Velbert. Für viele Experten ist Wasserstoff der wichtigste Schlüssel für die Energiewende. Velbert entwickelt dazu eine Blaupause für eine Mittelstadt.
Derweil sich auch die lokale Welt beim Thema Mobilität von morgen nahezu ausschließlich um E-Autos und ihre Ladesäulen zu drehen scheint, ist eine Gruppe in Velbert bereits seit Monaten unterwegs, um ein umsetzungsfähiges Feinkonzept zum Aufbau einer Wasserstoff-Region zu entwickeln. Im so genannten grünen Wasserstoff liegt für viele der zentrale Schlüssel zu einer wirklichen Energiewende weg von Öl, Kohle und Gas. Experten zufolge vermindert der Einsatz einer Tonne treibhausneutralen Wasserstoffs das 26-fache an CO2. In diesen Tagen geht in Velbert die Post ab, bringen die an dem Thema Beteiligten ihr Grobkonzept für den Wettbewerb „HyExperts“ auf den Weg nach Berlin, in dem es um nichts Geringeres geht als um eine „Blaupause für eine Mittelstadt – Wasserstoff in Velbert“. „Wir haben Akteure in unserer Stadt“, sagt Jörg Ostermann, „die am Wasserstoff ganz dicht dran sind.“
Lokale Technologieführer vor Ort viel zu wenig bekannt
Der Baudezernent spricht in diesem Zusammenhang von „vielen Hidden Champions im Bereich der Wasserstoff-Technologie“, die auf ihren jeweiligen Gebieten Technologieführer seien. Er ist auch der Initiator der zugehörigen Lenkungsgruppe, die seit 2020 tagt und arbeitet. Immer mittwochs, alle zwei Wochen. Ostermann selbst hatte in Köln einen Bekannten getroffen, der just wasserstoffbetriebene Busse gekauft hatte. „Wenn man sich dann damit auseinander setzt, wird man richtig angefixt“, erzählt er. „Damit setzt man bei der Energie für die Zukunft aufs richtige Pferd.“
„Ein wunderbares Zusammenwirken“
Und offenbar liegt er absolut richtig: Denn zu den Gründungsmitgliedern – Stadt, Stadtwerke und Technische Betriebe Velbert, EVB Technik GmbH (Talstraße) und Maximator GmbH (Langenberg) – haben sich mittlerweile 20 „handfeste Interessenten“ hinzugesellt. Z. B. Speditionen, Automobil-Zulieferer, Hochschulen und die Schlüsselregion; Städte- und Gemeindebund NRW und IHK Düsseldorf wirken unterstützend mit. „Ein wunderbares Zusammenwirken von Stadt, öffentlichen Unternehmen und Privatwirtschaft“, findet Ostermann. Maximator hat übrigens die Wasserstoff-Tankstelle an der Müllverbrennungsanlage in Wuppertal gebaut.
Dem Gas beimischen
Geschäftsmodell und Betriebsstrategie
Bei dem detaillierten Umsetzungskonzept sollen vor allem ein wirtschaftlich tragfähiges, übergreifendes Geschäfts- und Kooperationsmodell und eine Finanzierungsstrategie für Beschaffung und Betrieb erarbeitet werden.Drittens geht’s im nächsten Schritt um eine Strategie für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen Betrieb der Fahrzeuge sowie um den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur.
Die Stadtwerke – sie haben mit ihrem Gasleitungsnetz eine entsprechende Verteilungsinfrastruktur – wollen loslegen, sobald Wasserstoff verfügbar ist. Kai-Uwe Dettmann hofft auf einen Start in 2022. Man dürfe schon jetzt zwei Volumenprozent dem Gas beimischen, so der technische Geschäftsführer, das werde absehbar steigen. Im Konzept ist die Rede von bis zu 20 Prozent bei Industrie-Standorten – mit entsprechender CO2-Reduzierung. Die Stadtwerke stecken zusammen mit der Firma EVB Technik in der Projektvorbereitung.
Das Thema forcieren
„Wir müssen das Thema besetzen und treiben“, fordert Sven Lindemann, „schließlich haben wir hierzulande ja sehr lange Innovationszyklen.“ Dem TBV-Vorstand zufolge geht es bei dem Einsatz der schier unerschöpflichen Energie „vor allem um Mobilität und die Verkehrswende“. Die TBV hätten bei den Gebäuden schon viel zugunsten der CO2-Minderung getan, nunmehr wolle man etwa die Müll-Lkw in den Fokus nehmen.
Von der Produktion bis zum Einsatz
Bei dem aktuellen Vorgaben soll Wasserstoff wirklich von A bis Z durchdacht und durchdekliniert werden. Von der lokalen Produktion mittels Photovoltaik- und Gasdruckregelanlagen, Windkraft und Biomasse für die erforderliche Elektrolyse, weiter über die Distribution (Verteilung und Transport) bis zum Einsatz: vor allem Fahrzeugflotten mit den TBV-Müllwagen als Paradebeispiel und in Produktionsabläufen.
Wertschöpfung auslösen und befördern
„Wir wollen vor Ort natürlich auch Wertschöpfung generieren“, fügt Jörg Ostermann hinzu, nennt weiter die Ausbildung von Fachkräften. Das Ganze sei ganz bewusst als Blaupause gedacht und deshalb auch so benannt. Das Konzept „Made in Velbert“ dürfe und solle später gerne kopiert und abgekupfert werden. Allerdings sei auch eigentlich bereits von Anfang klar gewesen, dass man das aus eigenen Mitteln nicht werde wuppen könne. Zumal sich Wasserstoff noch nicht rechne und subventioniert werden müsse. Umso mehr richten sich die Hoffnungen kurzfristig darauf, via „HyExperts“ an Fördermittel in Höhe von 400.000 Euro zu kommen. „Die Chancen dafür“, glaubt der Dezernent, „stehen Eins zu Vier.“
Einen recht informativen Imagefilm gibt es unter https://youtu.be/ferJuWkNmAM.