Langenberg/Neviges. Es gibt keinen grenzenlosen Hochwasserschutz. Das macht eine Vertreterin des Wasserverbandes klar. Für Velbert soll ein Konzept erstellt werden.
Wer bis jetzt auch nur den Hauch einer Illusion hatte, man könne sich planerisch und technisch gegen ein „Land unter“ von dem Kaliber wappnen, wie es die Bürger und Bürgerinnen Mitte Juli vor allem in Langenberg sowie in Neviges heimgesucht hat, der dürfte seit der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses Velbert ernüchternd illusionslos sein. „Für so ein Ereignis wird es keinen Schutz geben. Das ist mit technischen Mitteln nicht herzustellen“, sagte dort nämlich Kristin Wedmann vom Bergisch-Rheinischen Wasserverband (BRW).
Hochwasser hat alles bisher Dagewesene in Velbert getoppt
Das besonders Fatale am 14. Juli war nach Auskunft der Dipl.-Ingenieurin, die bei dem Verband den Geschäftsbereich Technik leitet, dass sich zwei „Regenereignisse“, wie es in dem Fachjargon heißt, überlagert haben: extrem ergiebiger Dauerregen mit 80 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden gepaart mit heftigem Starkregen mit 35 bis 60 l/qm binnen nur sechs Stunden. Das führte u. a. dazu, dass der „Ertrag“ alles bisher Gemessene getoppt und bei weitem übertroffen hat. An der Messstation Tönisheide betrug die 24-Stunden-Summe 109 statt des bislang über 40 Jahre hin bekannten Maximums von 86 mm, und bei einer für die Oberläufe von Deil- und Hardenberger Bach relevanten Station im benachbarten Wuppertal waren es gar 130 statt 58.
Sehr kurze Vorwarnzeiten
Im Deilbach/Höhe Grenzweg kletterte der Wasserstand auf 3,13 Meter, in 2005 waren es gerade mal zwei Meter. Mitunter seien mehr als 100 Kubikmeter pro Sekunde durchgerauscht, bilanziert Wedmann. „Das, was prognostiziert war, ist eingetroffen und teils noch übertroffen worden.“ Erschwerend kam und kommt auch weiterhin hinzu: „Die Vorwarnzeiten bei unseren kleinen Gewässern sind unheimlich gering und kurz.“
Statistisch einmal in 100 Jahren
Das gesamte Thema kommt wohl im Frühjahr noch einmal im Stadtrat bzw. dessen Gremien auf den Tisch. Der BRW und die Technischen Betriebe Velbert (TBV) haben sich nämlich daran gemacht, ein Hochwasserschutz-Konzept zu erstellen. Der BRW-Fachfrau zufolge wird in der Regel versucht, für „HQ 100“ Schutz herzustellen – mithin für einen Hochwasser-Abfluss, der im statistischen Mittel einmal in 100 Jahren erreicht oder überschritten wird. Bei dem Co-Konzept von BRW/TBV soll jedoch auch geschaut werden, „ob mehr geht“. Also zumindest ein Stück in die Richtung von „HQ extrem“.
Rückhaltebecken benötigen viel Platz
Ein probates Instrument sind – neben wirklich leistungsfähigen Gewässerprofilen – Hochwasserrückhaltebecken. Davon gibt’s im Verbandsgebiet ganze 42, darunter acht im Einzugsgebiet von Deil-, Hardenberger-, Rinder- und Hesperbach mit ca. 200.000 Kubikmeter Volumen. Die Bauwerke sind Stauanlagen, die vorübergehend Hochwasser aufnehmen: Ein Teil der zufließenden Hochwasserwelle wird im Becken gespeichert, der andere fließt im Bach oder Flüsschen weiter. Die Differenz zwischen zu- und abfließendem Wasser wird im Becken zurückgehalten.
Auf die Eigentumsverhältnisse schauen
Allein: Diese Rückhaltebecken sind groß und brauchen viel Fläche. „Das können Sie nur im Oberlauf machen“, erklärte dazu Kristin Wedmann im Ausschuss. „Wenn man sich die Innenstadt von Langenberg vorstellt, ist man da sehr schnell am Ende.“ Grundsätzlich brauche man für Maßnahmen immer Platz, auch im Oberlauf und am Gewässer selbst. Allerdings müsse die benötigte Fläche nicht nur überhaupt erst einmal vorhanden sein. Vielmehr komme es auch auf die jeweiligen Eigentumsverhältnisse an und sei die Frage zu klären, ob die Fläche für Hochwasserschutz-Vorkehrungen zur Verfügung gestellt werde bzw. werden könne.
Den Wasserhaushalt schützen und pflegen
Der BRW ist einer der zehn großen Wasserverbände in NRW. Er beschäftigt mehr als 250 Mitarbeiter. In dem 550 Quadratkilometer großen Verbandsgebiet gibt es rund 950 Kilometer Gewässer.
Zu den Aufgaben des BRW gehört es, fließende Gewässer zu unterhalten, die Wasserführung in ihnen auszugleichen und Gewässer auszubauen, ferner Abwasser zu reinigen, unschädlich zu machen und abzuführen sowie die anfallenden Klärschlämme zu entsorgen.