Velbert. Das siebte Langenberg Festival bot wieder außergewöhnliche Eindrücke mit außergewöhnlichen Interpreten. Es war ein Gesamtkunstwerk.
„Musikalischer Champagner“ werde beim Abschlusskonzert des diesjährigen Langenberg Festivals geöffnet – so verkündete Nina Reddig und steigerte die Erwartungen an das letzte Konzert der Reihe. Vorausgegangen waren vier Veranstaltungen mit verschiedensten programmatischen Titeln und unterschiedlichsten Musikstücken, die von der Alten Musik bis zur Moderne reichten.
Angefangen mit einem Proben-Konzert, über ein Konzert mit Liebeslyrik und Liebesliedern einschließlich einer sich darin einfindenden Brahms-Sonate (siehe Bericht vom 4. Oktober) und der Vorstellung der neuen Besetzung des Haskil-Trios, die die Zuhörer zu Begeisterungsstürmen hinriss bis zu einem Improvisations- (hervorragend Barbara Schachtner und Stephan Roth) und Gesprächskonzert , in dem alle teilnehmenden Künstler sich den Fragen und Vorstellungen des Publikums stellten. Nun also das Abschlusskonzert, das der mehr heiteren Seite der Musik („vom Dunkel zum Licht“- so der Gesamt –Titel des Festivals) gewidmet war.
Ein weiter Spannungsbogen
Der Anfang war allerdings gewichtig mit einem Satz aus Beethovens „Geistertrio“, in dem sanfte wie unheimliche „Geister“ beschworen wurden. Der Spannungsbogen reichte von wild bis lieblich, oder um es musikalisch auszudrücken von „con fuoco“ bis „amabile“. Während die Streicher (Nina Reddig Violine und Kajana Pačko Violoncello) die Kantilene ins Voluminöse steigerten, ließ Fil Liotis am Klavier den „Champagner“ in perlenden Tönen fließen, ohne es zeitweise an Energie fehlen zu lassen.
Alle Register gezogen
Im zweiten Stück von Beethoven , das Adagio aus dem „Gassenhauer-Trio“ waren dann schon sanftere Töne und ein ausgleichenderes Melos zu hören. Lyrisch zärtlich gab sich die „Barcarolle“ aus den „Jahreszeiten“ von Tschaikowsky, der Fil Liotis einprägsame Gestalt gab. Kajana Pačko überraschte dann mit einem Musikstück betitelt „Une larme“ mit wehmütigem Beginn. Doch es schien sich tatsächlich nur um eine einzelne „Träne“ zu handeln, denn plötzlich stürmte sie los und bot so alles was an Virtuosität auf dem Cello zu bieten war von den tiefen Tönen bis zu den höchsten Höhen mit gewagten Läufen und verwegenen Doppelgriffen. Auch in der Tongebung zog sie alle Register, die man sich auf dem Cello überhaupt vorstellen kann. Da wurde „Champagner“ der besonderen Güte ausgeschenkt.
Explosives Schlussstück
Explosiv wurde es dann beim Schlussstück mit dem renommierten Klarinettisten David Orlowski, in dem nochmal Nina Reddig und Fil Liotis auftraten ,die zusammen mit ihm eine lebenssprühende , furiose Performance boten und den „Champagner“ nur so fließen ließen. Es handelte sich um eine Komposition im Klezmer-Genre mit einem Anfangstitel „Freylakh“, was so viel wie „fröhlich“ heißen soll. Besser wäre die Übersetzung mit „Übermütig, unbändig“, so stark war der Eindruck. Ein mitreißender Schluss des Festivals, dem allerdings noch ein Solo-Stück des Klarinettisten als Zugabe folgte, in dem er bewies, dass er auch sanfte Töne meisterhaft beherrscht, und in dem er auch bewies, dass man auch mit leisen Tönen ein Publikum begeistern kann.
Außergewöhnliche Interpreten
Rückblickend muss man sagen, dass das 7. Langenberg Festival wieder außergewöhnliche Eindrücke bot mit außergewöhnlichen Interpreten. Schaut man auf die Vitae der Künstler kann es einem direkt schwindelig werden, auf welchen Konzertsälen der Welt sie zu Hause sind und wieviel bedeutende Musik-Preise ihnen zugedacht wurden. Und man muss Nina Reddig danken, diese Künstler gewonnen zu haben und dafür , dass sie mit einer Zähigkeit und Energie jedes Jahr die Organisation des Festivals übernimmt und aus dem Festival nicht nur ein Kammermusikereignis macht, sondern mit ihrer Programmatik weit tiefer greift und der Musik Berührung mit anderen Künsten verleiht: Gesang, Rezitation, Pantomime, über Streicher hinaus weitere Klangfarben wie Schlagzeug, Harfe, Klarinette, Klavier, und wenn man noch den schönen Konzertsaal, den sie sich erwählt hat, dazurechnet, kann man schon von einem Gesamtkunstwerk sprechen.
Auf internationalen Podien
Nina Reddig ist als Kammermusikerin, Solistin und Konzertmeisterin auf internationalen Podien zu Gast.Die ARD-Wettbewerbspreisträgerin bezeichnet als Herzstück ihrer Arbeit das Langenberg Festival, das sie im Jahr 2015 in ihrer Wahlheimat gegründet hat. In der Senderstadt lebt sie seit ihrem Studuim.