Kreis Mettmann. Im Kreis Mettmann geht die Arbeitslosigkeit seit Februar kontinuierlich zurück. Die Coronakrise hinterlässt aber deutliche Spuren.

„Die Pandemie hat den Arbeitsmarkt nicht total unbeeindruckt gelassen, aber die Gesamtbilanz ist vergleichsweise recht positiv“, resümiert Karl Tymister. Doch der Chef der Agentur für Arbeit Mettmann ist nicht dafür bekannt, etwas schön zu reden oder durch die rosarote Brille zu betrachten. Und so weiß er genau und sagt beim Rückblick auf das Jahr auch klipp und klar, dass einzelne Branchen und bestimmte Beschäftigtengruppen von Corona sehr wohl stark gebeutelt worden sind. Dennoch: Grundsätzlich gibt es zu 2021 Erfreuliches zu melden: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist mit rund 195.000 Frauen und Männern nahezu stabil geblieben. Die Kurzarbeit hat erneut tausende Arbeitsplätze gesichert. Die Arbeitslosigkeit ist wieder deutlich gesunken, die Arbeitskräftenachfrage hat sich über den Sommer spürbar erholt.

Massive Arbeitslosigkeit im Kreis Mettmann verhindert

Die höchsten Beschäftigungszunahmen kreisweit verzeichnet die Agentur bei Post-, Kurier- und Expressdiensten. Und die höchsten Rückgänge bei der Herstellung von Kfz und Kfz-Teilen, im Maschinenbau und bei der Herstellung von Metallerzeugnissen.
Die höchsten Beschäftigungszunahmen kreisweit verzeichnet die Agentur bei Post-, Kurier- und Expressdiensten. Und die höchsten Rückgänge bei der Herstellung von Kfz und Kfz-Teilen, im Maschinenbau und bei der Herstellung von Metallerzeugnissen. © WAZFotoPool | EICKERSHOFF, Stephan

Die ergriffenen Maßnahmen haben allerdings auch ihren Preis, wie eine Nachfrage der WAZ ergab. So sind heuer bis Mitte Dezember im Neanderland 125 Millionen Euro für Kurzarbeitergeld aufgewendet worden, waren es in 2020 insgesamt 153 Millionen. „Die Kurzarbeit hat auch jetzt wieder viele tausend Arbeitsplätze gerettet und Arbeitslosigkeit verhindert“, betont Tymister. Er habe die Erwartung, „dass diese Brücke hält. Durch die Verlängerung der Sonderregelungen für Kurzarbeitergeld bleibt diese Absicherung auch in der aktuellen Pandemiewelle bestehen“. Die vielfach prognostizierte Insolvenzwelle ist übrigens bislang ausgeblieben.

Pandemiewellen zeichnen sich deutlich ab

Die höchste Nutzung der Kurzarbeit gab es im Februar mit 17.421 Beschäftigten in 2468 Betrieben. Am stärksten betroffen war das Gastgewerbe, gefolgt von verschiedenen Dienstleistungsbereichen. Schaut man auf den Verlauf vom Januar 2020 bis zu diesem Jahr, so sind die Pandemiewellen beim Auf und Ab der Kurzarbeit deutlich abzulesen. Nach Auskunft der Agentur registrierte man nunmehr zum Winter hin „einen starken Anstieg“.

Selbstständige leiden unter Lockdowns

Zudem leiden Selbstständige vergleichsweise stärker unter den Lockdown-Folgen. Das heiße nicht unbedingt, dass sie arbeitslos geworden seien, erklärt die Geschäftsführerin des Jobcenters „ME-aktiv“, Nathalie Schöndorf, aber die Menschen schafften es häufig nicht mehr, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aktuell werden hierzu rund 1100 Kunden betreut. Schließlich bekamen laut Tymister auch die weiblichen Beschäftigten die Pandemie stärker zu spüren, weil der Frauen-Anteil in den betroffenen Branchen höher sei.

Seit Februar geht’s bergauf

Geringfügig Beschäftigte haben die Auswirkungen der Coronakrise besonders deutlich gespürt. Die größten Rückgänge bei den Minijobs gab es Karl Tymister zufolge im Gastgewerbe und Handel.
Geringfügig Beschäftigte haben die Auswirkungen der Coronakrise besonders deutlich gespürt. Die größten Rückgänge bei den Minijobs gab es Karl Tymister zufolge im Gastgewerbe und Handel. © Arbeit für Arbeit | Agentur für Arbeit

Noch einmal zurück zur Arbeitslosigkeit. „Sie ist bereits deutlich gesunken, liegt aber noch rund zwölf Prozent über dem Vorkrisenniveau. Den höchsten Stand erreichte die Arbeitslosigkeit im Februar und geht seitdem kontinuierlich zurück. Sie blieb auch im Jahresverlauf unter dem Niveau der Finanzkrise von 2009“, berichtet der Agentur-Chef. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote blieb aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit im ersten Quartal bei 6,7 und sank zuletzt auf 6,2 Prozent. 2019 waren es noch 5,6, hingegen im Jahr 2009 der Finanzkrise 7,5 Prozent.

Fast jeder Zweite über ein Jahr ohne Job

Von allen Arbeitslosen sind 7363 ein Jahr oder länger ohne eine Anstellung. Damit ist die Langzeitarbeitslosigkeit infolge der Pandemie seit November 2019 um nahezu ein Drittel gestiegen. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen beträgt jetzt 45,4 Prozent, vor der Pandemie lag er bei 38,4 Prozent.

Bedarf an Hilfe lässt nach

Fachkräfte, Experten und Spezialisten haben gute Karten

Die Arbeitskräfte-Nachfrage entwickelte sich dieses Jahr dynamischer. So meldeten die Unternehmen im Neanderland 9727 neue freie Stellen. Der Bestand an offenen Jobs lag im Schnitt bei 3124 Stellen, das sind einerseits 698 weniger als 2019, andererseits aber 425 Stellen mehr als im Vorjahr.

Von den Angeboten sind fast 90 Prozent unbefristet; überwiegend wird eine Fachkraft gesucht bzw. ein Experte oder Spezialist. Karl Tymister hat es schon vor geraumer Zeit prophezeit und sieht sich nunmehr bestätigt: „Der Fachkräftebedarf ist beim überwiegenden Teil der Betriebe wieder das zentrale Thema.“

Dank der Erholung des Arbeitsmarktes entspreche die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften fast wieder dem Stand wie vor Corona, fügt Nathalie Schöndorf hinzu: „Wir befinden uns aktuell auf Abbaupfad.“ Die Hilfe-Bedürftigkeit liege nur noch leicht über Vorkrisenniveau. In Zahlen sieht das so aus: Aktuell betreut „ME-aktiv“ 18.487 Bedarfsgemeinschaften. Das sind 644 weniger als vor einem Jahr, aber noch rund 200 mehr als vor der Pandemie.