe, bevor er losfliegt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Frank Todt kennt viele Waldstücke und Grünanlagen in Neviges, Velbert-Mitte und Heiligenhaus wie seine Westentasche, der Marienberg gehörte bisher nicht unbedingt dazu. Bis er von der katholischen Kirchengemeinde Maria, Königin des Friedens – ihr gehört das Grundstück – den Auftrag bekam, sich die Pilgerstätte genau anzusehen. Und zwar im Vorfeld der großen Baumfällaktion im Februar, bei der rund 100 kranke Bäume gefällt werden mussten. Bäume, die bis dahin vielen Tieren als Zuhause dienten. Man suchte Lösungen, „Ersatz-Wohnraum“ zu schaffen, dazu musste erst einmal klar sein, was hier alles so kreucht und fleucht. Unter anderem registrierte der Gutachter, der sich auch im NABU engagiert, mit seinem „Bat-Detektor“ rund 13.000 Fledermaus-Rufe. „Hier ist abends richtig viel los“, ist der Fledermaus-Experte begeistert.

Für viele Tiere eine Heimat gerettet

An manchen Bäumen, wie an dem zweiten von rechts, wurde nur die Krone gekappt. Denn in den Nischen und Höhlen des Stammes können Tiere nisten.
An manchen Bäumen, wie an dem zweiten von rechts, wurde nur die Krone gekappt. Denn in den Nischen und Höhlen des Stammes können Tiere nisten. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Frank Todt machte nach der Registrierung nicht nur Vorschläge, wo die Nistkästen an den verbleibenden Bäumen am besten hängen sollten – nach Anleitung zusammengebaut von Kita-Kindern des katholischen Kindergartens in Tönisheide und auch Senioren des Glocken-Treffs. Der Natur- und Artenschützer schaute sich auch jeden kranken Baum gemeinsam mit Forstwirt Elmar Stertenbrink an, der für die Baumfällaktion zuständig war. Vertreter einer Baumpflege-Firma aus Wuppertal kamen ebenso dazu, zu mehreren habe man überlegt: „Komplett fällen oder zumindest den Stamm stehen lassen? Das muss man genau abwägen, denn natürlich hat die Sicherheit oberste Priorität“, sagt Frank Todt. Und ja, so sagt er bescheiden nach mehrmaligem Nachfragen, letztlich habe er wohl auch die eine oder andere Zuflucht für Tiere gerettet.

Auch der Siebenschläfer fühlt sich wohl

In Öffnungen wie diesen fühlen sich auch kleine Käuze wohl, weiß Frank Todt.
In Öffnungen wie diesen fühlen sich auch kleine Käuze wohl, weiß Frank Todt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Etwa eine schöne alte Eiche, hier wurde die Krone gekappt, der Stamm mit den auffallend vielen kleinen Höhlen bleibt weiter stehen. Nicht nur Vögel und Fledermäuse zögen sich hier gern zurück, auch die Haselmaus klettere gern an Bäumen hoch, ebenso wie der Siebenschläfer. „Der legt sich im November hin und wacht jetzt im Frühling wieder auf.“ Beide, Haselmäuse und Siebenschläfer, gehören zur Familie der Bilche und fühlten sich, so Frank Todt, ausgesprochen wohl auf dem Marienberg. Die Gespräche sowohl mit Forstwirt Elmar Stertenbrink als auch mit den Baumpflegern seien sehr angenehm verlaufen.

Gute Kompromisse gefunden

Chance für junge Bäume

Der frei schaffende Gutachter Frank Todt ist Artenschutz- und Fledermaus-Experte. Auch die ökologische Baubegleitung gehört zu seinen Tätigkeiten.

Die vielen jungen Bäume auf dem Marienberg bekämen nach der Fällaktion jetzt mehr Licht und würden sich besser entwickeln, so Todt. Wo und wie viel eventuell nachgepflanzt wird, soll in einigen Jahren entschieden werden.

„Das waren konstruktive Gespräche, wir haben da so manchen Kompromiss gefunden. Das ist nicht selbstverständlich, das hab ich auch schon anders erlebt“, lobt der Artenschutz-Gutachter die gute Zusammenarbeit. Involviert war auch die Untere Landschaftsbehörde Kreis Mettmann, die unter anderem für den Artenschutz zuständig ist.

Die Blitz-Esche bleibt stehen

Durch Blitzeinschlag hat diese rund 100 Jahre alte Esche einen dicken Riss bekommen. Der Baum bleibt stehen, weil der Stamm ein idealer Nistplatz ist.
Durch Blitzeinschlag hat diese rund 100 Jahre alte Esche einen dicken Riss bekommen. Der Baum bleibt stehen, weil der Stamm ein idealer Nistplatz ist. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

So ist Frank Todt unter anderem froh, dass eine etwa 100 Jahre alte Esche stehen bleibt, in die vor langer Zeit mal der Blitz eingeschlagen war. Der dadurch entstandene lange, schmale Riss biete vielen Arten eine ideale „Wohnung“. Um den Verlust der fast 100 gefällten Bäume auszugleichen, wurden zudem 17 Vogelnistkästen und 14 Fledermauskästen aufgehängt, letztere schön hoch, „denn die stürzen sich ja kopfüber herunter“. Übrigens bevorzugten Fledermäuse und Vögel, hätten sie die Wahl, lieber die natürlichen Höhlen und Nischen, erzählt Frank Todt – auch deshalb seien die Baumstämme so wichtig. „Wenn Sie aus einer Villa heraus müssten, dann würden Sie auch lieber wieder in eine neue ziehen statt sich kleiner zu setzen.“