Velbert. Ratsausschuss beauftragt die Verwaltung eine Digitalstrategie zu erarbeiten. Erste Gedanken zur Übertragung von Sitzungen und digitalem Voting.

Die Stadt Velbert soll sich fit machen für die digitale Zukunft: Der Ausschuss für Digitalisierung beauftragte die Stadtverwaltung nun einstimmig, eine Gesamtstrategie für die „Digitale Stadt Velbert“ zu entwickeln. Diese solle dann sowohl die Kernverwaltung als auch die städtischen Beteiligungen und Gesellschaften umfassen.

Viele Fachbereiche innerhalb der Verwaltung hätten sich bereits auf den digitalen Weg gemacht, heißt es in der Begründung des Antrags, der von der Sechserkoalition (Grüne, SPD, UVB, FDP, Piraten, Linke) eingebracht wurde. Es solle nun eine Gesamtstrategie erarbeitet werden, damit die einzelnen städtischen Abteilungen zusammenarbeiten und Synergien genutzt werden könnten. Bei der Digitalisierung geht es beispielsweise um eine intelligente Verkehrsführung, Parkleitsysteme, City-App, Bürgerservice-Portal oder einen digitalen Marktplatz für die Velberter Einzelhändler.

Fachliche Begleitung nötig

Bürgermeister Dirk Lukrafka wies in der Sitzung darauf hin, dass eine solche Strategie eine komplexe Angelegenheit sei, da sie nahezu alle Lebensbereiche der Stadt von Schulen bis Parksystemen umfasse. Alleine könne die Stadt eine solche Strategie nicht erarbeiten, fachliche Begleitung von beispielsweise einer Hochschule sei notwendig. „Da müssen wir zunächst die Kostenfrage klären und die dann notwendigen Finanzen in den Haushalt einarbeiten“, so der Bürgermeister. Stefan Overkamp (Grüne) sah auch die Notwendigkeit, sich zunächst externer Berater zu bedienen. Er appellierte aber, dass sich die Stadt eigene Kompetenzen aufbauen müsse. Externe Berater wären oft nicht unabhängig, hätten Verträge mit Softwareanbietern und würden so in eine bestimmte Richtung beraten.

Schon 2013 wurde erstmals eine Ratssitzung aus dem Essener Rathaus übertragen.
Schon 2013 wurde erstmals eine Ratssitzung aus dem Essener Rathaus übertragen. © WAZ FotoPool | TIETZ, Remo

Sitzungen übertragen

Auf den Weg gebracht hatte der Ausschuss für Digitalisierung in seiner vorherigen und ersten Sitzung das so genannte Rats-TV – Sitzungen der politischen Gremien werden dabei ins Internet übertragen. Eine Arbeitsgruppe dazu hat bereits getagt, wie der Ausschussvorsitzende Cem Demircan erklärte. Allerdings müssten noch viele grundsätzliche Fragen geklärt werden, ob man beispielsweise fest installierte Kameras haben wolle, die dann nur das Rednerpult filmten oder ob man die deutlich teurere Varianten anschaffen wolle mit mobilen Kameras, die dann auch an unterschiedlichen Sitzungsorten wie derzeit im Bürgerhaus Langenberg genutzt werden könnten. Außerdem sei es eine Kostenfrage, ob nur Ratssitzungen oder auch Ausschusssitzungen übertragen werden sollten.

Verlängerte Sitzungen

Lukrafka gab zu bedenken, dass starre Kameras bedeuteten, dass Redner erst immer zum Rednerpult gehen und das Mikro neu einstellen müssten. „Eine Ratssitzung mit 60 Redebeiträgen könnte dann gut noch eine Stunde länger dauern.“ Außerdem, so Lukrafka weiter, müsse sichergestellt werden, dass die mobilen Bilder aus den Sitzungen nicht im Internet verfälscht werden könnten.

Zwei Beispiele

Beispiel Gladbeck (75.000 Einwohner): Dort gibt es seit 2019 Rats-TV. Im Schnitt wurden Ratssitzungen live 43-mal angeschaut, zeitversetzt kamen 115 User dazu. Die konstituierende Ratssitzung vom 5. November 2020 schauten sich 262 Personen live und 110 zeitversetzt an.

In Bottrop (120.000 Einwohner) schalten bei Rats-TV zu jeder Sitzung 50 bis 60 Menschen ein.

Elektronische Abstimmung

Verbunden mit dem Rats-TV wurde die Frage nach elektronischen Abstimmungsmethoden bei Sitzungen. Wie die Verwaltung bei Recherchen im Kreis Mettmann erfahren hat, ist das nur in zwei weiteren Städten ein Thema. Heiligenhaus wolle sich ein neues Mikrosystem anschaffen, mit dem möglicherweise auch ein Abstimmungsmodul verbunden sei. Das koste für rund 30 Sprecherplätze 60.000 Euro, für Velbert seien allerdings 80 Plätze nötig. Mettmann erwäge die Anschaffung preiswerterer Geräte, mit denen allein eine Abstimmung möglich sei, die aber weniger sicher seien, dafür aber mobil und somit auch an anderen Tagungsorten einsetzbar. Die Ausschussmitglieder kamen überein, dass die Arbeitsgruppe weitere Erkundigungen einholen soll und dass beide Projekte – Rats-TV und elektronische Stimmabgabe – verknüpft werden sollen.