Velbert. Es gibt genügend Schilder in Velberts Tiergehege im Herminghauspark. Das Ignorieren des „Füttern verboten“ hat jetzt erneut ein Opfer gefordert.
Es gibt die kurzen, dennoch höflich formulierten Verbotsschilder. Es gibt auch die mit der direkten Ansprache „Lieber Tierfreund“, die ebenfalls darum bitten, den Bewohnern des Tiergeheges im Velberter Herminghauspark nichts zu geben und das dann so begründen: „Überfütterung oder falsche Futtermittel führen zu Krankheit oder Tode“. Und doch werden die wirklich nicht wenigen Hinweise übersehen oder einfach ignoriert. Das hat jetzt Babette das Leben gekostet. Die gut 20 Jahre alte Esel-Stute muss schrecklich gelitten haben, bevor sie der Tierarzt erlöste. Das geht aus den Schilderungen der Mitarbeiter der Technischen Betriebe Velbert (TBV) hervor. Und Babette ist nicht das erste Opfer.
Leidendes Tier beim Wochenenddienst in Velbert vorgefunden
Arbeiter Sandro Martino, der zurzeit für erkrankte Kollegen einspringt und die Tiere mit pflegt, hatte Wochenenddienst und fand die Stute am Sonntag in einem erbärmlichen Zustand vor. „Schaum vor dem Maul, eine blutig gebissene Vorderlippe. Sie hat wohl gekrampft und war völlig entkräftet“, berichtet Sebastian Ullrich, der zur Begutachtung anrückte. Babette habe den Kopf unnatürlich nach hinten gedreht, so der stv. Tierpfleger und Garten- und Landschaftsbauer weiter, und man habe schließlich mit drei Mann versucht das Tier aufzurichten. Ohne Erfolg. Es sei wie gelähmt gewesen.
Zwei Tage vorher noch topfit
Der Tierarzt habe die Stute, die er erst zwei Tage zuvor „topfit“ angetroffen habe, untersucht und letztlich eingeschläfert. „Sie ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit falsch gefüttert worden.“ Die Anzeichen seien eindeutig gewesen, wie bei einer Vergiftung, erzählt Günter Strathmann, Meister im TBV-Grünflächenbereich. Tiere hätten auch Unverträglichkeiten und Allergien und könnten längst nicht alle Pflanzen verdauen. Eiben, Ilex und Kirschlorbeer zum Beispiel seien giftig. Die Leute rissen davon Blätter ab und brächten sie mit ins Tiergehege. Die etwa acht Jahre alte Esel-Stute Christie, in 2019 zugekauft, ist im Park nunmehr die einzige ihrer Art.
Artgerecht und ausreichend versorgt
Futter spenden oder Pate werden
Am Wirtschaftsraum des Tiergeheges gibt es einen extra Futterspenden-Behälter, dessen Inhalt TBV-Mitarbeiter täglich mehrfach sichten und (aus)sortieren.Wer ein besonderes Geschenk sucht oder die Arbeit des Tiergeheges unterstützen möchte, kann eine Tierpatenschaft übernehmen. Pate von Babette war anfangs der Leo-Club Niederberg.Ansprechpartner bei den Technischen Betrieben ist Günter Strathmann, 02051 26-2741.
„Die schmeißen alles rein“, berichtet Ullrich. „Total ignorant.“ Und dann kommt eine lange Aufzählung: schimmeliges Brot, Hundefutter – „Das ist das gängigste“ –, Chips, Flips, Gummibärchen, Zuckerwatte. Gras abzureißen sei wegen der zunehmenden Exkremente von Besucher-Hunden ebenfalls so gar keine gute Idee. „Finger weg vom Füttern“, mahnt Strathmann eindringlich. Die Bewohner des Tiergeheges würden „artgerecht und ausreichend mit besten Stoffen versorgt“, bekräftigt Franziska Hübner. Das Ernährungsprogramm für die Tiere im Gehege sei eigens zusammen mit dem Tierarzt (und dem Hufschmied) abgestimmt, so die Geschäftsbereichsleiterin Grünflächen/Friedhöfe.
Wohl nicht gezielt und bewusst
„Denen geht’s ja gut“, findet auch Roswitha Lohfink. Die Seniorin läuft nahezu jeden Tag durch den Park und das Gehege. „Ich habe den Eindruck, die sind hier alle zufrieden und gut versorgt.“ Wobei die TBV-Leute übereinstimmend nicht glauben bzw. nicht das Gefühl haben, dass Besucher ihre Schützlinge tatsächlich falsch füttern, um ihnen gezielt und bewusst zu schaden. „Manche denken vielleicht sogar noch, sie täten was Gutes“, heißt es in der Runde.
Tiere heimischer Bauernhöfe
Das Tiergehege war nach einer Sanierung im Oktober 2011 wiedereröffnet worden. Es ist ein Zuhause für verschiedene Haus- und Nutztierrassen, die teils vom Aussterben bedroht sind. Es sei bei der Auswahl darauf geachtet worden, sagt Strathmann, auch Tiere heimischer Bauernhöfe zu haben. Hier tummeln sich Ponys, Ziegen, Bentheimer Schweine, Kaninchen, Vorwerk-Hühner, Schwäne, Enten, Schafe – Skudden und eine kleinere Rasse – und jetzt nur noch ein Esel. Der Streichelzoo ist wegen der Pandemie gesperrt, „weil sich die Besucher dort oft sehr nahe kommen“. Außerhalb der Öffnungszeiten – derzeit 8 bis 17 Uhr – sind die Tiere in ihren Stallungen.
Ausgesetzte Kaninchen adoptiert
Übrigens: Sandro Martino findet nicht nur im Herminghauspark die Arbeit mit Tieren schön. Er hat daheim zwei Hauskatzen und zwei Kaninchen. Letztere waren im Gehege ausgesetzt worden, was laut TBV immer wieder vorkommt. Manchmal kämen höfliche Telefon-Anfragen, mitunter fände man allerdings unversehens auch einfach neue Tiere vor. Die dann aber nicht bleiben können, weil es vom Kreis-Veterinäramt klare Vorgaben hinsichtlich der Anzahl und der Quadratmeter gebe. „Kürzlich“, erzählt Franziska Hübner, habe ein Mann 100 Kanarienvögel angeboten: „Er wollte seine Zucht aufgeben.“