Herne. Abstimmen per Handzeichen? Das könnte in der Herner Politik bald der Vergangenheit angehören: Herne testet ein elektronisches Abstimmungssystem.

Stimmen die Politiker in Herne künftig in Ratssitzungen oder in Bezirksvertretungen und Ausschüssen nicht mehr per Handzeichen ab? Die Stadt testet jetzt ein elektronisches Abstimmungssystem. Der Startschuss fiel in der Bezirksvertretung Sodingen.

In der Politik sollen mehrere Systeme für elektronische Abstimmungen getestet werden, sagt Stadtsprecher Patrick Mammen zur WAZ: „Möglicherweise soll eines der Systeme im Rat zum Einsatz kommen.“ Fest stehe aber noch nichts.

Herne: Für Rats-TV müssen Abstimmungen sicher und schnell abgebildet werden

So groß wie eine Kreditkarte ist das Abstimmungssystem, das jeder Bezirksverordnete in der Bezirksvertretung Sodingen testete.
So groß wie eine Kreditkarte ist das Abstimmungssystem, das jeder Bezirksverordnete in der Bezirksvertretung Sodingen testete. © Infowhyse

Für den ersten Test in der Bezirksvertretung Sodingen in der vergangenen Woche habe eine Firma ihr elektronisches Abstimmungssystem der Herner Stadtverwaltung kostenlos zur Verfügung stellt, sagt Bezirksbürgermeister Mathias Grunert zur WAZ. Der Vorteil der Elektronik: Gerade in großen Gremien wie dem Rat gestalteten sich Abstimmungen teilweise unübersichtlich. Zudem benötige man für das geplante Rats-TV ein System, das sicher und schnell die Abstimmungsergebnisse zeige. Auf diese Weise solle sowohl von allen Anwesenden als auch vom Zuschauer daheim das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen Gremienmitglieds 1:1 nachvollzogen werden können.

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Für die Sitzung der Bezirksvertretung Sodingen seien daher im Vorfeld die Abstimmungsgeräte in der Größe einer Kreditkarte an die Bezirksverordneten verteilt und die verschiedenen Abstimmungen der Tagesordnung im System hinterlegt worden. Auf diese Weise sei der Test unter Realbedingungen möglich gewesen, sagt Grunert. Dabei gelte: Sobald die Abstimmungen von der Sitzungsleitung freigegeben würden, könnten die Bezirksverordneten ihr Votum per Knopfdruck auf einzelne Tasten (Ja, nein, Enthaltung) eingeben und es an das System übermitteln.

Abstimmungsergebnisse wurden auf Leinwand übertragen

Statt „Ich bitte um Ihr Handzeichen“ lautete die Ansage des Bezirksbürgermeisters vor der Abstimmung also dieses Mal: „Die Abstimmung ist freigegeben. Ich bitte um Ihr Votum.“ In Echtzeitig wurden anschließend die Abstimmungsergebnisse auf die Leinwand übertragen und für das Sitzungsprotokoll aufbereitet. Mathias Grunert zieht eine positive Bilanz: „Es war spannend, das neue System als erstes Gremium unserer Stadt auszuprobieren.“ Er sei froh gewesen, dass sich die Bezirksverordneten so bereitwillig auf die neue Technik eingelassen hätten. Das Experiment sei „ein voller Erfolg“ gewesen.

Bat nicht mehr um Handzeichen: Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD).
Bat nicht mehr um Handzeichen: Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD). © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Wermutstropfen: Die Namen der Mitglieder seien auf der Leinwand noch etwas zu klein dargestellt gewesen, um sie wirklich im gesamten Saal lesen zu können. „Ansonsten“, sagt der SPD-Politiker, „hat das System aber bei allen Beschlüssen reibungslos funktioniert.“ Natürlich, fügt er an, sei in einem überschaubaren Gremien wie der Sodinger Bezirksvertretung die Abstimmung per Handzeichen kein Problem. Zudem könne auch jeder Zuschauer im Saal durch die Sitzanordnung das Abstimmungsverhalten von Bezirksverordneten und Fraktionen überblicken. Aber: „In größeren und unübersichtlicheren Gremien sowie insbesondere für das Rats-TV ist das System auf jeden Fall eine gute Alternative“.

>> WEITERE INFORMATIONEN:

Die Politik in Herne hat vor Weihnachten 2020 den Weg geebnet für Rats-TV, also Live-Übertragungen von Ratssitzungen im Internet. Zuvor waren mehrere Anläufe gescheitert. Vor der Einführung sollen noch die rechtlichen Fragen geklärt werden.

Die Kosten für das Live-Streaming liegen bei rund 1500 bis 2000 Euro pro Sitzung, schätzt die Stadt. Jährlich kämen auf die Verwaltung so 12.000 bis 16.000 Euro zu.

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