Velbert. Vor der Velberter Windrather Kapelle versammelten sich am Donnerstag einige Gläubige. Es ging um aktuelle Themen wie Gendern und Corona.
Dieser Sonntagmorgen ist eisekalt, die Blütenblätter der Apfelbäume im Schatten der Windrather Kapelle halten sich geschlossen. Die Besucher des Freiluftgottesdienst haben sich in dicke Mäntel gehüllt. Pfarrer Jens Blaschta freut sich, dass an die 50 Personen gekommen sind, um an der Open Air-Veranstaltung teilzunehmen. „Immerhin ist das Wetter jetzt deutlich besser als an unserem ersten Versuch am Ostermontag“, stellt der der Geistliche fest.
„Die Orgel konnten wir zwar nicht aus der Kirche holen, aber ich freue mich, dass ich nach fünf Monaten endlich mal wieder vor Menschen Klavier spielen darf“, beginnt Organist Martin Stürtzer seinen musikalischen Vortrag auf dem Keyboard, ausschließlich Stücke von französischen Komponisten. Während einige Wanderer auf dem Neanderlandsteig schnell vorbei eilen, bleiben andere fasziniert stehen und genießen die Live-Musik.
Gendern ist ein Thema
Zu Beginn seiner Predigt fordert Jens Blaschta seine Zuhörer zur Stellungnahme auf: „Gendern Sie auch oder ist Ihnen das alles fremd? Bemühen Sie sich um eine Sprache, die Männer und Frauen gleichermaßen berücksichtigt, benutzen Sie das große I oder das Gendersternchen?“ Für das Gendern erheben sich einige Hände mehr. „Da ist nicht ganz halbe halbe“, stellt der Pastor fest.
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„Das soll jetzt keine Predigt zum Thema geschlechtergerechte Sprache werden“, beruhigt Jens Blaschta seine Zuhörer, dem es um die Verbissenheit geht, mit der diese und viele andere Debatten geführt werden. „Da ist vom Genderwahnsinn oder Gendergaga die Rede.“ Als mahnendes Beispiel führte er den Ex-Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse an, dem gleiche Entlohnung von Männer und Frauen wichtiger ist als gendergerechte Sprache und dafür heftig angegangenen wurde: „Für mich ein Beispiel von vielen, wie Polemik das vernünftige Gespräch unmöglich macht. Bei Diskussionen in den sozialen Netzwerke um Coronaschutzmaßnahmen geht es oft zu, als ob jemand mit einer anderen Meinung nur noch Feind ist.“
Was man aus der Bibel lernen kann
Blaschta fragt sich, ob man was für eine Gesprächskultur vom Bibeltext aus der Apostelgeschichte lernen kann. Es geht um Paulus, der in Athen feststellte, dass Götter in jeder Weise eifrig verehrt werden, sogar einen unbekannten Gott. Den bringt der Missionar den Athener näher, wobei Paulus nicht mit seinem Ärger anfängt. „Wenn wir mit anderen ernsthaft ins Gespräch kommen möchten, dann nicht, in dem wir ihnen unser Kritik überstülpen. Paulus respektiert die Athener und deren Religionen, er hat sich mit seinen Vorteilen zurückgenommen. Eine Haltung, die einen Dialog erst möglich machen, und Paulus sucht Gemeinsamkeiten.“
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Was zeige das? „Wenn ich ein gutes Ergebnis erzielen will, sollte ich nie ein Gespräch im Zorn beginnen, ich kann nach Anknüpfungsmöglichkeiten und Gemeinsamkeiten suchen. Um auf das Beispiel der Sprache zurückzukommen: Auch wenn nicht jede Sprachform teilen mögen, vielleicht eint es uns doch, dass wir alle miteinander für Gleichberechtigung sind.“ Gemeindemitglied Wolfgang Gemmer war beeindruckt: „Es ist bemerkenswert, wie biblische Geschichten mit der Gegenwart verbunden sind.“
Das ist die Windrather Kapelle
Bei der 1682 gebauten Windrather Kapelle handelt es sich um eine einschiffige Bruchsteinkapelle mit geschiefertem Glockenturm und hölzernem Tonnengewölbe im Inneren, hinzu kommen moderne Glasfenster.
Der Turm wurde 1753 errichtet, seit 1989 steht das Gebäude unter Denkmalschutz.