Velbert. Der Chef des Stadtarchivs, Christoph Schotten, geht in den Ruhestand. Der Historiker registriert ein gestiegenes Interesse an der Lokalgeschichte

„Es ist oft so, dass sich Auswärtige am intensivsten mit der Stadtgeschichte befassen“, sagt Christoph Schotten. Und plaudert damit nicht nur aus dem Nähkästchen, sondern berichtet auch ganz persönlich aus seiner eigenen Biographie. Denn der gebürtige Düsseldorfer hat von 1985 an bis jetzt das Stadtarchiv – auch gerne Gedächtnis einer Stadt genannt – von Velbert geleitet. „Vermutlich findet man hier auch Sachen, die man eigentlich gar nicht mehr finden möchte und verdrängt hat“, fügt er verschmitzt hinzu und meint damit Geschichten wie die legendären roten Streifen auf dem Innenstadtring, den Abriss des angeblich nicht mehr verkehrsgerecht platzierten alten Rathauses Friedrich-/Ecke Kolpingstraße samt Nachfolgebau und natürlich den Abriss des Milchstraßenviertels.

Es sollte eigentlich in den Schuldienst gehen

Ein gewisser Sinn für Systematik, gepaart mit Ordnungsliebe, ist hier vermutlich nicht fehl am Platz.
Ein gewisser Sinn für Systematik, gepaart mit Ordnungsliebe, ist hier vermutlich nicht fehl am Platz. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ursprünglich wollte Schotten nach dem Studium der Geschichte und Politikwissenschaften in Bonn und dem zweiten Staatsexamen als Lehrer arbeiten, „aber damals gab’s Historiker zuhauf“. Er kam also nicht in den Schuldienst, schrieb als freier Mitarbeiter für eine Lokalzeitung im Südkreis und kam letztlich über die Vermittlung des Arbeitsamtes nach Velbert. Er erhielt nämlich den Auftrag, den Ausstellungskatalog „Die Nachkriegszeit in Velbert, Neviges und Langenberg“ zu machen. Das währte nahezu zwei Jahre, und dann habe ihn der damalige Stadtdirektor Hans-Günter Steinhauer gefragt, ob er nicht Lust hätte, die Leitung des Stadtarchivs zu übernehmen. „Und so bin ich in die Stelle reingekommen.“

Umzug in den Neubau

Die Einrichtung war von 1977 an im Schloss Hardenberg untergebracht, ist seit dem Jahr 2001 im Erdgeschoss des Rathaus-Anbaus zwischen dem altem Trakt und den Arkaden, Thomasstraße 1. „Insgesamt sind es spannende Jahre gewesen“, blickt Christoph Schotten zurück, der gerne „noch einen Turnus – so ein oder zwei Jahre“ – weitergearbeitet hätte, statt jetzt mit 65 in den Ruhestand zu gehen. Das sei nicht üblich, habe man ihm im Rathaus daraufhin lediglich beschieden.

Bürgermeisterei stets hochgehalten

Besucher müssen sich vorher anmelden

Das Stadtarchiv im Velberter Rathaus, Thomasstraße, ist werktags zu den normalen Zeiten der Stadtverwaltung geöffnet.

Interessenten, die dort z. B. eine Auskunft einholen oder aber etwas recherchieren möchten, müssen sich Corona-bedingt allerdings noch weiterhin vorab anmelden: unter 02051/26-2264.

Zu den zwei tollen Möglichkeiten, die sich ihm über die vielen Jahre geboten hätten, nennt der Historiker den Aufbau des Archivs in neuen Räumen: „moderner, größer, attraktiver und vor allem archivgerechter“. Zweitens habe er zu 2008 das Buch „Velbert – Geschichte dreier Städte“ anlässlich des Jubiläums „200 Jahre Bürgermeisterei“ recherchiert und publiziert. Das Ereignis selbst sei zwar lediglich in einem bescheidenen Rahmen gefeiert worden, „aber man hat hier die Bürgermeisterei immer hochgehalten“.

Interessant und abwechslungsreich

Zum wirklich kleinen Team gehören Dr. Ulrich Morgenroth, Nadia Mannertz (re.) und aktuell als Praktikantin Neele Holfort.
Zum wirklich kleinen Team gehören Dr. Ulrich Morgenroth, Nadia Mannertz (re.) und aktuell als Praktikantin Neele Holfort. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Sein Gesamt-Resümee fällt folgendermaßen aus: „Als ich anfing, gab es eigentlich lediglich eine Handvoll Menschen, die sich für die Lokalgeschichte interessiert haben; mittlerweile ist es nicht mehr zu überschauen, wie viele es sind.“ Für Schotten „eine erfreuliche Entwicklung. Offenbar haben doch viele festgestellt, dass Velbert eine interessante und abwechslungsreiche Entwicklung und Geschichte aufzuweisen hat“. Ob das eventuell auch damit zusammenhängen könnte, dass Schotten das Stadtarchiv zu einer wirklich für alle offenen Einrichtung gemacht hat? „Das ist wohl möglich“, meint er. Für ein Archiv dieser Größenordnung sei eine Öffnungszeit von 30 Wochenstunden schon bemerkenswert.

Arbeitsschwerpunkt ist die Digitalisierung

Und es soll auch ein Bürger-Archiv bleiben, wie sein Nachfolger Dr. Ulrich Morgenroth ganz ausdrücklich bekräftigt. „Besucher und Interessenten sind uns willkommen, das ist doch der schönste Teil unserer Arbeit“, erklärt der Kulturreferent und neue Leiter der Einrichtung (seit 1. 6.). Er habe sich ja schon während seiner Museumstätigkeit stets mit Velberter Historie sowie der Geschichte von hiesigen Unternehmen befasst, so der Archäologe (52), und mehrere Bücher geschrieben. Schwerpunkt seiner Aufgaben – zum kleinen Team gehören die Sachbearbeiterin Nadia Mannertz und aktuell die Praktikantin Neele Holfort – sei jetzt die Digitalisierung: der Archiv-Suche, der Zeitungs- und Aktenbestände und ferner die Vernetzung mit anderen Archiven.